Der Knickfuß (Pes valgus) ist eine riskante Fußfehlstellung, bei welcher der Fuß stark nach innen gebogen ist. Die Fehlstellung tritt häufig bei Kleinkindern im Rahmen der körperlichen Entwicklung auf, korrigiert sich dann aber meist von selbst. Bei Erwachsenen hingegen beruht Pes valgus häufig auf eine geschädigte Sehne des Schienbeinmuskels. Wird hier nicht rechtzeitig durch orthopädische Maßnahmen gegengesteuert, entwickelt sich der Knickfuß zu einem chronischen Problem. Auch Mischformen aus Knickfuß und anderen Fußfehlstellungen wie dem Platt- oder Senkfuß sind in solch einem Fall nicht auszuschließen. Lesen Sie im Folgenden, wie ein Knickfuß entsteht und wie er therapiert werden kann.
Entstehung des Knickfußes
Die Stellung des Fußes (Pes) wird durch ein komplexes Zusammenspiel der Fußknochen, der Fußgelenke sowie der Fußmuskulatur definiert. Von besonderer Bedeutung ist hier das Schienbein (Tibia), das Wadenbein (Fibula) und das Sprungbein (Talus). Die am Fuß gelegenen Köpfe dieser Unterschenkelknochen formen gemeinsam das Sprunggelenk, das neben dem Sprungbeinkopf (Caput tali) aus dem vom Schienbeinkopf gebildeten Innenknöchel (Malleolus medialis) und dem vom Wadenbeinkopf gestellten Außenknöchel (Malleolus lateralis) besteht. Gehalten und gelenkt wird das Sprungbein von verschiedenen Bändern und Muskelsehnen. Bei der Entstehung des Knickfußes spielt dabei vor allem die Sehne des sogenannten Fußbeugers, auch bekannt als hinterer Schienbeinmuskel (Musculus tibialis posterior) eine übergeordnete Rolle. Die Muskelsehne verläuft gemeinsam mit der Sehne des Fußhebers, auch vorderer Schienbeinmuskel (Musculus tibialis anterior) genannt, entlang des Sprungbeinkopfes und führt bei bestehenden Sehnenschwächen sehr leicht zu Fußfehlstellungen. Entsprechende Schwächungen der hinteren Schienbeinmuskelsehne werden als Tibialis-posterior-Sehnensyndrom bezeichnet.
Geschwächt wird die Sehne des Musculus tibialis posterior bei einem Knickfuß durch dauerhafte Belastungen des Sprungbeinkopfes. Diese führen im späteren Verlauf zu einer muskulären Dysbalance der hinteren Schienbeinmuskelsehne, was neben Knickfüßen auch Platt- oder Senkfüße hervorrufen kann. Selbst Mischformen der drei Fußfehlstellungen sind nicht auszuschließen. Im Falle des Knickfußes veranlasst die die geschwächte Sehne das Sprungbein dazu, mehr und mehr Richtung Fußinnenseite zu wandern. Auch das Fersenbein (Calcaneus) wird dabei stark einwärtsgedreht, wodurch sich der Innenknöchel verstärkt unter der Haut abzeichnet. Die Verschiebung des Innenknöchels hin zum Außenknöchel verursacht einen sichtbaren Doppelknöchel. Außerdem entsteht durch die neue Position des Sprungbeins in der Knöchelgabel eine Schrägstellung zwischen Fuß und Unterschenkel, durch die sich auch der innere Fußrand absenkt. Je nach Ausprägung der Fehlstellung kann ein Knickfuß dabei wie folgt unterschieden werden:
- Knickfuß – der Fuß kann mit den Händen in seine normale Stellung geschoben werden. Zusätzlich ist es Betroffenen möglich, sich auf die Zehenspitzen zu stellen.
- Knick-Senkfuß – Eine Mischform aus Knick- und Senkfuß, bei welcher der Fuß durch ein versteiftes Gelenk oft nicht mehr in seine normale Position gebracht werden kann. Im rigiden Stadium kann sich ein Patient mit Knick-Senkfuß nicht mehr auf die Zehenspitzen stellen.
- Knick-Plattfuß – Eine Mischform aus Knick- und Plattfuß. Plattfüße entstehen hierbei, wenn das längsseitige Fußgewölbe durch anfängliche Senkfüße bereits stark eingesunken und abgeflacht ist. Eine Positionskorrektur ist zu Beginn gelegentlich noch möglich, wenn die Sehne des hinteren Schienbeinmuskels durch gezieltes Training gestärkt wird. Später führt das Tibialis-posterior-Sehnensyndrom jedoch vermehrt zu einer Gelenkversteifung.
