Staphylokokkeninfektionen haben in den letzten Jahren zusehends mehr an Aufmerksamkeit gewonnen, da Bakterien der Gattung Staphylococcus immer häufiger Multiresistenzen gegen Antibiotika ausbilden. Vor allem multiresistente Stämme des Bakteriums Staphylococcus aureus bereiten Medizinern große Sorgen. In Fachkreisen auch als MRSA bekannt, sprechen besagte Bakterienstämme kaum mehr auf gewöhnliche Antibiotikawirkstoffe wie Penicillin an. Gezielte Vorsorge wird somit für alle Bürger zu einem wichtigen Aspekt. Aus diesem Grund erhalten Sie in diesem Ratgeber einige wertvolle Informationen zur Entstehung, zu Anzeichen, aber auch zu Notfallmaßnahmen bei einer Staphylokokken-Infektion.
Wie entsteht eine Staphylokokken-Infektion?
Der Begriff Staphylokokke (Staphylococcus) bezeichnet eine grampositive Bakteriengattung aus der Gruppe der Kokken. Der Gattungsname setzt sich aus den altgriechischen Worten staphylé für „Weintraube“ sowie kókkos für „Kern“ zusammen und nimmt Bezug auf die Form der Bakterien. Einige Arten dieser Gattung kommen natürlich auf der Haut und Schleimhaut des Menschen vor. Andere Staphylokokken siedeln hingegen in Gewässern, Lebensmitteln, der Luft oder auf Tieren und Oberflächen, die den Bakterien einen geeigneten Nährboden bieten.
Staphylokokken produzieren diverse Ausscheidungen, die leider überwiegend aus Toxinen bestehen, welche im menschlichen Körper entzündliche Infektionen auslösen. Vor allem Exfoliatine und Bakteriengifte auf Proteinbasis (z.B. Enterotoxine) bereiten dem Immunsystem große Probleme, da sie immunologische Abwehrreaktionen beeinträchtigen. Die Folge sind eitrige oder gar nekrotisierende Entzündungen, die sich durch typische Symptome wie Fieber, Rötungen, Übelkeit oder Erbrechen auszeichnen. Je nach Art der Staphylokokken können dabei verschiedene Krankheiten entstehen. Für Menschen besonders gefährlich sind hier folgende Arten von Staphylokokken:
- Staphylococcus aureus – Staphylococcus aureus gilt als tückischste Staphylokokken-Art und kann bei Mensch wie Tier infektiöse Muskelerkrankungen, Lebensmittelvergiftungen sowie Haut-, Herz-, Brust- und Lungenentzündungen auslösen. Problematisch an Staphylokokken der Art aureus ist, dass viele ihrer Stämme inzwischen sehr umfangreiche Multiresistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben. Entsprechende Staphylokokkenbakterien, die in Krankenhäusern vorkommen, werden deshalb auch als multi-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) bezeichnet. Treten die Bakterien außerhalb des Krankenhauses auf, so spricht man vom community-acquired multi-resistant Staphylococcus aureus (cMRSA). Im schlimmsten Fall geht eine Infektion durch MRSA- oder cMRSA-Stämme mit Zellnekrosen, einer lebensgefährlichen Sepsis oder einem toxischen Schocksyndrom einher.
- Staphylococcus epidermidis – Dieses Bakterium besitzt die außergewöhnliche Fähigkeit, sich neben organischen Nährböden wie Lebensmitteln, menschlichen oder tierischen Organismen auch auf Kunststoffoberflächen anzusiedeln. Vor allem beim Einsatz von unzureichend sterilen Kunststoffimplantaten bei einer OP entstehen hier häufig entzündliche Infektionen. Zu denen gehören zum Beispiel Endokarditis (z.B. bei Operationen am offenen Herz) oder Plastizitis (z.B. beim Einsetzen von Kathethern oder Prothesen). Wie bei Staphylococcus aureus sind auch einige Stämme von Staphylococcus epidermidis heute multiresistent gegenüber den antibiotischen Wirkstoffen. Entsprechende Varianten des Bakteriums sind als multi-resistant Staphylococcus epidermidis (MRSE) bekannt.
- Staphylococcus lugdunensis – Das Bakterium Staphylococcus epidermis ist natürlicher Bestandteil der Nasenschleim- und Intimhaut. Es kann über offene Wunden oder Immunschwächen jedoch ähnlich schwere Infektionen wie Staphylococcus aureus auslösen. Interessanter Weise produzieren einige nasale Stämme dieses Bakteriums aber ein Antibiotikum namens Lugdunin, das sich als äußerst wirksam gegen MRSA und MRSE erweist.
