Laut der jüngsten repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entscheiden sich circa 55% aller verhütenden Mädchen oder Frauen für die Pille, die eine Empfängnis mit einer Sicherheit von 99,9 % verhindert. Dabei wird diese Verhütungsmethode vor allem von Mädchen nachgefragt, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Doch darf der Frauenarzt die Pille einfach so verschreiben, ohne die Eltern darüber zu informieren? Theoretisch darf er das, jedoch nicht, ohne die geistige Reife des Mädchens zu beurteilen. In Deutschland fällt die Verschreibung der Pille unter das Stichwort der Einwilligungsfähigkeit. Um sich in Deutschland überhaupt einer frauenärztlichen Behandlung unterziehen zu dürfen, muss das 7. Lebensjahr vollendet sein. Denn ab dann und bis zum 18. Lebensjahr gilt eine Minderjährige als bedingt geschäftsfähig, darf demnach in den Behandlungsvertrag mit dem Arzt einwilligen oder auch nicht. Für das Verschreiben der Pille gilt jedoch die Einwilligungsfähigkeit, die völlig unabhängig vom Alter betrachtet wird. Daher liegt es im Ermessensspielraum des Arztes, ob dieser dem Mädchen die Pille verschreibt und ob er die Eltern darüber informiert oder eine Behandlung gänzlich untersagt.
Müssen die Eltern bei Minderjährigen benachrichtigt werden?
Das Recht in Deutschland besagt nicht eindeutig, ob eine Person, die einwilligungsfähig auch entscheidungsbefugt ist. Demnach bewegen sich Ärzte, sobald sie einem Mädchen die Pille verschreiben, auf rechtlich ungesichertem Terrain. Und dennoch: Trotz der Tatsache, dass der Frauenarzt über keine rechtliche Grundlage verfügt, die Pille ohne das in Kenntnissetzen der Eltern zu verschreiben, handeln die meisten Ärzte in Deutschland nur auf der Basis der Einwilligungsfähigkeit. Auch die meisten Juristen sind der Ansicht, dass Minderjährige selbst entscheiden sollten, ob die Eltern informiert werden oder nicht, wenn bei ihnen die Einwilligungsfähigkeit festgestellt wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist ebenfalls der Ansicht, dass die Verschreibung der Pille auch ohne das Wissen der Eltern ausgeführt werden darf.
Was passiert bei einer festgestellten Uneignung des Mädchens?
Sollte der Arzt bei Ihrem Kind darüber befinden, dass die geistige Reife nicht vorliegt und das Mädchen somit nicht eigenständig darüber entscheiden darf, ob Sie die Pille bekommt, so heißt dies nicht zwingend, dass sie gänzlich davon ausgeschlossen ist. In diesem konkreten Fall unterliegt es der Einwilligung der Eltern. Dennoch ist es möglich, Ihrem Kind größtmöglichen Eigenraum zu geben, indem Sie beispielsweise darin einwilligen, dass das Beratungs- oder Aufklärungsgespräch allein zwischen Kind und Arzt stattfindet.
Arzt ist an die Schweigepflicht gebunden
Auch dann, wenn Ihr Kind noch minderjährig sein sollte, der Arzt jedoch die Einwilligungsfähigkeit bei Ihrem Kind feststellt und ihr die Pille verschreibt, muss sich dieser an die Schweigepflicht halten und darf auch auf Drängen der Eltern keine Auskunft über den Inhalt der Behandlung der Tochter erteilen.
Allgemeine Handhabung in Deutschland
Da es hierzulande keine konkrete rechtliche Grundlage zu diesem Thema gibt, orientieren sich die meisten Frauenärzte an bestimmten Altersgrenzen.
- Bei Mädchen, die unter 14 Jahre alt sind, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass hier keine Einwilligungsfähigkeit besteht. In diesem Fall werden Sie als Elternteil vor der Behandlung vom Frauenarzt kontaktiert und müssen Ihre Zustimmung geben, damit die Pille verschrieben werden kann.
- Bei Mädchen über 14 Jahren und bis zum 16. Lebensjahr rät die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, dass eine sehr sorgfältige Prüfung der Einwilligungsfähigkeit durch den Arzt vorgenommen werde. Bei etwaigen Zweifeln an der eigenständigen Urteilsfähigkeit, wird der Arzt die Eltern auch hier über die mögliche Behandlung informieren und Ihre Einwilligung verlangen.
- Ab 16 und bis 18 Jahren gehen Ärzte im Regelfall von der vorhandenen Einwilligungsfähigkeit der Mädchen aus. Nur selten wird in diesem Lebensabschnitt des Mädchens die Behandlung ohne Einwilligung der Eltern versagt.