Fehlsichtigkeiten sind in der deutschen Bevölkerung sehr weit verbreitet. Laut BVA (Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V.) sind knapp 40 Millionen Verbraucher über 16 Jahre davon betroffen, bei den Kindern ist die Zahl mit 1,6 Millionen (oder 15 Prozent) deutlich geringer. Erwartungsgemäß sehr weit verbreitet sind:
- Weitsichtigkeit (Hyperopie; ca. 35 Prozent)
- Kurzsichtigkeit (Myopie; ca. 25 Prozent)
- und im Alter die Presbyopie (Alterssichtigkeit)
Bei vielen Betroffenen bleibt es allerdings nicht beim Auftreten nur einer Fehlsichtigkeit, es kommt in nicht wenigen Fällen – und vielleicht auch bei Ihnen – die sogenannte Stabsichtigkeit hinzu. Ihnen ist Letztere wahrscheinlich noch unter einer anderen Bezeichnung bekannt – Astigmatismus. Dabei handelt es sich um eine besondere Erkranung. Statt wie beim gesunden Auge werden die einfallenden Lichtstrahlen nicht auf einen Punkt gebündelt, sondern in Form einer Brennlinie.
Das Problem: Einfache sphärische Linsen, wie sie zur Behandlung von Weit- und Kurzsichtigkeit zum Einsatz kommen, versagen beim Astigmatismus. Es braucht sogenannte torische Kontaktlinsen.
Die Besonderheit des Astigmatismus
Weit entfernte oder sehr nahe Objekte nicht mehr scharf sehen zu können, ist für sich genommen bereits eine deutliche Einschränkung. Durch die Stabsichtigkeit wird diese Situation zunehmend erschwert, da das wahrgenommene Bild ohne geeignete Sehhilfe ab gewissen Schweregraden sehr stark zu verschwimmen beginnt und dieser Effekt bis hin zum Doppelbild gehen kann. Die Besonderheit des Astigmatismus liegt darin, dass die Brechkraft zweier senkrecht zueinander im Auge liegender optischer Achsen unterschiedlich ist.
Dieser Brechfehler muss in der Praxis – anders als die Bezeichnung Hornhautverkrümmung vermuten lässt – seinen Ursprung nicht zwingend in Abweichungen von einer kreisförmigen Krümmung der Hornhaut haben. In der Medizin sind auch andere Auslöser, wie Dichteunterschiede zwischen einzelnen Linsenschichten oder Kontraktionsunterschiede des Musculus ciliaris bekannt.
Am Ergebnis ändern die unterschiedlichen Ursachen für den Astigmatismus allerdings nichts. Als betroffener Patient ist ab gewissen Schweregraden der Stabsichtigkeit bei Ihnen der Einsatz besonderer Linsen erforderlich. Diese sogenannten torischen Kontaktlinsen haben gegenüber sphärischen Linsen eine besondere Eigenschaft – sie bestutzt in Abhängigkeit der optischen Achse unterschiedliche Brechwerte.
Die Aufgabe torischer Kontaktlinsen
Diese unterschiedlich hohe Brechkraft der torischen Kontaktlinse hat eine einfache Aufgabe – sie soll die Brechungsdifferenz der Stabsichtigkeit ausgleichen. Vereinfacht ausgedrückt kommt es durch die torische Linse zu einer Fokussierung einfallender Lichtstrahlen auf einen Punkt – die störende Brennlinie verschwindet. Damit torische Kontaktlinsen diese Aufgabe erfüllen können, müssen sie verschiedene Eigenschaften mitbringen. Einerseits spielt der eigentliche Brechwert des Astigmatismus eine Rolle (wird im Regelfall in Dioptrien angegeben). Andererseits ist die Brechung einfallender Lichtstrahlen bei der Stabsichtigkeit von der Achse abhängig. Die verwendeten Linsen müssen die entsprechende Brechung in den Achslagen berücksichtigten – es kommt damit wesentlich auf die Position der torischen Kontaktlinse im Auge an.
Während die Implementierung der Brechung aus Sicht eines Laien unproblematisch ist, gestaltet sich gerade die Positionssicherheit der Linse als Herausforderung. Würde sich Letztere beim Tragen verschieben, ist ein Ausgleich des Astigmatismus nicht mehr gegeben. Seitens der Augenheilkunde werden in diesem Zusammenhang mehrere Methoden favorisiert.
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Hintergrund: Auf die Linsendrehung hat neben der Schwerkraft auch der Lidschlag Auswirkung. Bei schwächerer Lidspannung und tief liegendem Unterlid kann die Stabilisation der Linse über einen Prismenballast erfolgen (der Schwerpunkt der Linse wird nach untern verlagert). Höhere Lidspannungen sind dagegen eine Indikation für die dynamische Position (Ausdünnung der Linsenränder in ihrer vertikalen Achse) oder eine Kombination – der prismatisch-dynamischen Stabilisation.
Mithilfe dieser Methoden kann gewährleistet werden, dass torische Kontaktlinsen ihre Position relativ zu den Brechungsachsen der Hornhautverkrümmung behalten. Angesichts der Schwierigkeiten, die mit der Feststellung und dem Ausgleich des Astigmatismus verbunden sind, wird eines deutlich – eine genaue Untersuchung durch den Augenarzt ist unerlässlich. Dieser legt über
- die Dioptrien,
- den Zylinder und
- die Achse
nicht nur fest, wie torische Linsen geformt sein müssen. Augenärzte können heute auch feststellen, welche eigentliche Ursache der Stabsichtigkeit zugrunde liegt.
Hinweis: Fehlsichtigkeiten können sich bezüglich ihres Schweregrades verändern. Es ist für Sie als Patient daher empfehlenswert, sich in regelmäßigen Abständen (aber mindestens einmal pro Jahr) fachärztlich untersuchen zu lassen. Nur so können die torischen Kontaktlinsen zügig an neue Gegebenheiten angepasst werden und ermöglichen Ihnen im Alltag den Durchblick.
Die wichtigsten Punkte zu torischen Linsen:
- regelmäßige Untersuchungen zur Anpassung sind unerlässlich
- torische Kontaktlinsen gleichen Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) aus
- Linsen müssen mehr erfüllen als die richtige Dioptrienzahl