Menschen, die an Weitsichtigkeit (Hyperopie) leiden, besitzen eine sonderbare Fähigkeit. Sie sehen weit entfernte Objekte besser als Dinge, die die sich direkt vor ihnen Befinden. Für dieses Phänomen verantwortlich ist ein Abbildungsfehler des Auges, dessen Entstehung und Ursachen wir in diesem Beitrag etwas genauer beleuchten wollen.
Wie entsteht Weitsichtigkeit?
Um nahe und weitentferne Objekte gleich gut sehen zu können, muss das Umgebungslicht von der Linse (Lens crystallina) und der Hornhaut (Cornea) des Auges in einem ganz bestimmten Winkel gebrochen werden. Nur so lässt sich gewährleisten, dass die Lichtstrahlen hinter dem Glaskörper des Augapfels gebündelt auf die sogenannte Sehgrube (Fovea centralis) der Netzhaut treffen. Dies ist wiederum Voraussetzung für die Vermittlung scharfer Bilder an das Gehirn. Als Brechkraft wird dabei die Stärke bezeichnet, in der die Strahlen vom Auge gebrochen werden. Sie liegt im Falle von Normalsichtigkeit bei 60 bis 65 Dioptrien. Bei der auch als Übersichtigkeit bekannten Weitsichtigkeit liegt der Dioptrienwert jedoch deutlich höher und kann um bis zu +10 Dioptrien vom Normalwert abweichen.
Grund für die erhöhte Dioptrienzahl bei Weitsichtigkeit ist eine verringerte Brechkraft des Auges. Diese führt dazu, dass Lichtstrahlen nicht auf der Sehgrube sondern dahinter abgebildet werden. Je weiter ein Objekt also vom Auge entfernt ist, desto schärfer erscheint es. Lesen hingegen kann bei Übersichtigkeit zum Problemwerden, da nahe am Auge befindliche Schriftzeichen oftmals sehr schwummrig oder unscharf erscheinen. Die Weitsichtigkeit ist damit das genaue Gegenteil der Kurzsichtigkeit, bei der es zu einer Abbildung von Seheindrücken vor der Sehgrube kommt. Hier erscheinen weit entfernte Objekte unscharf, sehr nahe gelegene Dinge hingegen sehr scharf.
Ursachen für Weitsichtigkeit
Geht es um die Ursachen von Hyeropie, so muss zwischen Achsenhyperopie und Brechungshyperopie differenziert werden. Die wesentlich häufiger vorkommende Achsenhyperopie basiert dabei auf einer verringerten Länge der Augenachse. Die Brechkraft ist hier eigentlich normal, führt durch die verkürzte Augenlänge jedoch zu Abbildungsfehlern. Die Brechungshyperopie dagegen beruht auf einer verringerten Brechkraft, wobei die Augenlänge normal ist. Als Ursache der beiden Formen von Weitsichtigkeit sind bislang folgende Faktoren bekannt:
- Fehlbildung der Augapfelgröße: Vor allem die verringerte Augenlänge bei Achsenhyperopie lässt sich auf genetische Dispositionen zurückführen. Dabei sei jedoch erwähnt, dass die Hyperopie an sich hier keine Erkrankung ist. Vielmehr handelt es sich um eine Sonderform der Augenentwicklung, die bei Achsenhyperopie auf Missbildungen zurück zu führen ist.
- schwache Wölbung der Linse oder Hornhaut: Ebenfalls genetisch bedingt sein kann ein schwacher Wölbungsgrad der Linse oder Hornhaut. Ist dies der Fall, kommt es zu einer Brechungshyperopie durch geringere Brechkraft des Auges. Sollte der Wölbungsgrad sehr leicht vermindert sein, kann das Auge die niedrige Brechkraft durch An- und Entspannung des Augenmuskels oftmals noch ausgleichen (Akkommodation). Moderate Übersichtigkeit wird deshalb in jungen Jahren häufig gar nicht erkannt. Mit fortschreitendem Alter lässt die Elastizität der Augenlinse jedoch nach, sodass die Brechkraft rapide sinkt und die Weitsichtigkeit deutlich stärker wird.
- fehlende Linse: Sollte aus genetischen Gründen die Entwicklung der Augenlinse gänzlich ausbleiben, so kann dies ein weiterer Grund für Brechungshyperopie sein. Einzig die Hornhaut kann hier noch für eine Brechung von Lichtstrahlen sorgen, wobei die Brechkraft natürlich wesentlich geringer ist, als bei einer kombinierten Brechung durch Hornhaut und Linse. Die Weitsichtigkeit fällt hier besonders extrem aus und kann nicht durch Akkommodation kompensiert werden.
