Die psychosomatische Grundversorgung oder auch biopsychosoziale Medizin macht sich zur Zielsetzung, das Verständnis aller psychosomatischen Prozesse zu fördern. In diesem Zusammenhang ist es das Ziel der psychosomatischen Grundversorgung, die Patienten in diesem Segment medizinisch ganzheitlich zu versorgen.
Die ärztliche Primärversorgung steht dabei im Fokus. Sie ergänzt hierbei die überwiegend organ- und funktionsorientierte Schulmedizin. Mithilfe der psychosomatischen Grundversorgung ist es gewährleistet, dass der psychosoziale Hintergrund eines Krankheitsverlaufs fachärztlich besser erfasst werden kann.
Dies dient zur Anpassung einer adäquaten Therapie für den betroffenen Patienten. Ein weiteres Ziel ist die Optimierung der Früherkennung, der Behandlung und der Definition eines Therapieziels psychischer Beschwerden, wenn diese als Begleiterkrankung somatischer Beschwerden auftreten.
Wie wird die psychosomatische Grundversorgung angewendet?
Im Zuge der psychosomatischen Grundversorgung stellt der behandelnde Arzt eine Diagnose unter Berücksichtigung folgender Aspekte:
- das körperliche Befinden des Patienten
- das emotional-psychische Befinden des Patienten
- die Beziehung des Patienten zu sich selbst und zu seinen Mitmenschen (inklusive des Arztes)
Die psychosomatische Grundversorgung basiert auf dem 3-Säulen-Prinzip:
Basisdiagnostik
Bei der Basisdiagnostik geht es darum, dass der Arzt psychische Einflüsse und Störungen des Krankheitsgeschehens eruiert.
Basistherapie
Für die Basistherapie ist eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patienten eine Voraussetzung für die folgende psychosomatische Behandlung.
Kooperation
Eine Kooperation aller Parteien mit dem psychosozialen Versorgungsapparat muss gegeben sein, um eine etwaig notwendige psychotherapeutische Behandlung anstreben zu können.
Ein diagnostisches Verfahren zur Erkennung von psychischen Störungen
Im Zuge der psychosomatischen Grundversorgung ist es Ärzten möglich, häufige Störungen im Rahmen der Basisdiagnostik zu erkennen und näher zu untersuchen. Zu den häufigsten Krankheitsbildern gehören:
- Psychische Erkrankungen
- Funktionelle Störungen
- Psychosomatische Erkrankungen
- Somatopsychische Störungen
Psychische Erkrankungen
Zu den psychischen Erkrankungen werden sämtliche Angststörungen und Depressionen gezählt:
- Agoraphobie
- Generalisierte Angststörung
- Panikattacken und Panikstörungen
- Soziale Phobie
- Phobische Störungen
- Traumata
- Akute Belastungsreaktion
- Anpassungsstörung
- Posttraumatische Belastungsstörung
Funktionelle Störungen
Dies sind somatoforme Erkrankungen. Die Symptomatik oder aber auch die körperlichen Beschwerden liegen ohne einen organischen Befund zugrunde.
Häufige Symptome oder Beschwerden, die im Zuge von funktionellen Störungen auftreten können, sind unter anderem:
- Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen oder Muskelschmerzen
- Probleme des Intestinal Trakts wie Erbrechen, Übelkeit, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Magenschmerzen
- Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und Müdigkeit
- Schwindel
- Atemnot und Hyperventilation (panikartige Anfälle, einhergehend mit schneller Atmung).
- Verkrampfungen und Verspannungen des Muskelapparats
- Empfindungsstörungen (Juckreiz, Taubheitsgefühl und Kribbeln in den Extremitäten)
- Blasenleiden wie verstärkter Harndrang und schmerzhaftes Wasserlassen
Depressive Verstimmungen oder Episoden kommen häufig hinzu. Einige Patienten entwickeln ein Fremdkörpergefühl oder ertasten vermehrt etwas vermeintlich Auffälliges an sich.
Psychosomatische Erkrankungen
Bei psychosomatischen Störungen oder Erkrankungen spricht man von körperlichen Krankheitserscheinungen, deren Pathogenese, das bedeutet „Krankheitsentstehung“ mit psychosozialen Ursachen in Verbindung steht.