- Staphylococcus saprophyticus – Bei diesen Staphylokokken ist zwischen den Unterarten Staphylococcus saprophyticus subsp. saprophyticus und Staphylococcus saprophyticus subsp. bovis zu unterscheiden. Während subsp. bovis mit Vorliebe in den Nüstern von Kühen siedelt, bevölkert subsp. saprophytikus neben dem tierischen Verdauungstrakt auch gerne die Vaginal- und Harnröhrenregion menschlicher Frauen. Letztere Unterart ist nach Escherichia-coli-Bakterien der zweithäufigste Erreger von Harnwegsinfektionen beim weiblichen Geschlecht. Des Weiteren kann Staphylococcus saprophyticus subsp. saprophytikus Blutvergiftungen, Nierenbecken- und Herzinnenhautentzündungen verursachen.
Worin liegen die Ursachen einer Staphylokokken-Infektion?
Zum Problem werden Staphylokokken meist dann, wenn ihnen die Besiedlung des Körpers durch eine geschwächte Immunabwehr oder offene Wunden erleichtert wird. Die Bakterien gelangen dann sehr leicht ins Unterhautgewebe und von dort aus in tiefergelegene Gewebeschichten und Organe. Entsprechende Szenarien für Infektionen gestalten sich dabei meist wie folgt:
- Altenheim- oder Krankenhausaufenthalt: Multiresistente Staphylokokken-Stämme wie MRSA oder MRSE werden immer wieder in Verbindung mit stationären Einrichtungen gebracht. Grund hierfür ist die Tatsache, dass in besagten Einrichtungen besonders viel mit Antibiotika gearbeitet wird. Je häufiger Bakterien wie Staphylokoccus aureus oder Staphylococcus epidermidis hier mit antibiotischen Wirkstoffen in Kontakt kommen, desto höher ist das Risiko, dass die Erreger Mehrfachresistenzen gegen angewandte Wirkstoffgruppen entwickeln. Die Gefahr eine Infektion ist dann natürlich wesentlich höher. Und auch die Sterblichkeitsrate der Infizierten steigt durch die Arzneimittelresistenzen enorm. Waren es 2005 noch etwa 20.000 Todesfälle, die auf eine Infektion durch stationäre MRSA zurück zu führen waren, beziffern aktuelle Schätzungen die Todesfälle durch MRSA in Krankenhäusern auf etwa 40.000. Insgesamt geht man derzeit davon aus, dass sich die Zahl der Staphylokokken-Infektionen in stationären Einrichtungen seit 2006 nahezu verdreifacht hat.
- Immunschwächen: Eine Infektion durch stationäre MRSA- oder MRSE-Bakterien, aber auch durch außerklinische Stämme der Staphylokokken, wird in den meisten Fällen durch bestehende Immunschwächen begünstigt. Wurde das Immunsystem zum Beispiel durch eine Krankheit vorgeschwächt, steigt das Infektionsrisiko enorm. In Frage kommen hier so gut wie alle Vorerkrankungen, die der Immunabwehr zusetzen. Doch auch Mangelerscheinungen durch falsche Ernährung, sowie Medikamente und extreme Witterungen können eine Staphylokokken-Infektion aufgrund von Immunschwächen befördern.
- mangelnde Hygiene: Neben einem geschwächten Immunsystem sind an vielen stationären Infektionen durch MRSA oder MRSE auch lückenhafte Maßnahmen der Hygiene seitens des Pflegepersonals beteiligt. Außerklinische Erreger profitieren ebenfalls von mangelnder Hygiene. Oft reicht schon ein das Schütteln einer ungewaschenen Hand, um sich mit Staphylokokken anzustecken. Ähnlich gefährlich sind ungewaschene Lebensmittel, verdorbenes Fleisch und verunreinigte Oberflächen.
- Verletzungen: Offene Wunden sind für Bakterien stets ein gefundenes Fressen. Hier können sie ohne Umschweife selbst in gesunde Körper eindringen, wo sie in Folge einen üppigen Nährboden für die Besiedlung vorfinden. Vor allem schlecht gereinigte Wunden oder nicht steriles OP-Besteck stellen hierbei die häufigsten Übertragungswege für MRSA und andere Staphylokokken. Ebenso bergen verunreinigte Prothesen, Katheter und Implantate ein hohes Infektionsrisiko, wenn sie in Operationswunden eingebracht werden.
