Der auch als Leberruptur bezeichnete Leberriss (Hepatorrhexia) ist eine ernsthafte Leberverletzung, in deren Folge es zu starken inneren Blutungen kommt. Ausnahmsweise sind hier einmal nicht Leberkrankheiten, für das Gesundheitsproblem verantwortlich. Vielmehr sind es herbe Gewalteinwirkung im Bereich der Leber, welche den Leberriss hervorrufen. Die dabei entstehende Blutung stellt einen medizinischen Notfall dar, der lebensbedrohlich sein kann und umgehend behandelt werden muss. Lesen Sie im Folgenden mehr über die Ursachen und Beschwerden bei Leberruptur sowie geeignete Behandlungsmaßnahmen.
Wie entsteht eine Leberruptur?
Die Leber (Hepar) ist ein Stoffwechselorgan und die größte Drüse im menschlichen Körper. Sie liegt im rechten Oberbauch unter dem Zwerchfell lokalisiert und unterteilt sich in zwei Leberlappen, wobei der rechte Leberlappen (Lobus dexter) in Teilen mit dem Zwerchfell verwachsen ist. Der linke Leberlappen (Lobus sinister) ragt in den linken Oberbauch und ist deutlich kleiner. Zusätzlich zu diesen bestehen zwei weitere, deutlich kleinere Leberlappen, den quadratischen Leberlappen (Lobus quadratus) und den geschwänzten Leberlappen (Lobus caudatus). Ein Leberriss kann sich dabei in allen genannten Segmenten der Leber ereignen. Er entsteht, wenn das Lebergewebe abrupt derart geschädigt wird, dass die Leberwände ihre Integrität verlieren. Denkbar ist zum Beispiel eine Verletzung durch scharfkantige oder stupfe Gegenstände in der Bauchregion. Bestimmte Leberkrankheiten (z.B. Leberzirrhose oder Leberkrebs) können das Lebergewebe zwar ebenfalls schwächen, erhöhen aber allenfalls das Risiko einer Leberruptur bei bestimmter Gewalteinwirkung.
Die wichtigste Funktion der Leber besteht in der Verwertung von Nahrungsbestandteilen (z.B. Vitaminspeicherung und Fettverdauung), der Produktion von Proteinen, Galle sowie der Ausscheidung von Giftstoffen. Zu diesem Zweck findet ein regelmäßiger Stoffaustausch zwischen Leber und Blut statt, welcher maßgeblich über die Leberarterien und die Pfortader erfolgt. Die Blutgefäße sind über die Leberpforte (Porta heparis) miteinander verbunden. Bei einer Leberruptur kommt es deshalb zu starken Blutungen im Bauchraum. Je nach Schwere der Leberverletzung kann auch die Leberkapsel einreißen, was zusätzlich zum Austritt von Gallenflüssigkeit in den Bauchraum führt. Da die Flüssigkeit stark säurehaltig ist, sind Entzündungen in Folge nicht auszuschließen. Darüber hinaus kann die Leber bei einer Leberruptur ihren für den Stoffwechsel unerlässlichen Funktionen nicht mehr nachkommen, weshalb die Verletzung meist binnen kürzester Zeit zu Organ- und Kreislaufversagen führt.
Ursachen einer Leberruptur
Das Einreißen des Lebergewebes wird meist durch eine mechanische Gewalteinwirkung von außen hervorgerufen, die das Gewebe so stark in Mitleidenschaft zieht, dass es reißt. Ebenso können penetrierende Verletzungen, wie beispielsweise Messerstiche in den Bauchraum, zu einer Leberruptur führen. Leberkrankheiten wie Leberkrebs oder eine Leberzirrhose führen hingegen nicht oder nur indirekt zu einer Leberruptur, auch wenn entsprechende Vernarbungen und Gewebeschwächen die Gefahr einer inneren Blutung erhöhen. Nähere Einzelheiten entnehmen Sie bitte folgender Übersicht:
- stumpfes Bauchtrauma: Durch stumpfe Gewalteinwirkungen kann das Lebergewebe stark beschädigt werden und einreißen. Derartige Einwirkungen treten vor allem bei Verkehrsunfällen auf, wenn beispielsweise das Lenkrad in den Bauchraum stößt. Heftige Schläge in den Oberbauch können auch bei Freizeit- und Sportunfällen auftreten. Hierzu zu zählen vor allem Stürze aus großer Höhe, Verletzungen im Kampfsport oder auch Tritte eines Pferdes in den Bauchraum.