Symptome bei Weitsichtigkeit
Die Beschwerden von Übersichtigkeit machen sich maßgeblich bei der Nahsicht bemerkbar. Neben verschwommener Sicht kann es hier auch zu weiteren Symptomen kommen. Hierzu zählen:
- Kopfschmerzen beim Lesen
- schmerzende oder brennende Augen bei Nahsicht
- Augendruck durch verkürzten Augapfel
- Schielen (bei ausbleibender Korrektur der Hyperopie)
Diagnose und Therapie bei Übersichtigkeit
Wie Kurzsichtigkeit lässt sich auch Weitsichtigkeit durch einen Sehtest feststellen. Um den Grad der verminderten Brechkraft festzustellen, ist ferner eine Refraktionsbestimmung notwendig, bei der Augenärzte und Optiker dem Patienten Sehlinsen in verschiedener Stärke vor das Auge halten. Sofern die Hyperopie noch durch Akkommodation kompensierbar ist, muss dann nicht zwingend eine Korrektur der Übersichtigkeit erfolgen. Ist die Weitsichtigkeit hingegen sehr stark, so kommen folgende Behandlungsmaßnahmen in Frage:
- Sehhilfen: Üblicherweise werden Fehlsichtigkeiten wie die Übersichtigkeit durch Brillen mit Sammellinsen oder Kontaktlinsen korrigiert. Wie stark die Brillengläser und Linsen sein müssen, lässt sich durch den Sehtest bzw. die Refraktionsbestimmung genauer untersuchen. Während Brillen aber für jedermann eine ideale Lösung bieten, muss bei Kontaktlinsen auf mögliche Unverträglichkeiten geachtet werden. Auch ist manchen Patienten mit Hyperopie das Tragen der Linsen unangenehm. Eine Brille ist in solchen Fällen die beste Alternative.
- Operation: Wer eine Brille aus ästhetischen Gründen ablehnt und auch keine Kontaktlinsen tragen möchte, der kann eine Augenoperation in Betracht ziehen. Hier wird die Hyperopie entweder durch Abtragen der Hornhaut mit dem Laser oder den Einsatz künstlicher Linsen korrigiert. Das Augenlasern setzt hierbei inzwischen fast ausschließlich auf die sogenannte LASIK-Operation. Eine operativ eingesetzte Linse folgt in ihrem Aufbau dem Schema von Kontaktlinsen und wird darum auch als intraokulare Kontaktlinse bezeichnet.
Hyperopie – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Bei schwacher Übersichtigkeit und ausreichender Fähigkeit des Auges zur Akkommodation können Patienten bis ins mittlere Alter ohne nennenswerte Auffälligkeiten leben. Erst, wenn die Linsenelastizität deutlich nachlässt, verstärkt sich die Hyperopie zusehends, sodass Sehhilfen oder eine Operation notwendig werden. Eine vollständige Heilung der Weitsichtigkeit ist leider nicht möglich, da weder die Augenlänge noch fehlende oder schwach gewölbte Linsen korrigiert werden können. Einzig eine Operation kann die Beschaffenheit des Auges diesbezüglich nachoptimieren
- Es sei erwähnt, dass gerade Augenoperationen große Risiken bergen und für verschiedene Komplikationen sorgen können. Neben Augenschäden und Entzündungen kann es hier sogar zur vollständigen Erblindung kommen. Beim Einsatz von Kontaktlinsen sind ebenfalls entzündliche Reaktionen und Schäden am Auge denkbar. Insbesondere alte und schlecht gereinigte Kontaktlinsen sorgen in diesem Zusammenhang gerne für Probleme.
- Vorbeugen kann man einer Hyperopie nicht. Sie ist in jedem Fall angeboren und damit nicht durch Präventivmaßnahmen vermeidbar. Empfehlenswert sind allerdings regelmäßige Routineuntersuchungen des Auges, um die Übersichtigkeit frühzeitig erkennen und behandeln zu können.
Fazit
Weitsichtigkeit ist einer verringerten Brechkraft des Auges geschuldet, die dazu führt, dass Seheindrücke nicht auf der Netzhaut, sondern dahinter abgebildet werden. Weit entfernte Objekte erscheinen darum schärfer als Dinge in unmittelbarer Nähe. In jungen Jahren ist die Hyperopie meist noch sehr schwach ausgeprägt und kann durch Akkommodation der Augenmuskulatur ausgeglichen werden. Die dadurch erwirkte Mehrkrümmung der Augenlinse lässt im Alter jedoch nach, weil die Linse hier zunehmend starrer wird. Eine Sehkorrektur durch Brillen, Kontaktlinsen oder Augenoperation ist dann kaum mehr zu umgehen, wobei Brillen die einzige, risikofreie Maßnahme sind.