Skoliose – Ursachen, Symptome, Therapie – Ratgeber
In der Orthopädie ist die Erkrankung Skoliose ein häufiger Grund für physiotherapeutische Maßnahmen zur Haltungskorrektur. Die Fehlstellung der Wirbelsäule verursacht vor allem bei Säuglingen und Erwachsenen eine ungesunde Körperhaltung und kann mit zunehmendem Alter auch starke Schmerzen im Bereich des Rückens hervorrufen. Ungeklärt ist in den meisten Fällen jedoch die Ursache für eine Skoliose. Aus diesem Grund hier ein kleiner Übersichtsratgeber zur Orientierung für Betroffene.
Was ist Skoliose? – Einzelheiten zur Fehlstellung der Wirbelsäule
[toc]
Entdeckt wurde die Erkrankung Skoliose bereits in der Antike durch Hippokrates, den Urvater der modernen Medizin. Der griechische Arzt prägte den Begriff der Skoliose, welcher sich vom altgriechischen Wort skolios für ‚krumm‘ ableitet und einen ersten Hinweis auf das eigentliche Krankheitsbild von Skoliosen gibt. Dieses zeichnet sich nämlich durch eine oder mehrere seitliche Krümmungen der Wirbelsäule aus. Verlaufen kann eine Skoliose dabei sowohl nach rechts (rechtskonvexe Skoliose) als auch nach links (linkskonvexe Skoliose). Zudem unterscheidet man zwischen folgenden Formen der Erkrankung:
idiopathische Skoliose:
Die idiopathische Skoliose macht ca. 90 % aller Skoliosen aus. Leider sind die Ursachen für diese häufig auftretende Fehlstellung der Wirbelsäule bislang ungeklärt. Zu differenzieren ist zwischen drei Formen idiopathischer Skoliose:
- infantilen idiopathischen Skoliosen (IIS) – entstehen bis zum 3. Lebensjahr
- juvenilen idiopathischen Skoliosen (JIS) – entstehen vom 4. bis zum 10. Lebensjahr
- idiopathischen adoleszenten Skoliosen (AIS) – entstehen ab dem 11. Lebensjahr
symptomatische Skoliose:
Als sekundäre bzw. symptomatische Skoliose gelten jene 10 % der Skoliosen, welche nicht unter die idiopathische Definition der Skoliose fallen. Hier sind die Ursachen meist ausreichend bekannt, wie folgende Kategorisierung der symptomatischen Skoliosen zeigt:
- kongenitale Skoliose – angeborene Krümmung der Wirbelsäule
- neuropathische Skoliosen – durch Muskel- und Nervenerkrankungen ausgelöste Skoliosen
- myopathische Skoliosen – durch angeborenen Muskelschwund oder Gelenksteife bedingte Skoliosen
- latrogene Skoliosen – Skoliosen, die durch Operations- oder sonstige Behandlungsfehler entstehen
- posttraumatische Skoliosen – Skoliosen, die auf körperliche Traumata (z.B. Unfälle) zurück zuführen sind
- statische Skoliosen – hier sind unterschiedliche Beinlängen des Patienten für die Krümmung der Wirbelsäule verantwortlich
- systembedingte Skoliosen – Skoliosen, die aufgrund von Systemerkrankungen wie Skelettdyslapsie oder Neurofibromatose entstehen
Ursachen für Krümmungen der Wirbelsäule
Wie bereits erwähnt sind vor allem in Sachen idiopathische Skoliose die Ursachen weitestgehend ungeklärt. Sofern keine systematischen Ursachen für die Erkrankung in Frage kommen, wird es daher schwierig, die Gründe für eine Krümmung der Wirbelsäule zu finden. Möglicherweise liegt aber einer der nachstehenden Faktoren vor:
hormonelle Wachstumsstörungen: Eine Vielzahl der idiopathischen Skoliosen, die im Kindes- oder Jugendalter auftreten, gehen mit hormonell bedingten Störungen im Körperwachstum der Patienten einher. Sie können entweder durch genetische Disposition oder Nährstoffmangel entstehen und lassen sich an einer überdurchschnittlichen Körpergröße der Kinder und Jugendlichen erkennen.
Stoffwechselstörungen: Auch ein gestörter Stoffwechsel kann für eine idiopathische oder systematische Skoliose und Haltungsschäden im Bereich der Wirbelsäule verantwortlich sein. Als Ursachen kommen hier ebenfalls Nährstoffdefizite oder angeborene Stoffwechselprobleme in Frage.
geringe Knochendichte: Sollten Patienten aufgrund genetischer Veranlagung oder durch Mangelernährung Defizite in der Knochenmatrix aufweisen, führt dies nicht selten zu einer einem deformierten Skelettaufbau. Somit ist eine geringe Knochendichte ein weiterer Faktor, der das Entstehen von Skoliosen begünstigt.
Bindegewebsschwächen und -veränderungen: Die idiopathische adoleszente Skoliose bzw. deren Krümmung der Wirbelsäule im Speziellen lässt sich oftmals auf einen altersbedingten Abbau des Bindegewebes zurück führen. Vor allem Senioren leiden häufig unter diesem Gewebeverlust und einer damit verbundenen Skoliose.
Welche Symptome verursacht Skoliose?