- penetrierende Bauchtraumata: Neben stumpfen Traumata kann es auch zu einer Penetration der Leber durch verschiedene Gegenstände kommen, innerhalb derer die Leber einreißt. Zu nennen sind hier insbesondere Gewalteinwirkungen wie sie durch Messerstiche entstehen oder Durchbohrungen der Leber bei schweren Unfällen (z.B. durch eine gebrochene Rippe).
- HELLP-Syndrom: In seltenen Fällen kann es auch innerhalb einer Schwangerschaft zu einer Leberruptur kommen. Die Medizin spricht diesbezüglich vom sogenannten HELLP-Syndrom Der Begriff ist auf die englischen Bezeichnungen der Symptome zurückzuführen, die mit dem Syndrom in Verbindung stehen. Diese setzen sich aus H für haemolysis (hämolythische Anämie), E und L für elevated Liver enzyme levels (erhöhte Leberwerte) sowie L und P für low platelet count (Verringertes Vorkommen von Blutplättchen bzw. Thrombozytopenie) zusammen. Meist tritt das HELLP-Syndrom zum Ende der Schwangerschaft, bei Frauen fortgeschrittenen Alters auf.
Symptome bei Leberriss
Die Symptomatik eines Leberrisses tritt meist unmittelbar im Zusammenhang mit dem verursachenden Bauchtrauma auf. Dieses führt zu rechten Oberbauchschmerzen und Bauchkrämpfen. Starke Schwellungen entstehen, wenn durch die Leberruptur große Mengen Blut in die Bauchhöhle strömen. Ist auch die Leberkapsel gerissen, so kann sich durch den Austritt von Gallensäure eine Bauchfellentzündung bilden, die besonders starke Schmerzen und eine verhärtete Bauchwand zur Folge hat. Je nach Stärke der Leberruptur kann es durch den Blutverlust auch zu Blutdruckabfall, Kreislaufschwäche bis hin zum Kreislaufstillstand kommen. Insgesamt geht ein Leberriss mit folgenden Symptomen einher:
- Oberbauchschmerzen
- Bauchkrämpfe
- Schwellungen
- verhärtete Bauchdecke
- Blutdruckabfall
- Kreislaufschwäche
- Bewusstlosigkeit
- Schwindel
- Kaltschweißigkeit
- Herzrasen
- Angstgefühle
Diagnose und Therapie bei Leberriss
Die Diagnose einer Leberruptur wird im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes gestellt, bei der Ärzte die Leber auf sichtbare Verletzungen absuchen. zusätzlich wird die Bauchhöhle auf austretendes Blut hin untersucht. Um den Schweregrad der Leberverletzung zu ermitteln wird anschließend eine Notfall-CT vorgenommen. Je nach Zustand des Patienten kann ebenso eine Magnetresonanztherapie zum Einsatz kommen, die den Zustand der Leber am aussagekräftigsten darstellen kann.
Nach der Untersuchung erfolgt die Behandlung der Leberruptur nahezu ausschließlich durch einen operativen Eingriff, in dem zunächst die Blutung gestillt und der Verlust von funktionstüchtigem Lebergewebe verhindert werden soll. Hierbei können folgende Operationsverfahren angewendet werden:
- Packing der Leber: Um die Blutung unmittelbar zu stoppen, wird das sogenannte Packing der Leber eingesetzt. Hierbei umwickelt der behandelnde Chirurg das verletzte Organ mit Bauchtüchern, um die Blutung durch Kompression zu stoppen. Anschließend wird der Bauchraum vorübergehend wieder verschlossen und der Zustand des Patienten eingehend überwacht. Nach einer Frist von ca. 48 Stunden kann der Bauchraum dann erneut eröffnet und die Wunde behandelt werden.
