Das Hören ist einer der wichtigsten Sinne in unserem Alltag – und neben dem Sprechen wesentlicher Bestandteil der Kommunikation. Egal, ob im Büro, der Familie oder beim Einkaufen – ohne den Hörsinn fällt vieles schwerer. Probleme mit dem Ohr machen sich deshalb nicht nur durch Schmerzempfinden bemerkbar, oft ist auch das Hören selbst betroffen. Laut Deutscher Tinnitus-Liga sind etwa vier Millionen Deutsche vom Tinnitus betroffen. Bei Kindern tritt dagegen eine andere Erkrankung häufig auf – die Mittelohrentzündung.
HNO-Ärzte gehen davon aus, dass in Europa jedes 2. Kind in den ersten 12 Lebensmonaten mindestens einmal diese Ohrerkrankung durchmacht. Aber auch als Erwachsener können Sie noch unter der Otitis media acuta (akute Mittelohrentzündung) leiden. Müssen Sie beim Stechen im Ohr aber nur an Entzündungsreaktionen denken? Oder gibt es auch andere Auslöser für dieses unangenehme und teilweise stark schmerzhafte Gefühl? Und ab welchem Zeitpunkt heißt es eigentlich: Unbedingt zum Arzt? Genau diese Fragen sollen nun beantwortet werden, damit Sie eine Orientierung bei Ohrenschmerzen bekommen.
Das menschliche Ohr
Unser Ohr besteht nicht nur aus der von außen für jeden sichtbaren Ohrmuschel. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein komplexes Organ, das aus drei Bestandteilen besteht:
- dem Außenohr mit Ohrmuschel und äußerem Gehörgang
- dem Mittelohr mit Trommelfell und Gehörknöchelchen
- dem Innenohr mit Schnecke und Bogengängen.
Jeder dieser drei Teilbereiche unseres Ohres kann im Ernstfall zum Auslöser für das Stechen sein. Der behandelnde Arzt muss daher zu verschiedenen Untersuchungs-/Diagnosemethoden greifen, um die möglichen Ursachen für Ihre Ohrenschmerzen voneinander zu trennen.
Ursachen für das Stechen im Ohr
In der Medizin gehört das Stechen im Ohr grundsätzlich zu den Ohrenschmerzen, die im Allgemeinen durch:
- Entzündungen
- Infektionen
- Gewebetraumatisierungen oder
- Verschlüsse des Gehörgangs
entstehen können. Dabei treten einige Auslöser im Praxisalltag besonders häufig in Erscheinung.
- Akute Mittelohrentzündung: Die Otitis media acuta ist vor allem bei Kindern verbreitet, kann aber auch bei Ihnen als Erwachsener vorkommen. Auslöser dieser Erkrankung sind meist Infektionen (Viren, Bakterien), welche bei einem bestehenden Infekt der oberen Atemwege über die eustachische Röhre in Mittelohr abwandern und hier zu Schleimhautentzündungen führen. Als Komplikationen kann sich ein Tubenmittelohrkatarrh entwickeln oder es zum Durchbrechen des entzündeten Trommelfells kommen.
- Außenohrentzündung: Dieses Krankheitsbild wird eher bei Erwachsenen angetroffen. Verletzungen oder eindringendes Wasser (beispielsweise durch übertriebene Hygienemaßnahmen) schaffen für Keime – wie Bakterien und Pilze – einen Nährboden. Durch deren Besiedlung kommt es anschließend zur Otitis externa – der Entzündung des äußeren Gehörgangs und zu den durch Stechen gekennzeichneten Ohrenschmerzen.
- Trommelfelltraumata: Beim Trauma des Trommelfells kommt es zu dessen Verletzung. Neben bereits beschriebenen Entzündungsreaktionen, die im Rahmen einer Infektion auf das Trommelfell übergreifen können, entstehen Traumata oft durch externe Auslöser. Eine Schädigung des Trommelfells kann beispielsweise durch:
- plötzliche Änderungen des Luftdrucks beim Fliegen (Barotrauma, meist im Zusammenhang mit einer Verlegung der Ohrtrompete)
- Gegenstände im Ohr (zu tief eingebrachte Wattestäbchen zum Entfernen von Ohrenschmalz)
- plötzlich einwirkenden Schall (Knall- oder Explosionstrauma, durch Feuerwerkskörper, Explosionen usw.)
ausgelöst werden. Neben dem stechenden Schmerz im Ohr werden diese Auslöser oft vom Tinnitus oder blutigem Ausfluss aus dem Ohr begleitet.
- Paukenerguss: Beim sogenannten Paukenerguss bzw. dem Seromukotympanon kommt es zu einer Ansammlung von Flüssigkeit in der Paukenhöhle. Neben Schwerhörigkeit kann dies zu Schmerzen führen. Paukenergüsse treten häufiger im Kindesalter auf, werden aber auch bei Erwachsenen immer wieder diagnostiziert.
- Perichondritis: Hierbei handelt es sich um keine Erkrankung der innenliegenden Teile des menschlichen Ohres. Die Perichondritis ist eine Entzündung des Knorpels der Ohrmuschel. Ausgelöst durch Infektionen kommt es im Verlauf dieser Krankheit nicht nur zur Ausbildung typischer Entzündungszeichen wie der Überwärmung, Rötung und Schmerzen. Die Perichondritis kann unbehandelt soweit fortschreiten, dass sich Knorpelgewebe abzubauen beginnt und eitrige Verletzungen entstehen.
