Von einer Kiefergelenkentzündung (Craniomandibuläre Dysfunktion, kurz: CMD) spricht man in der Kieferorthopädie immer dann, wenn dauerhafte Reizungen am Kiefergelenk zu Entzündungen an eben jenem führen. Ohne geeignete Behandlung kommt es hier sehr schnell zur Zerstörung des sogenannten Kiefergelenkköpfchens (Caput mandibulae). Dieses befindet sich im hinteren Teil des Kiefers. Durch die Beschädigung des Köpfchens kann es zu starken Bewegungseinschränkungen und Kiefergelenkbeschwerden kommen. Dabei gelten eine Neuralgie im Bereich des Nervus trigeminus sowie Gesichtsschmerzen zu den häufigsten Symptomen einer Kiefergelenkentzündung. In unserem Ratgeber werden wir die Erkrankung für Sie etwas genauer beleuchten. So können Sie sich über die Ursachen, Symptome, sowie mögliche Maßnahmen der Behandlung ein besseres Bild machen.
Wie entsteht eine Entzündung am Kiefergelenk?
Unser Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis) ist stetig in Bewegung und kommt nur selten zur Ruhe. Aus diesem Grund kann es bei entsprechenden Reizen verhältnismäßig leicht zu einer Entzündung am Kiefergelenk kommen. Neben Viren und Bakterien können auch Fehlbelastungen und Vorerkrankungen zu einer Kiefergelenkentzündung führen.
Das Kiefergelenk ist über den Oberkieferast (Nervus maxillaris) und den Unterkieferast (Nervus mandibularis) mit dem zum Hirn führenden Drillingsnerv (Nervus trigeminus) verbunden. Deshalb äußern sich die Symptome bei CMD vor allem durch starke Nervenschmerzen, welche auch als Neuralgie bezeichnet werden. Zusätzlich sind natürlich Bewegungseinbußen und strukturelle Veränderungen am Kiefergelenk denkbar. Je nach Ursache der Entzündung lässt sich CMD dabei wie folgt klassifizieren:
- Kiefergelenkentzündung durch Arthritis – Die klassische Form der Gelenkentzündung entsteht durch Infektionen oder Überlastung. Im Falle der Kiefergelenkentzündung geht sie häufig mit einer Neuralgie (Kiefergelenkschmerzen) im Bereich des Nervus trigeminus einher.
- Kiefergelenkentzündung durch Arthrose – Die Entzündung am Kiefergelenk entsteht durch Verschleiß am Gelenk.
- Chronische Kiefergelenkentzündung – Die Entzündung am Kiefergelenk entsteht durch dauerhafte Reizfaktoren. Dazu zählen zum Beispiel nicht beseitigte Bakterienherde oder eine chronische Fehlbelastung durch Zähneknirschen.
- Capsulitis – Die Entzündung am Kiefergelenk betrifft maßgeblich die Gelenkkapseln.
Ursachen für eine Kiefergelenkentzündung
Die Auslöser für eine Entzündung des Kiefergelenks, und die häufig damit verbundene Neuralgie am Nervus trigeminus können breit gefächert sein. Durch mangelnde Mundhygiene entstehende Bakterienherde werden in der Kieferorthopädie als Hauptursache für die Behandlung entzündeter Kiefergelenke betrachtet. Es gibt daneben jedoch noch weitere mögliche Ursachen. So zum Beispiel Erkrankungen oder Überbeanspruchungen des Gelenkapparats im Kiefer. Zum besseren Verständnis hier ein kleiner Überblick:
- mangelnde Mundhygiene: Dass ungenügende Mundpflege zu Zahn- und Zahnfleischentzündungen führt, ist kein Geheimnis. Doch auch das Risiko einer Kiefergelenkentzündung erhöht sich durch die ausbleibende Mundhygiene drastisch. Immerhin beschränken sich Entzündungskeime nur zu Beginn auf leicht angreifbare Außenflächen des Zahnapparates. Im fortgeschrittenen Stadium dringen Bakterien und Viren dann aber vermehrt über geschwächtes Gewebe am Zahnfleisch bis zum Kieferknochen oder Kiefergelenk vor.
- Fehlbelastung: Eine zu starke Beanspruchung des Kiefergelenks entsteht vor allem dann, wenn das besagte Gelenk chronisch falsch belastet wird. Hervorgerufen werden kann diese Fehlbelastung beispielsweise durch Zähneknirschen oder eine Fehlstellung des Kiefers. Gerade nächtliches Zähneknirschen, das gemeinhin durch seelischen Stress entsteht, führt hier zu einer enormen Belastung der Kiefermuskeln. Infolgedessen reagieren diese mit entzündlichen Prozessen. Darüber hinaus sind auch Arthritis und Arthrose im Bereich der Kiefergelenke oftmals durch Fehlbelastungen provoziert.
- Arthritis und Arthrose: Die Erkrankungen Arthritis und Arthrose werden von Laien häufig verwechselt oder gleichgesetzt. Tatsächlich handelt es sich bei Arthritis aber um eine Gelenkentzündung, wohingegen Arthrose einen Gelenkverschleiß beschreibt. Nichts desto trotz können beide Gelenkerkrankungen zu entzündeten Kiefergelenken führen. Auch starke Schmerzen am Nervus trigeminus sind bei den beiden Krankheiten sehr häufig anzutreffen.
- falsche Verzahnung: Fehler in der Verzahnung können zum einen erblich bedingt sein. Zum anderen kommen auch falsch gesetzte Zahnprothesen, Kronen und Brücken für den Verzahnungsfehler in Frage. In beiden Fällen führt die Fehlstellung zu anhaltenden Reizzuständen im Bereich des Kiefers. Entzündungen im Kieferbereich mit Kiefergelenkschmerzen haben dann natürlich leichtes Spiel.
