Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, deren Ursachen bislang noch nicht geklärt sind. Gut bekannt sind allerdings die Symptome der Krankheit, zu denen vor allem Tinnitus, Schwindel und Hörverlust zählen. Häufig tritt Morbus Menière bei Personen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf. Der Name der Erkrankung geht auf den französischen Entdecker Prosper Menière zurück, einen französischen Arzt, der die Ohrerkrankung im 19. Jahrhundert erstmals am Innenohr eines Patienten feststelle. Einzelheiten zur Menière-Krankheit sowie zu möglichen Beschwerden und Maßnahmen zur Behandlung haben wir in diesem Ratgeber für Sie zusammengefasst.
Entstehung von Morbus Menière
Das menschliche Innenohr (Auris interna) besitzt einen hochkomplexen Aufbau. Vor allem die labyrinthartige Hörschnecke (Cochlea) ist mit ihren verschiedenen Membranschichten und Bogengängen äußerst umfangreich ausdefiniert. Sie liegt im Innenohr direkt hinter den Gehörknöchelchen des Mittelohrs und ist mit diesen über das dritte Gehörknöchelchen, den Steigbügel (Stapes), verbunden. Als wichtigste Bestandteile der Hörschnecke gelten dabei:
- rundes Fenster (Fenestra cochleae)
- ovales Fenster (Fenestra vestibuli)
- Vorhoftreppe (Scala vestibuli)
- Reißner-Membran (Membrana vestibularis)
- Schneckengang (Scala media)
- Paukentreppe (Scala tympani)
- schwingende Membran (Membrana tympani secundaria)
- Basilarmembran (Membrana basilaris)
- Corti-Organ (Organon spirale)
In Bezug auf Morbus Menière wird angenommen, dass Schäden an der Reißner-Membran für die Erkrankung verantwortlich sind. Besagte Membran trennt die Vorhoftreppe vom Schneckengang und dient zudem als Barriere zwischen Perilymphen und Endolymphen. Die Lymphflüssigkeiten regeln neben der Hörfunktion auch den Gleichgewichtssinn. Symptome wie Tinnitus oder Schwindel sind deshalb nur natürlich, Peri- und Endolymphe aus dem Gleichgewicht geraten. Im Detail soll es hier ein Überfluss an Endolymphen sein, der die Menière-Krankheit auslöst.
Ursachen für Morbus Menière
Wie bereits erwähnt, sind die genauen Umstände, die zu Morbus Mernière führen noch nicht zweifelsfrei geklärt. Als mögliche Ursachen für Verteilstörungen der Endo- und Perilymphe kommen jedoch folgende Faktoren infrage:
- Hydrops cochleae: Das Wort Hydrops beschreibt Ansammlungen von Flüssigkeit in körpereigenen Hohlräumen. Bei Hydrops cochleae werden Flüssigkeiten durch Endolymphe gestellt. Man spricht deshalb auch von einem endolymphatischen Hydrops. Klassische Symptome eines solchen Hydrops sind Schwindel aufgrund von Störungen des Gleichgewichtsorgans, sowie Tinnitus, Hörverlust, Depressionen und Angstzustände. Entstehen kann endolymphatischer Hydrops unter anderem durch Nervenstörungen, Stress und zu salzige Nahrung. Aber auch bestimmte Autoimmunkrankheiten, Allergien und Virusinfektionen, die sich auf das Innenohr auswirken, sind denkbar.
- Labyrinthitis: Entzündungen im Innenohr werden auch als Labyrinthitis bezeichnet, da der Aufbau des Innenors wie ein Rundlabyrinth gestaltet ist. Entzündliche Prozesse können hier ähnlich wie ein Hydrops zu einem unausgeglichenen Endo-Perilymph-Haushalt führen. Meist liegen hier Abflussstörungen der Endolymphe vor, welche durch entzündungsbedingte Schwellungen im Innenohr entstehen. Neben Tinnitus, Schwindel und Hörverlust können hier auch starke Schmerzen auftreten.
- Gehirnerschütterung: Ebenfalls nicht als Ursache für Morbus Menière ausgeschlossen sind schwere Kopftraumata, die in Folge zu einer Gehirnerschütterung führen. Die Erschütterung des Kopfes kann Ohrflüssigkeiten durchaus ins Ungleichgewicht stürzen. Denkbar sind zum Beispiel Einblutungen ins Innenohr oder Risse an der Reißner-Membran, die dann über einen endolymphatischen Hydrops zur Menière-Krankheit führen.