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes): Verschiedene Erkrankungen des Stoffwechsels haben Auswirkungen auf Aspekte der Wundheilung und Immunantwort. Dabei kann es passieren, dass eine akute Entzündung des Ohrs nicht vollständig ausheilt und auf das umliegende Gewebe übergreift. Typisch für diese Variante wäre ein erst mäßiges Krankheitsempfinden mit später stark ansteigender Schmerzkurve.
Mögliche Gegenmaßnahmen und Behandlung
Ein Stechen im Ohr, Schmerzen und Hörverlust – nehmen Sie diese Symptome wahr, stimmt etwas mit dem Ohr nicht. Gerade in Situationen, wenn Ihnen eine Grippe oder Erkältung zu schaffen macht, sind diese Beschwerden ein erster Hinweis auf die sich entwickelnde Ohrentzündung. Wie sehen die Behandlungsoptionen beim Ohrstechen aus?
Generell muss hier nach der eigentlichen Ursache gesucht werden. Hintergrund: Jeder Auslöser muss auf ganz eigene Weise behandelt werden. Neben schmerzstillenden Medikamenten kann beispielsweise im Rahmen einer Entzündung der Einsatz von:
- Entzündungshemmern
- Antibiotika oder
- operativen Methoden
wichtig sein. Speziell in schweren Fällen einer Ohrentzündung wäre der letztgenannte Schritt denkbar, um einen Abfluss der angesammelten Flüssigkeit zu ermöglichen. Darüber hinaus ist der Griff zu abschwellenden Nasensprays sinnvoll, um den Abfluss von Sekret zu erleichtern.
Sind Fremdkörper im Ohr für das Stechen verantwortlich, müssen diese fachmännisch entfernt werden. Dies hat zwei Gründe. Einerseits beeinträchtigt der im Ohr verbleibende Fremdkörper das Hörvermögen und kann zu Entzündungsreaktionen führen. Auf der anderen Seite besteht beim Versuch, den Fremdkörper selbst zu entfernen, die Gefahr eines Gewebetraumas.
Liegt dagegen ein Knalltrauma vor, kann mitunter sogar ein operativer Eingriff erforderlich werden, um den Schaden am Ohr durch den Riss im Trommelfell so gut wie möglich einzugrenzen.
Wichtig: Als Patient sollten Sie nie selbst versuchen, Fremdkörper oder einen Cerumenpfropf zu entfernen. Es besteht die Gefahr, den Pfropf weiter in Richtung Innenohr zu befördern oder den Gehörgang und das Trommelfell zu verletzen. Dies sorgt für Komplikationen und noch schlimmere Ohrenschmerzen.
Ohrstechen: Wann ein Arztbesuch unumgänglich wird
Stechende Ohrenschmerzen sind unangenehm und schüren bei Betroffenen schnell die Angst vor Beeinträchtigungen des Hörvermögens. Wann sollte man also über den Besuch beim Arzt nachdenken? Tritt das Stechen nur kurzzeitig und ohne ernste Begleiterscheinungen auf, kann man durchaus eine eher abwartende Haltung einnehmen.
Sobald allerdings schwere Krankheitszeichen auftreten, wie:
- Fieber
- eitriges Sekret aus dem Gehörgang
- Tinnitus
- deutliche Minderungen des Hörvermögens
- Blutungen oder
- Schwindelgefühl
ist der Gang zum Arzt unausweichlich. Schließlich deuten die genannten Symptome auf eine infektiöse Ursache für das Stechen im Ohr hin bzw. legen den Verdacht eines Trommelfelltraumas nahe. Alles mögliche Erkrankungen, die ärztlicher Fürsorge bedürfen – um eine Verschlimmerung des Zustands und die Ausbreitung der Entzündung auf andere Bereiche (wie das Gehirn) zu verhindern. Sollten Sie sich überdies wegen der Ohrenschmerzen unsicher fühlen, ist ein Gang zum Arzt ebenfalls angebracht. Lieber einmal zu viel harmlose Symptome gecheckt als eine ernste Erkrankung übersehen!
Fazit: Stechen im Ohr – vorbeugen und richtig behandeln
Gerade in der Erkältungszeit klagen viele Patienten nicht nur über Schnupfen, Husten und Halsschmerzen. Immer wieder müssen Ärzte stechende Schmerzen im Ohr behandeln. Häufig sind Erreger die Ursache, welche aus den oberen Atemwegen ins Innenohr abwandern. Manchmal haben Patienten das Stechen aber auch selbst verursacht. Der übereifrige Einsatz von Wattestäbchen kann zur Verletzung des Trommelfells führen. Zudem sollten Sie auch nicht versuchen, das Ohrenschmalz aus Ihren Ohren komplett zu entfernen, denn dieses schützt das Ohr vor Infektionen.
Gerade die Vielzahl der unterschiedlichen Ursachen für das Stechen im Ohr ist ein klarer Hinweis auf das Verhalten im Ernstfall. Statt mühsam mit Hausmitteln zu hantieren, ist der Besuch beim Arzt zu empfehlen. Nur dieser besitzt neben der fachlichen Kompetenz auch das Equipment, um die Situation im Ohr objektiv zu beurteilen und wirksam etwas gegen die Ohrenschmerzen zu unternehmen.