- kontaminierte Lebensmittel: Da die meisten Staphylokokken auch auf Lebensmitteln siedeln, ist eine Infektion durch vorinfizierte Nahrung keine Seltenheit. Gerade tierische Lebensmittel sind hier sehr durch Kontamination gefährdet, da neben dem Menschen auch zahlreiche Nutztiere als Bakterienwirte dienen. Ebenso können Feldfrüchte durch Staphylokokken verunreinigt sein. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sie auf dem Feld mit kontaminiertem Dung oder Gülle behandelt wurden. Zu erwähnen ist hierbei, dass der stete Einsatz von Nutzviehantibiotika und antibiotischen Pflanzenschutzmitteln inzwischen zahlreiche cMRSA-Varianten des Staphylococcus aureus hervorgebracht hat. Multiresistente Keime sind damit nicht nur bei stationären Behandlungen, sondern auch in der Landwirtschaft eine ständige Gefahr.
- Austausch von Körperflüssigkeiten: Oftmals unterschätzt werden Infektionen, die durch Geschlechtsverkehr oder Küssen entstehen. Vorrangig ist hier eine Ansteckung mit Staphylococcus saprophyticus subsp. saprophyticus möglich. Eine Infektion durch anders geartete Staphylokokken, zum Beispiel MRSA- oder cMRSA-Stämme des Staphylococcus aureus, ist jedoch ebenfalls nicht auszuschließen, sofern der Partner zuvor mit den Erregern in Berührung gekommen ist.
Welche Symptome zeigen sich bei einer Staphylokokken-Infektion?
Je nach Art der Staphylokokken können die Symptome sehr unterschiedlich ausfallen. Darüber hinaus spielt die Art der Toxine eine wichtige Rolle. So sorgen Enterotoxine wie sie unter anderem in MRSA- und cMRSA-Stämmen vorkommen, zum Beispiel für Durchfall oder Erbrechen. Exfoliatine sind hingegen eher für dermale Symptome wie Hautrötungen, Blasenbildung und Juckreiz bekannt. Diese werden dann auch gerne unter dem Begriff „Staphylococcal scaled skin syndrome“ zusammengefasst. Das durch Staphylococcus aureus, bzw. dessen MRSA- und cMRSA-Varianten ausgelöste Toxische Schock Syndrom beruht wiederum auf dem bakteriellen Ausscheidungstoxin TSST-1. Es sorgt je nach Schwere der Infektion für Hautirritationen, Organfunktionsstörungen oder Nervenstörungen. Nachstehend eine Übersicht zu möglichen Symptomen:
- Durchfall, Übelkeit und Erbrechen
- Fieber oder Unterkühlung
- Schwindel und Lethargie
- Bluthochdruck bzw. niedriger Blutdruck
- Muskelschmerzen und Nervenstörungen
- verminderte Darm-, Leber-, Herz- und Nieren (bei MRSA und cMRSA)
- Juckreiz, Haut- und Schleimhautrötungen (bei MRSA, cMRSA und MRSE)
- Haut- und Schleimhautentzündungen Hautnekrosen (bei MRSA, cMRSA und MRSE)
- Blasen-, Furunkel- oder Abszessbildung (bei MRSA, cMRSA und MRSE)
- Schmerzen beim Schlucken oder Wasserlassen
- Husten, Schnupfen und allgemeines Krankheitsgefühl
Diagnose und Behandlung bei Staphylokokken-Infektion
Feststellen lässt sich eine Infektion durch Staphylokokken am besten durch Labortests. Hierzu führen Ärzte Blut- und Urintests durch, die eine Erkennung bakterieller Zell- und Stoffwechselrückstände erlauben. Auch Patientenbefragungen zu bestehenden Beschwerden, Speichel- oder Schleimhautabstriche, sowie Blickdiagnosen bei offensichtlichen Hautveränderungen sind hilfreich. Hat die Infektion bereits zu Organbeschwerden im Körperinneren geführt, ist ferner eine bildgebende Diagnose (z.B. mittels CT oder Ultraschall) sinnvoll.
Die Behandlung von Staphylokokken-Infektionen gestaltet sich aufgrund der fortschreitenden Multiresistenz diverser Bakterienstämme als zunehmend schwierig. Oftmals müssen verschiedene Wirkstoffe ausprobiert werden, um überhaupt ein effizientes Medikament zu finden. Generell ist aber eine Behandlung mit folgenden Wirkstoffen möglich:
- Penicillin: Gewöhnliche Staphylokokken sprechen gut auf herkömmliche Antibiotika an. Häufig werden hier sogenannte ß-Lactam-Antibiotika aus der Gruppe der Penicilline eingesetzt. Entsprechende Wirkstoffe sind z.B. Methicillin und Oxacillin. Multiresistente Staphylokokken-Stämme, also MRSA, cMRSA und MRSE, zeigen sich heute jedoch fast vollständig immun gegen besagte Penicilline.