Je nach Art der Skoliose, klagen Patienten über verschiedene Beschwerden. Ausschlaggebend ist meist die genaue Lage der Hauptkrümmung, welche sich in vier verschiedenen Bereichen der Wirbelsäule befinden kann:
- lumbale Skoliose – Hauptzentrum der Krümmungen und Symptome im Bereich der Lendenwirbelsäule
- thorakale Skoliose – Hauptzentrum der Krümmungen und Symptome im Bereich der Brustwirbelsäule
- thorakale und lumbale Skoliose – Hauptzentrum der Krümmungen und Symptome im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich
- thorakolumbale Skoliose – Hauptzentrum der Krümmungen und Symptome zwischen Brust und Lendenwirbelsäulenbereich
Zur besseren Einteilung der Symptome von Skoliosen ist es ferner wichtig zu wissen, dass Beschwerden in Abhängigkeit vom Alter der Patienten auftreten. Sie können sich bei Nichtbehandlung im Lauf des Lebens verschlimmern und Konsequenzen für die dauerhafte Körperhaltung, sowie die Funktionalität einzelner Organe haben. Hier ein kleiner Überblick:
Skoliose bei Säuglingen:
- Schräglagesyndrom
- c-förmige Krümmung der Wirbelsäule
- nach innen gedrehte Hüftgelenke (Adduktionsstellung)
- schief gehaltener Hals
Skoliose bei Kindern:
- leichte Krümmung der Wirbelsäule
- überdurchschnittliches Körperwachstum
- knappender oder gekrümmter Gang
Skoliose bei Erwachsenen:
- starke Krümmung der Wirbelsäule
- verspannte Muskeln aufgrund falscher Körperhaltung
- Kopfschmerzen
- Nackenschmerzen
- Rückenschmerzen
- Schulterschmerzen
- schmerzende Knie und Fußgelenke
Skoliose bei Senioren:
- komplette Deformation der Wirbelsäule
- extrem gekrümmte Körperhaltung
- verkürzter Rumpf
- verminderte Herz- und Lungenleistung
Diagnose und Therapie bei Skoliosen und deren Beschwerden
Um eine idiopathische oder systematische Skoliose zu diagnostizieren, existiert eine weltweit zulässige Einteilung nach dem sogenannten Cobb-Winkel. Die Maßeinheit der Orthopädie wurde nach dem us-amerikanischen Arzt John Robert Cobb benannt und gibt den Grad der Wirbelsäulenkrümmung bei Skoliose an. Als leichte Skoliosen gelten dabei Krümmungen von bis zu 10° Cobb. Schwere Fehlstellungen der Wirbelkörper liegen meist bei 20° bis 60 ° Cobb. Eine verkürzte Lebenserwartung und schwere Einschränkungen im Alltag sind bei diagnostizierten Skoliosen zwischen 80° Cobb oder mehr zu erwarten.
Zur Erstdiagnose einer Skoliose dienen hierzulande zum einen Röntgenaufnahmen, die eine Einschätzung der Lotabweichenung der Wirbelsäule zulassen. Auch existieren mehrere Tests zur Früherkennung von Skoliosen, wie etwa der Adams Test. Hier muss der Patient sich mit locker hängenden Armen und ausgestreckten Beinen nach vorne beugen, sodass der behandelnde Facharzt asymmetrische Verformungen im Bereich der Rippen, Schulterblätter und Lendenwirbel leichter entdecken kann. In Abhängigkeit von der Schwere der Skoliose können dann folgende Therapiemaßnahmen eingeleitet werden:
Physiotherapie: Eine physiotherapeutische Behandlung ist bei Skoliosen von 10° bis 20° Cobb üblich. Auch kann sie als Ergänzung zu einer Orthesenbehandlung zum Einsatz kommen. Ziel ist es einer Verschlechterung des Krankheitsbildes durch geeignete motorische Übungen und Haltungserziehung zu verhindern. Bei leichten Fehlstellungen ist sogar eine vollständige Heilung der Skoliose möglich.
Orthesenbehandlung: Eine Orthese bzw. ein Korsett wird in der Orthopädie zur Therapie von Skoliosen über 20° Cobb verwendet. Zur Nachbehandlung einer Wirbelsäulenoperation ist das Korrekturkorsett ebenfalls geeignet. Das stetige Tragen der Orthese vermag es dabei die Haltungskorrekturen von 40 % oder mehr zu erwirken. Besonders gut geeignet ist eine Korsettbehandlung für Kinder, deren Wirbelkörper noch im Wachstum begriffen und somit leicht durch Korrekturorthesen zu lenken sind. Wichtig ist jedoch, die Haltungskorrektur mindestens 22 Stunden täglich zu Tragen. Die Gesamtdauer der Behandlung ist von der Schwere der Skoliose abhängig.
Wirbelsäulenoperation: Eine Operation der Wirbelsäule oder Wirbelkörper wird bei Skoliose grundsätzlich nur im Falle von Krümmungen ab 40° Cobb oder mehr in Erwägung gezogen. Der Eingriff beinhaltet die Begradigung der Fehlstellung durch geeignete Stabsysteme (z.B. den Harrington-Stab), sowie das Neujustieren der Wirbelrotation. Eine Wirbelsäulenoperation kann entweder über die Brust bzw. Bauchhöhle oder direkt ab der Wirbelsäule erfolgen. Mit Risiken wie einem Bruch des Stabmetalls, Infektionen der Wirbelkörper und Rückenmarksverletzungen muss gerechnet werden, sie treten aber nur in 5 % der Fälle ein.
Prävention bei Skoliose
Da die meisten Ursachen für eine idiopathische Skoliose ungeklärt sind, lässt sich nur bedingt gegen eine hochgradige Fehlstellung der Wirbelkörper vorbeugen. Wichtig ist es, Anzeichen für Haltungsschäden im Bereich der Wirbelsäule rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.