Symptome bei Morbus Menière
Schätzungen zufolge sind etwa 10 % aller Fälle von Schwindel auf die Menière-Krankheit zurück zu führen. Bei Tinnitus wird eine ähnlich hohe Dunkelziffer vermutet. Gemeinsam mit Hörverlust zählen die beiden Beschwerden zur sogenannten Menière’schen Trias und gelten als Kardinalsymptome bei Morbus Menière. Sie treten im Krankheitsfall in einzelnen Attacken auf. Daneben können sich aber auch andere Symptome zeigen. Alles in Allem müssen Sie bei der Erkrankung mit folgenden Beschwerden rechnen:
- Herzrasen
- Hörverlust (v.a. Tiefton- oder Bass-Schwerhörigkeit)
- Ohrenschmerzen
- Schweißausbrüche
- Schwindel, Übelkeit und Erbrechen
- Tinnitus
- Druck- und Völlegefühl im Ohr bzw. Innenohr
- willkürliche und rhythmische Organkontraktionen (Nystagmus)
Diagnose und Therapie bei Morbus Menière
Um Tinnitus, Schwindel und Hörverlust lassen sich bei Morbus Menière am besten in einer Anamnese ergründen. Die Auskünfte des Patienten geben ein gutes Bild von der Intensität der Symptome und zeigen unter Umständen sogar mögliche Ursachen auf. Bei der körperlichen Untersuchung gilt es dann zunächst, Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik (z.B. Mittelohrentzündung, Hörsturz oder Bogengangsdehiszenz) auszuschließen. Hierfür stehen Otoskopien, Ultraschall, Computertomografien und Hörtests zur Verfügung. Letzterer kann durch Feststellung von Tiefton- und Bass-Hörstörungen Hinweise auf Morbus Menière geben. Eine Behandlung richtet sich im Krankheitsfall gegen bestehende Beschwerden, da Therapien der Ursachen aufgrund mangelnder Kenntnislage noch nicht möglich sind:
- Behandlung durch Medikamente: Zu den wenigen Medikamenten, die sich bei Morbus Menière bewährt haben, zählen sogenannte Schleifendiuretika wie Furosemid. Sie können im Falle schwerer und chronischer Attacken schnell Linderung bringen. Durchblutungsfördernde Arzneimittel, wie sie im Normalfall bei einem Tinnitus verschrieben werden, zeigen gegen die Menière-Krankheit dagegen kaum Wirkung. Schwindel, Übelkeit und Erbrechen lassen sich zusätzlich mit Thiethylperazin, Gentamicin und Dimenhydrinat behandeln.
- Behandlung per OP: Die größten Erfolge ließen sich bei Morbus Menière bislang durch die Wegbohrung des endolymphatischen Sacks (Saccus endolymphaticus) erzielen. Die Sakkotomie erleichtert das Abfließen der Endolymphe und kann durch Druckentlastung auch Symptome wie Ohrenschmerzen, und Schwindel beheben. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, den Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) zu durchtrennen, was ebenfalls symptomlindernde Wirkung hat. Es sei jedoch angemerkt, dass besagte Verfahren einen dauerhaften Gleichgewichts- und Hörverlust nach sich ziehen können.
Morbus Menière – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Aufgrund der ungenügenden Kenntnislage ist Morbus Menière derzeit noch nicht vollständig ausheilbar. Medikamentöse und operative Maßnahmen können jedoch zumindest die Symptome beheben. Einige Fälle enden nach etwa fünf Jahren spontan. Andere zeichnen sich durch wiederholte Attacken aus und bleiben ein Leben lang bestehen.
- Komplikativ an der Menière-Krankheit ist vor allem, dass sie nach etwa fünf Jahren auch beidseitig im Innenohr auftreten kann. Ein solcher Krankheitsverlauf ist in nahezu 50 Prozent der Fälle gegeben. Die Folgen für die Patientenpsyche sind dann oft verheerend. Sowohl Tinnitus, Schwindel und Hörverlust, als auch Kopfschmerzen, Konzentrations- und Entspannungsprobleme werden hier nämlich zum Dauergast.
- Vorbeugen lässt sich Morbus Menière wegen mangelnder Ursachenkenntnis nicht. Dafür können aber einzelne Attacken durch spezielle Maßnahmen vermieden werden. Da Stress immer wieder eine Rolle spielt, kommt es vor allem auf ausreichende Entspannung an. Zusätzlich können kochsalzarme und kaliumreiche Diäten die Gesundheit der Hörschnecke positiv beeinflussen. Lärm, Alkohol und Nikotin sind hingegen zu meiden. Bei vorliegendem Druckempfinden im Ohr hilft ergänzend die Vasalva-Technik. Bei dieser versuchen Patienten unter dem Zuhalten von Nase und Mund, Luft in die Ohren zu pressen.
Fazit
Morbus Menière ist leider eine noch nicht allzu gut erforschte Krankheit, bei der es durch ein Ungleichgewicht an Endolymphen im Innenohr zu Tinnitus, Schwindel und Hörproblemen kommt. Sowohl die Ursachen als auch die Behandlung ist nach wie vor nicht ganz ausgereift, weshalb eine Therapie primär auf die Linderung von Krankheitssymptomen abzielt. Es bleibt zu hoffen, dass die Medizin in den kommenden Jahren mehr über die Menière-Krankheit herausfindet, damit Patienten nicht nur symptomatisch sondern auch ursachenbasiert behandelt werden können. Bis dahin sind Medikamente und Operationen im Bereich des Innenohrs zur Beschwerdelinderung leider die einzigen Therapieoptionen.