Im Jahr 2013 haben die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland für den Bereich der Zahnbehandlungen insgesamt 12,6 Mrd. Euro ausgeben müssen. Mit mehr als 57 Prozent ging es dabei um die konservierend-chirurgische Therapie – also beispielsweise die Behandlung von Kariesfolgen.
Dieses Segment macht aber nur einen Teil der täglichen Arbeit eines Zahnarztes aus. Mit knapp 25 Prozent besteht dessen Tätigkeit zu etwa einem Viertel aus Maßnahmen zum Zahnersatz – laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung immerhin mehr als sieben Milliarden Euro. Zahlen, anhand denen klar wird, wie wichtig das Thema Zahnersatz ist. Und es kann jeden treffen. Zahnerkrankungen wie Karies oder Parodontose führen zu so gravierenden Schäden der Zahnsubstanz, dass der Zahn nicht mehr zu retten ist.
Gleichzeitig kann aber auch ein Unfall zum Verlust von einem oder mehreren Zähnen führen. Egal, welche Ursache zum fehlenden Zahn geführt hat – es stellt sich immer die Frage nach geeigneten Ersatzformen. Das Problem: Wie Zahnersatz heute aussieht, entscheiden nicht immer Patient und Zahnarzt. Oft stehen einer hochwertigen Versorgung die Abrechnungs- und Zuschussrichtlinien der Krankenkassen entgegen. Eine Tatsache, die Sie als Betroffener besonders deutlich zu spüren bekommen, wenn es um den Zahnersatz durch Zahnimplantate geht.
Zahnersatz – wer entscheidet über die Behandlung
Gehen Sie heute zum Zahnarzt, erwarten Sie von Ihrem Behandler die bestmögliche Versorgung. Leider erhalten gerade Patienten, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenkassen versichert sind – was immerhin auf knapp 70 Millionen Bundesbürger zutrifft – nicht die bestmögliche, sondern nur die medizinisch nötige Versorgung. Dieser Grundsatz ist fest in den Rechtsnormen zur GKV verankert.
Für Sie als Patient hat diese Tatsache teils gravierende Folgen. Beispiel: Im Rahmen der Füllungstherapie ist nur im Frontzahnbereich die Verwendung von Kunststofffüllungen als Regelversorgung vorgesehen. Bereits bei den Backenzähnen müssen Sie mit Amalgam leben – oder finanzieren eine bessere Versorgung aus eigenen Mitteln. Noch schwieriger wird das Ganze im Zusammenhang mit dem Zahnersatz.
Hier wird auf Basis des Befunds eine Lücke mit hoher Wahrscheinlichkeit über eine Brückenkonstruktion geschlossen. Dabei ruhen die Endglieder der Brücke auf den Pfeilerzähnen. Der Vorteil: Die Brücke kommt ohne Eingriffe am Kieferknochen aus, es müssen lediglich die Pfeilerzähne vorbereitet werden. Allerdings hat diese Form des Zahnersatzes erhebliche Nachteile, und zwar:
- in Bezug auf die Haltbarkeit
- und bei Erkrankungen der Pfeilerzähne.
Erreicht die Brücke das Ende ihrer Lebensdauer oder muss eine Behandlung der erkrankten Pfeilerzähne erfolgen, kommt es schnell zu gravierenden Verlusten der Restzahnsubstanz. Beim Implantat drohen diese Beeinträchtigungen nicht. Trotzdem: Durch die gesetzliche Krankenversicherung wird die Zahnbrücke als medizinisch ausreichende Versorgung angesehen. Als Patient, der Zahnimplantate favorisiert, müssen Sie einen Großteil der Kosten letzten Endes aus eigenen Mitteln aufbringen.
Zahnersatz: Implantat, Zahnbrücke oder Prothese – ein Vergleich
Die moderne Zahnmedizin hat in der Vergangenheit verschiedene Methoden und Verfahren entwickelt, wie sich Zahnlücken schließen lassen. Welche Zahnersatzform letztlich in Frage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ausschlaggebend sind:
- der zahnmedizinische Befund
- die zahnmedizinische Gesamtsituation
- der Kostenfaktor
- die individuellen Ansprüche der Patienten
- das medizinische Gesamtbild.
Letztgenannter Punkt zielt im Wesentlichen auf Unverträglichkeiten der Patienten ab – etwa gegenüber verschiedenen Materialien, welche im Zuge der Behandlung verwendet werden. Darüber hinaus entscheidet die allgemeine Zahngesundheit ebenfalls über die Behandlung mit. Liegt Knochenschwund vor oder sind die Pfeilerzähne bereits geschädigt, muss anders als am völlig gesunden Gebiss vorgegangen werden.
Die allgemeine Aussage, dass Implantate eine reine Luxuslösung im Zahnersatz darstellen, ist also falsch. Welche Möglichkeiten kommen hier aber überhaupt in Frage? Entwickelt haben sich in den letzten Jahren drei wesentlichen Behandlungsformen für den Lückenschluss:
- Schraubimplantaten
- Diskimplantaten
- Blattimplantate sowie
- subperiostale Implantate.
Die verschiedenen Formen des Zahnersatzes im Überblick
Zahnbrücke | Implantat | Zahnprothese | |||
---|---|---|---|---|---|
festsitzend | herausnehmbar | Teilprothese | Vollprothese | ||
Anwendung: | zusammenhängender Lückenschluss | großräumiger Lückenschluss | Lückenschluss | Lückenschluss | Vollersatz Kiefer |
Befestigung: | adhäsiv | implantierte Teleskope | Verankerung im Knochen | Klammerelemente | |
OP-Wahrscheinlichkeit: | niedrig | notwendig | notwendig | niedrig | |
Infektions-/Behandlungsrisiko: | niedrig | vorhanden | vorhanden | niedrig | |
Kosten je Zahn: | niedrig - mittel | hoch | hoch | niedrig | mittel |
Behandlungsdauer: | Wochen – wenige Monate | mehrere Monate | Wochen – wenige Monate |
Welche speziellen Vorteile bringen Implantate?