- Reserveantibiotika: Der Einsatz von Reserveantibiotika obliegt strengen Auflagen. Sie dürfen nur im Notfall eingesetzt werden, da sie sehr starke Nebenwirkungen zeigen. Außerdem sind sie mitunter die einzigen antibiotischen Wirkstoffe, auf die MRSA und Co. noch ansprechen. Um eine fortschreitende Multiresistenz bei Staphylokokken einzudämmen, ist es deshalb wichtig, Reserveantibiotika sehr sparsam anzuwenden. Einige Beispiele für derartige Antibiotika sind Ciprofloxacin, Daptomycin, Linezolid, Vancomycin und Tigecylin.
- alternative Antibiotika: Multiresistente Staphylokokken haben die Forschung nach alternativen Antibiotika stark vorangetrieben. Neben dem anfangs erwähnten Lugdunin, das als Stoffwechselprodukt des Staphylococcus lugdunensis von Forschern an der Universität Tübingen entdeckt wurde, gibt es hier noch weitere Erfolge zu vermelden. So deuten Studien der Universität Bonn beispielsweise darauf hin, dass Acyldepsipeptid, ein Stoffwechselprodukt der Bakteriengattung Streptomyces, wirksame Eigenschaften gegen MRSA- und cMRSA-Stämme des Staphylococcus aureus besitzt. Des Weiteren rücken mittlerweile auch antibiotische Wirkstoffe bestimmter Pflanzen bei Bekämpfung multiresistenter Staphylokokken in den Fokus. Allen voran sind es die Phenole und Flavonoide von Basilikum, Knoblauch, Orangen, Oregano, Sesam und Sojabohnen, deren antimikrobielle Wirkung Mediziner hellhörig werden lässt.
Staphylokokken-Infektion – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Der Heilungsverlauf einer Staphylokokken-Infektion ist sehr variabel. Herkömmliche Staphylokokken lassen sich nach wie vor sehr gut mit Antibiotika behandeln, sodass eine Infektion binnen weniger Tage oder Wochen überstanden sein kann. Anders sieht es aus, wenn MRSA oder andere multiresistente Staphylokokken im Spiel sind. Hier kann schon allein die Findung eines wirksamen Medikaments den Verlauf empfindlich verlängern. Die Sterberate liegt bei Infizierten dementsprechend hoch.
- Komplikationen entstehen bei Staphylokokken-Infektionen unweigerlich durch die steigende Zahl multiresistenter Bakterienstämme. Zum einen wird die Wirksamkeit vorhandener Antibiotika durch bestehende Bakterienresistenzen immens verringert. Zum anderen sind auch die Symptome wesentlich intensiver. Maßgeblich bereiten in diesem Zusammenhang gestörte Organfunktionen große Probleme.
- Epidemien durch MRSA- und MRSE-Stämme zu verhindern, hat in der Prävention von Staphylokokken-Infektionen mittlerweile oberstes Gebot. Die Hygienevorschriften in Altenheimen und Krankenhäusern spielen dabei eine wichtige Rolle. Gleichzeitig sollten auch Privatpersonen alles tun, um eine Ansteckung zu verhindern. Waschen Sie sich daher vor dem Kontakt mit Menschen stets gründlich die Hände. Desinfizieren Sie zudem Wunden ausreichend und achten Sie bei der Lebensmittelwahl auf sorgfältig gereinigte Zutaten. Im Umgang mit Infektionspatienten ist eine gewissenhafte Hygiene umso wichtiger. Zu enger Körperkontakt ist in solch einem Fall nicht zu empfehlen. Potentiell kontaminierte Kleidung sollte bei über 65 °C gewaschen werden, um die hitzebeständigen Bakterien sicher vollständig abzutöten.
Fazit
Mit Blick auf die fortschreitende Multiresistenz von Staphylokokken gegen gängige Antibiotika ist eine Infektion mittlerweile sehr riskant. Die steigende Zahl von Todesfällen, wie auch die immer aggressiver werdenden Krankheitsbilder sorgen für immer größere Komplikationen bei der Behandlung. Am besten ist es darum, einer Staphylokokken-Infektion durch umsichtige Hygiene vorzubeugen. Dies betrifft sowohl den Kontakt mit Infektionspatienten und öffentlichen Baktierenherden, als auch den Umgang mit Lebensmitteln und potentiell kontaminierter Kleidung. Eine besonders große Verantwortung trägt hierbei das Personal stationärer Einrichtungen, denn hier machen sich multiresistente Keime am schnellsten breit. Zudem sind auch Privatpersonen dazu angehalten, die Prävention durch gewissenhafte Hygiene zu unterstützen. Nur so lässt sich eine weitere Zunahme an Multiresistenzen bei Bakterien wie Staphylococcus aureus oder Staphylococcus epidermidis auf Dauer verhindern.