Ursachen für einen Knickfuß
Ein Knickfuß kann angeboren sein oder auch im Laufe des Lebens durch Krankheiten oder Verletzungen erworben werden. Dabei liegt immer eine muskuläre Dysbalance zwischen auftretender Belastung und der tatsächlichen Kraft der Beinmuskulatur vor. Am häufigsten wird der Knickfuß deshalb durch eine Überlastung der Füße hervorgerufen. Diese kann wie folgt zustande kommen:
- Wachstumsfaktoren: Bei Kleinkindern tritt der Knickfuß auf natürlichem Wege sehr häufig auf, da die Bänder und Sehnen im Kindesalter noch nicht genug gefestigt sind, um die Laufbelastung des Sprunggelenks ausreichend zu kompensieren. Gezieltes Lauftraining und eine gesunde Fußentwicklung gleichen die muskuläre Dysbalance an der Sehne des Musculus tibialis posterior aber in der Regel bis zum 6. Lebensjahr aus.
- angeborener Knickfuß: Lässt sich der Knickfuß im Kindesalter nicht kompensieren, liegt möglicherweise eine angeborene Fehlentwicklung des Fußes vor. Da der Halteapparat aus Bändern und Sehen hier nicht vollständig ausgeprägt ist, müssen Kinder ihre Füße zur Stabilisierung beim Laufen auch weiterhin nach innen drehen. Dieser Verdrehung wirken sie mit einer Schrägstellung der Ferse entgegen, wodurch ein dauerhafter Knickfuß entsteht. Denkbare Ursachen sind zum Beispiel Fehlbildungen des Wadenbeins, des Schienbeinmuskels sowie spastische Lähmungen.
- Erkrankungen und Verletzungen im Erwachsenenalter: Bei Erwachsenen entstehen muskuläre Dysbalancen im Bereich der Fußmuskulatur, oftmals durch Übergewicht. Die Mehrbelastung für das Sprunggelenk und die Sehne des Schienbeinmuskels ist hier sehr groß, weshalb Fehlhaltungen des Fußes schnell zur Routine werden. Auch Platt- und Senkfüße sind als Folge durch Adipositas entstandener Knickfüße sehr häufig anzutreffen. Ebenso sind Erkrankungen wie Rheuma, Arthritis oder Fußtraumata, wie sie etwa bei Sportverletzungen entstehen als Ursache für ein Tibialis-posterior-Sehnensyndrom denkbar. Nicht zuletzt können angeborene Fehlentwicklungen des Fußes bis ins Erwachsenenalter hinein bestehen.
Symptome bei Knickfuß
Bis auf die Verschiebung des Knöchels und die Wölbung des Fußes nach innen verläuft ein Knickfuß zunächst oft ohne auffällige Beschwerden. Nur in ausgeprägten Fällen oder bei Mischformen aus Knick- und Senkfuß bzw. Knick- und Plattfuß kommt es zu einer Einklemmung von Sehnen, Bändern oder Nerven am Fersenbein, durch die dann der Schienbeinnerv (Nervus tibialis) gereizt wird. Die dadurch entstehenden Schmerzen können am Innen- oder Außenknöchel sowie am Innenlängsgewölbe des Knickfußes auftreten. Auch ein ausstrahlen der Schmerzen nach oben ist möglich. Insgesamt ist bei einem Knickfuß mit folgenden Symptomen zu rechnen.
- Knöchelschmerzen
- doppelter Knöchel
- ausstrahlende Schmerzen
- Knieschmerzen
- Bewegungsstörungen
- verformtes oder abgeflachtes Fußgewölbe
- Verformungen und Verschiebungen der Fußgelenke
Diagnose und Therapie bei Knickfuß
Bei Kleinkindern bis sechs Jahren sind Knick- und leichte Senkfüße meist noch kein Grund zur Sorge. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Kinderarzt oder Orthopäden können Eltern hier durch spezielle Lauf- und Bewegungstests häufig eine natürliche Ursache für die kindliche Fußfehlstellung ermitteln, die sich mit voranschreitendem Alter von selbst auflöst. Besteht der Knickfuß aber über bis weit über das 6. Lebensjahr hinaus, so sollten eingehende Untersuchungen erfolgen um angeborene Fußerkrankungen frühzeitig behandeln zu können. Selbiges gilt für einen Knickfuß im Erwachsenenalter. Hier muss die Fußfehlstellung zeitnah korrigiert werden, um eine ausgeprägte Form von Senkfuß oder Plattfuß zu verhindern.
Die Diagnose erfolgt bei Knickfuß in allen genannten Fällen durch einen Orthopäden, der die Fehlstellung bereits äußerlich an der Fersenseite des Fußes erkennen kann. Um zu ermitteln welche Knickfuß-Art vorliegt, werden anschließend verschiedene Tests durchgeführt, bei denen die Fußstellung des Patienten während dem Gehen, Stehen und im Liegen untersucht wird. Zusätzlich soll sich der Patient auf die Zehenspitzen stellen, was bei einer rigiden Mischform aus Knick- und Senkfuß bzw. Knick- und Plattfuß nicht möglich ist. Mit Hilfe eines Podogramms und bildgebender Verfahren wie Röntgen lässt sich anschließend ermitteln, in welchem Zustand sich das innere Fußgewölbe befindet. Die Therapie des Knickfußes richtet sich dann nach der Schwere und den zugrundeliegenden Ursachen der Fehlstellung:
- Physiotherapie: Durch regelmäßige Übungen innerhalb einer Fußgymnastik lässt sich die Fußmuskulatur stärken. Leichte Fußfehlstellungen können hierdurch oftmals korrigiert werden. Im Sommer ist häufiges Barfußgehen zu empfehlen, denn gerade unebene Untergründe stärken die Muskulatur des Fußes besser, wenn man auf Schuhe verzichtet.