- Nähte: Kleinere Risse innerhalb der Leber werden mit Parenchymnähten versorgt. Größere Gefäße erfordern hingegen stärkeren Nähte, um zu verhindern, dass sich erneut Blut in den Bauchraum ergießt. Hierzu können behandelnde Ärzte die größeren Blutgefäße der Leber operativ verengen. Die Durchblutung lässt sich hierdurch kurzzeitig mindern, was für die weitere Wundbehandlung von Vorteil ist. Noch funktionstüchtiges Lebergewebe wird anschließend ebenfalls mit Nähten wieder aneinandergefügt.
- Leberresektion: Zu stark verletztes oder bereits abgestorbenes Lebergewebe muss im letzten Schritt dauerhaft aus der Bauchhöhle entfernt werden. Hierbei wird der zu entfernende Bereich des Organs von versorgenden Blutgefäßen, Pfortaderästen und Gallengängen gekappt und offene Gefäßenden verschlossen. Anschließend kann der zerstörte Teil der Leber abgetrennt und entfernt werden. Eine Lebertransplantation ist im Anschluss nicht abwegig.
- Lebertransplantation: Sollte sich die Verletzung der Leber nicht ausreichend behandeln lassen, so muss ggf. über eine Lebertransplantation nachgedacht werden. Komplikativ ist hieran, dass bis zum Finden einer passenden Spenderleber oftmals sehr viel Zeit vergeht. Die beste Chance haben diesbezüglich Personen, die bereits über einen Spenderausweis verfügen.
Leberriss – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Da eine Leberruptur einen medizinischen Notfall darstellt, beträgt die Genesung des Patienten einige Wochen, die meist auf der Intensivstation mit intensiver Überwachung erfolgt. Die Sterblichkeitsrate kann in Abhängigkeit vom Ausmaß und der genauen Lage des Risses bis zu 50 % betragen.
- Ein Leberriss ist eine ernsthafte traumatische Verletzung, die bei ausbleibender medizinischer Sofortversorgung zum Tod des Patienten führt. Aufgrund der Schwere dieser Leberverletzung kann sie auch mit erheblichen Komplikationen einhergehen. So können austretendes Blut und Gallenflüssigkeit eine Bauchfellentzündung hervorrufen, und starker Blutverlust den Organismus bis hin zum Kreislaufstillstand schwächen. Sind große Bereiche der Leber so stark beschädigt, kann es zu einer Leberinsuffizienz kommen, wodurch eine Lebertransplantation erforderlich wird.
- Um eine Leberruptur zu vermeiden empfiehlt es sich bei risikoreichen Sportarten spezielle Protektoren zu tragen, die den Bauchraum vor stumpfen und spitzen Traumata schützt.
Fazit
Im Gegensatz zu vielen anderen Schäden am Lebergewebe entsteht der Leberriss nicht durch Leberkrankheiten, sondern durch äußerliche Gewalteinwirkung. In Folge einreißenden Lebergewebes ergießen sich dabei je nach Schweregrad der Leberverletzung große Mengen Blut und gegebenenfalls auch Gallenflüssigkeit in den Bauchraum. Entzündungen im Bereich des Bauchfells durch austretende Gallenflüssigkeit sind hier noch die geringste sorge, denn eine gerissene Leber stellt für Kreislauf, Stoffwechsel und Organfunktionen ein großes Risiko dar, weshalb das Überleben von Betroffenen ohne geeignete Notoperation sehr stark gefährdet ist. Aus diesem Grund muss eine Leberruptur umgehend medizinisch versorgt werden. Achten Sie bei entsprechenden Gewalteinwirkungen deshalb sorgfältig auf mögliche Begleitsymptome und gehend sie bei Bauchschmerzen- bzw. Bauchkrämpfen so wie Anzeichen eines Schocks sofort zum Arzt!