Spricht man über die Vorzüge von Zahnimplantaten, ist oft nur ein Teilbereich der Implantalogie gemeint. Es geht meist um die Variante Implantat plus Suprakonstruktion. Viele Patienten vergessen, dass sich Brücke und Implantat kombinieren lassen – die Übergänge letztlich fließend sind. Welchen Vorteil hat das „eigentliche“ Zahnimplantat? Für den Zahnersatz mithilfe eines Implantats sprechen:
- eine verbesserte Kaukraft
- der verringerte Knochenabbau nach der Zahnextraktion
- ein Verzicht auf die Schädigung gesunder Zahnsubstanz (Pfeilerzähne)
- ein ausgezeichneter Halt der Suprakonstruktion
- keine Komplikationen durch abgedeckte Pfeilerzähne
- die hohe Lebensdauer des Zahnersatzes.
Aufgrund dieser Vorteile ist das Zahnimplantat unter verschiedenen Gesichtspunkten mehr als eine Luxusversorgung – es bietet auch aus medizinischer Sicht Vorzüge. Beispiel: Wird in der ersten Lebenshälfte eine Lücke durch die Brückenkonstruktion geschlossen, kann nach zehn bis 20 Jahren eine erneute Versorgung notwendig werden. Dieser Eingriff wird allerdings deutlich schwieriger – aufgrund der geschädigten Zahnsubstanz an den Pfeilerzähnen.
Welche Komplikationen können dabei entstehen?
Auf den ersten Blick hat das Zahnimplantat viele Vorteile und wird von Zahnärzten gern als umfassende und nachhaltige Versorgung einer Zahnlücke empfohlen. An dieser Stelle muss Ihnen aber auch die Kehrseite der Medaille klar sein. Implantate können bei:
- der Vorbereitung des Behandlungsfelds
- dem Einbringen des Implantatkörpers
- dem Einsetzen der Suprakonstruktion
- der Verwendung im Alltag
teils schwere Komplikationen verursachen. Bereits die Vorbereitungen zum Einsetzen des Implantats bergen ein gewisses Risiko – wenn zu wenig Knochensubstanz vorhanden ist. Ihr Behandler wird hier zum Knochenaufbau greifen, welcher in der Regel mit einem operativen Eingriff – und den entsprechenden Gefahren (Infektionsrisiko, Verletzung von Nerven, Wundheilungsstörung o. Ä.) verbunden ist. Darüber hinaus bedarf es vorher einer eingehenden Analyse, wie in dieser Expertensprechstunde zum Knochenaufbau nachzulesen ist. Vergleichbare Risiken ergeben sich beim Einsetzen der Implantate, da auch hier eine OP notwendig ist.
Selbst wenn das Implantat korrekt und Komplikation in den Kieferknochen einwächst, muss mit Problemen gerechnet werden. Überlastungen durch den Kaudruck führen mitunter zu Schäden am Kiefergelenk, das Implantat kann sich lockern oder es entsteht eine Entzündung rund um das Implantat – die sogenannte Periimplantitis.
Wie sehen die preislichen Unterschiede aus?
Zahnimplantat, Brücke oder Prothese – für viele Patienten fällt die Entscheidung nicht nur vor dem Hintergrund der Empfehlung ihres Zahnarztes. In den meisten Fällen werden auch finanzielle Aspekte eine Rolle spielen. Schließlich erhalten Sie als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung maximal 65 Prozent der Kosten Ihrer Regelversorgung als Zuschuss.
Grundsätzlich lassen sich Kosten und damit die Unterschiede zwischen den einzelnen Zahnersatzlösungen nur dann zufriedenstellend abschätzen, wenn die individuelle Befundsituation bekannt ist. Die weitläufige Meinung, Implantate sind immer die teuerste Versorgung, ist nicht zwingend zutreffend. Je nach verwendetem Material und Aufwand kann eine Brücke durchaus vergleichbare Kosten verursachen.
Eine günstige Variante ist die Anfertigung einer Prothese. Hier werden Sie mit Kosten im unteren vierstelligen Bereich rechnen müssen. Eine Zahnbrücke kann – bei entsprechend hochwertiger Versorgung – schnell mehrere tausend Euro kosten. Ist nur eine Zahnlücke zu schließen, liegen Implantat und Lücke weniger weit auseinander als viele Patienten denken werden. Zahnimplantate werden allerdings deutlich teurer, wenn mehrere Implantate größere Lücken schließen müssen.
Fazit: Zahnimplantate medizinisch sinnvoll
Das Zahnimplantat hat den Ruf der Luxusversorgung. Eine Meinung, die der Bedeutung der Implantologie in der Praxis nicht gerecht wird. Teilweise trägt die Politik des befundbezogenen Festzuschusses zu dieser Haltung bei. Vor dem Hintergrund einer hohen Lebensdauer und guten Belastbarkeit sind Implantate durchaus auch aus medizinischer Sicht eine Empfehlung für verschiedene Patientengruppen.
Besonders die Tatsache, dass beim Implantat die Substanz gesunder Pfeilerzähne nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, kann ein Grund für die Entscheidung zu diesem Zahnersatz sein. Als Patient dürfen Sie aber auf keinen Fall die Nachteile und möglichen Komplikationen der Behandlung vergessen. Es ist unbedingt notwendig, sich vor der Entscheidung für eine Versorgung ihrer Zahnlücke kompetent durch Zahnärzte beraten zu lassen – und im Notfall auch eine Zweitmeinung einzufordern.