- orthopädische Einlagen: Um die Fußfehlstellung im Alltag auszugleichen, können Patienten spezielle Einlagen verwenden. Sie unterstützen den inneren Fußrand dabei, die Fehlstellung zu korrigieren. Schwere Formen des Knickfußes erfordern hier ggf. Vollkorrektureinlagen. Diese können zu Beginn etwas unangenehm zu tragen sein, erzielen auf Dauer aber eine bessere Korrekturwirkung. Wichtig ist, dass Einlagen bzw. Vollkorrektureinlagen täglich getragen werden. Ansonsten kann keine optimale Besserung der Fehlstellung eintreten.
- Operation: In besonders stark ausgeprägten Fällen oder bei angeborener Fehlstellung ist zur Korrektur des Knickfußes möglicherweise ein operativer Eingriff nötig. Hierzu wird entweder das untere Sprunggelenk versteift (Grice-Green-Methode) oder ein Knochenkeil aus dem Wadenbein in den Fersenknochen eingesetzt, wodurch die Beweglichkeit des Sprunggelenks erhalten bleibt (Evans-Verfahren). Welches Verfahren im Einzelfall geeignet ist, muss ein Orthopäde individuell beurteilen.
- Medikamente: Sollten Reizungen am Nervus tibialis zu starken Schmerzen führen, müssen ggf. Schmerzmittel zum Einsatz kommen. Die Mittel erster Wahl sind hier Medikamente gegen Engpass-Syndrome, wie zum Beispiel Lokalanästhetika, NSAR oder Kortison.
- bewusste Lebensweise: Ergänzend zur Behandlung ist es wichtig, dass Patienten mit Knickfuß bewusst auf eine richtige Körperhaltung achten. Eine Fußfehlstellung kann auf Dauer nämlich zu routinierter Fehlhaltung (v.a. im Hüft- und Lendenbereich) führen, die weit über die Fußstellung hinausgeht. Für Personen, die aufgrund von Übergewicht an einem Knickfuß leiden, ist zudem eine gesündere Ernährung oberstes Gebot. Ansonsten lässt sich die schädliche Mehrbelastung für das Sprunggelenk nicht beseitigen.
Knickfuß – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- In der Regel besteht bei einem Knickfuß eine gute Aussicht auf Heilung, insofern frühzeitig korrigierende Maßnahmen vorgenommen werden. Bei Kindern korrigiert sich die Fußfehlstellung ohnehin oft von selbst, sobald die Bänder und Sehnen des Fußes kräftig genug sind, um dem Sprungbein ausreichend Halt zu bieten.
- Ein ausgeprägter Knickfuß kann sich ohne geeignete Behandlung negativ auf die Statik im Körpergefüge auswirken, sodass es zu weiteren Fehlstellungen wie X- oder O-Beinen kommen kann. Ebenso führt ein Knickfuß häufig zu schmerzhaften Kniebeschwerden. Seltener kommt es auch zu einer Krümmung der Lendenwirbelsäule. Auch ein Tarsaltunnel-Syndrom, das bei extremer Reizung des Nervus tibialis sowie der Sehne des hinteren Schienbeinmuskels entsteht, ist als Komplikation bei Knickfüßen möglich.
- Um einem Knickfuß vorzubeugen, sollte vor allem bei Kleinkindern die Fußstellung regelmäßig kontrolliert werden. Zusätzlich empfiehlt es sich, auf zu weiche Schuhsohlen zu verzichten, und stattdessen Schuhe zu tragen das innere Fußgewölbe unterstützen. Risikofaktoren wie Übergewicht und unfallträchtige Sportarten sind ebenfalls zu vermeiden.
Fazit
Der Knickfuß entsteht durch eine Schwächung der Sehne des Musculus tibialis posterior. Das so entstehende Tibialis-posterior-Sehnensyndrom ist auch für Platt- und Senkfüße verantwortlich, die nur allzu gerne aus einem unbehandelten Knickfuß entstehen. Die Sehnenschwäche beruht auf einer Überlastung des Sprungbeinkopfes, welche neben natürlichen Wachstumsprozessen im Kindesalter auch durch Vorerkrankungen, Übergewicht und Verletzungen hervorgerufen werden kann. Zur Behandlung ist je nach Ursache entweder eine gezielte Physiotherapie in Form von Fußgymnastik, das Tragen von Einlagen bzw. Vollkorrektureinlagen, eine bewusstere Lebensweise (z.B. durch Gewichtsreduktion) oder eine Fußoperation notwendig. Vorbeugen lässt sich Knickfüßen durch regelmäßige orthopädische Kontrollen der Fußstellung, sowie durch Schonung des Sprungbeinkopfes und der daran verlaufenden Sehne des hinteren Schienbeinmuskels.