Ein Beispiel wäre die Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht) oder das Pendant dazu, die Adipositas permagna (Fettleibigkeit).
Somatopsychische Störungen
Das sind Probleme psychischer Natur, die aus der Krankheitsbewältigung schwerer körperlicher Leiden resultieren und dort ihren Ursprung haben. (Krebsbewältigung, eine traumatische Amputation von Extremitäten aufgrund eines Unfalls).
Worauf stützt sich die Basistherapie?
Die Basistherapie stützt sich primär auf die Integration psychischer und somatischer Aspekte durch verbale Intervention. Dies setzt eine systematische Gesprächsführung voraus, um die Zusammenhänge des Krankheitsgeschehens zu verstehen und zu erfassen.
Dieser Vorgang findet vor allem in Einzelgesprächen mit dem betroffenen Patienten statt. Der zweite Teil der psychosomatischen Grundversorgung besteht aus einem praktischen Teil aus Übungen und suggestiven Techniken. Vor allem autogenes Training und die Relaxationstherapie nach Jacobson kommen hierbei zum Tragen.
Unter der Relaxationstherapie nach Jacobson versteht man eine progressive Muskelrelaxation. Diese Therapiemaßnahmen finden entweder in Form einer Einzelbehandlung oder aber auch als Gruppentherapie Resonanz. Die Hypnose ist eine weitere Methode der Basistherapie.
Um den hohen Anforderungen der Basistherapie gerecht zu werden, ist es eine Voraussetzung, dass der behandelnde Arzt umfangreiche Kenntnisse über die biopsychosoziale Krankheitslehre besitzt. Nur so ist gewährleistet, dass der Arzt diese in einen sinnvollen Kontext bei seiner Anamneseerhebung miteinbeziehen kann.
An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass ein entsprechend fundierter Kurs für psychosomatische Grundversorgung das notwendige Wissen vermittelt.
Ein weiterer, wichtiger Faktor besteht in der Arzt-Patienten-Beziehung. Der Arzt muss anhand einer sachlichen Selbstreflektion einschätzen, inwiefern sich Probleme aus dem Umgang mit dem Patienten ergeben könnten und diese Erkenntnisse unter Bezugnahme seiner therapeutischen Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickeln.
In welchen Feldern wird die psychosomatische Grundversorgung durchgeführt?
Die psychosomatische Grundversorgung findet ihre Anwendung in folgenden Bereichen:
- in der Primärversorgung von Patienten mit somatischen Beschwerden
- in der Behandlung von Patienten mit Depressionen
- in der Behandlung von Patienten mit Schmerzsyndromen
- in der Behandlung von Patienten mit Panikattacken
- in der Behandlung von Patienten mit Angststörungen
- in der Behandlung von Patienten mit Cephalgie (Kopfschmerzen, Migräne)
- in der Behandlung von Patienten mit Insomnie (Schlafstörungen)
- in der Behandlung von Patienten mit Rückenschmerzen
Die psychosomatische Grundversorgung bietet ferner Hilfe bei:
- Erkennen von körperlichen und seelischen Zusammenhängen bei einer Reihe von Krankheitsprozessen
- Erkennen und Bearbeiten von Konflikten
- Trauerbewältigung (pathologische Trauer)
- Strategische Entwicklung mit dem Ziel zur Krankheitsbewältigung
- Partnerberatung
- Diagnostik und Therapieansätze bei sexuellen Funktionsstörungen
Zusammenfassung zur psychosomatischen Grundversorgung
Die psychosomatische Grundversorgung, die auf dem 3-Säulen-Prinzip basiert, stellt eine wichtige Weiterentwicklung in der Diagnostik psychischer Krankheitsursachen dar. Ferner ist sie eine wichtige Komponente innerhalb der Arzt-Patienten-Beziehung.
Im Zuge der psychosomatischen Grundversorgung wird nicht nur eine körperliche Krankheit des Patienten therapiert, sondern auch die Psyche und die Persönlichkeit des Patienten miteinbezogen.