- traumatische Schädigung: Selbst Unfälle im Bereich des Kiefers sind als Ursache für eine CMD nicht auszuschließen. Denkbar sind zum Beispiel ein Aufprall oder gewaltsamer Schlag auf den Kopf. Des Weiteren kommen Schnittwunden durch scharfe Gegenstände oder unzureichend desinfizierte Operationswunden (z.B. bei der Entfernung von Weisheitszähnen) als Auslöser von Kiefergelenksentzündungen in Betracht.
Symptome bei Kiefergelenkentzündung
Neben einer schmerzlichen Neuralgie am Nervus trigeminus sind bei einer CMD auch Schmerzen im Gesicht oder direkte Kiefergelenkschmerzen üblich. Die Kiefergelenkbeschwerden äußern sich meist bei Bewegung, also beim Sprechen, Gähnen oder Kauen. Ferner können durch die Entzündung Kiefergelenkbeschwerden in Form von Bewegungs- und Funktionseinbußen entstehen. Alles in Allem belaufen sich die Beschwerden auf folgende Symptome:
- Erwärmungen an der Außenhaut der Entzündungsstelle
- Funktions- und Bewegungseinbußen
- Geräusche bei Bewegung
- Gewebeverdickungen und Schwellungen am Kiefer
- Schmerzen am Nervus trigeminus, dem Kiefergelenk oder im Gesicht
- Schmerzen bei Bewegung des Kiefers
- Verkapselungen an den Gelenkkapseln (v.a. bei Capsulitis)
Diagnose und Therapie bei einer Kiefergelenkentzündung
Entzündungen der Kiefergelenke sollten grundsätzlich von einem Kieferorthopäden untersucht werden. Diesem reicht oftmals schon die Beschreibung der vorliegenden Symptome, um eine CMD zu ermitteln. Sollte die Anamnese jedoch kein eindeutiges Ergebnis erzielen, können instrumentelle Funktionsanalysen (z.B. zur Druckschmerzermittlung), Kieferabdrücke aus Gips, sowie ein Ultraschall- oder Röntgenbild vom Kiefer angefertigt werden. Um Erreger wie Bakterien oder Viren genauer zu definieren, ist zusätzlich ein Speichelabstrich oder eine Gewebeprobe hilfreich.
Bei der Behandlung entzündeter Kiefergelenke versucht die Kieferorthopädie mittlerweile, einer Operation zu nächst aus dem Weg zu gehen. Erst wenn alle anderen Maßnahmen der Therapie ausgeschöpft sind, wird ein chirurgischer Eingriff unumgänglich. Lesen Sie nachstehend wichtige Informationen zur CMD-Behandlung:
- Entlastung des Kiefers: Bei einer akuten Kieferentzündung, die auf einer Fehlbelastung des Kiefers beruht, können entlastende Maßnahmen wie eine spezielle Aufbissschiene bei Zähneknirschen angeordnet werden. Bei anhaltenden Verspannungen ist ein physiotherapeutisches Muskeltraining sinnvoll. Auch Kühlung und besondere Schonung des Kiefers können diesen entlasten. Dies funktioniert zum Beispiel durch den vorübergehenden Verzehr von Flüssignahrung.
- medikamentöse Therapie: Um Schmerzen am Nervus trigeminus oder dem Kiefer selbst zu behandeln, verschreiben Kieferorthopäden normalerweise Schmerzmittel. Ebenso können entzündungshemmende Präparate eingesetzt werden, um die Entzündung zu lindern. Diese sind entweder in Form von Tabletten erhältlich oder können vom Facharzt mittels einer Spritze in den Kiefer injiziert werden.
- Operation: Operative Eingriffe werden bei CMD meist dann nötig, wenn es sich bei den Ursachen um Kiefer- bzw. Zahnfehlstellungen oder falsch eingesetzte Zahnprothesen handelt. Demzufolge beinhaltet ein chirurgischer Eingriff hier meist eine Korrektur oder den Austausch alter Zahnimplantate.
Kiefergelenkentzündung – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- CMD, sowie die damit verbundene Neuralgie im Bereich des Nervus trigeminus verlaufen in der Regel schleichend. Je eher die Entzündung dabei erkannt wird, desto besser lässt sie sich behandeln. Je nach Schwere der CMD können diesbezüglich Wochen bis Monate vergehen, bis der Kiefer wieder voll funktionsfähig ist.
- Komplikationen entstehen bei einer Kiefergelenkentzündung vor allem durch zu späte oder gänzlich ausbleibende Behandlung. Folgeerkrankungen wie umfangreicher Gelenkverschleiß und wandernde Entzündungsherde sind hier nicht auszuschließen. Zudem kann es zu bleibenden Schäden am Gelenk kommen. Diese bedeuten häufig dauerhafte Einbußen bei Bewegung und Funktion am Kiefer.
- Vorbeugend sollten Sie ihren Mundraum äußerst pfleglich behandeln, wenn Sie eine CMD verhindern möchten. Sorgen Sie deshalb für eine ausreichende Mundhygiene und legen Sie sich im Falle von Zähneknirschen vorab eine Beißschiene zu. Auch Methoden zur Stressbewältigung sind in der Prävention hilfreich. Wer angeborene Zahn- bzw. Kieferfehlstellungen beklagt, sollte diese frühzeitig korrigieren lassen.
Fazit
Eine Entzündung des Kiefergelenks kann durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufen werden. Klassische Symptome der Entzündung sind hierbei Kiefergelenkbeschwerden wie zum Beispiel eine Neuralgie des Drillingsnervs. Diese lässt sich vom Kieferorthopäden durch Anamnese oder Drucktests leicht diagnostizieren. Liegt eine derartige Krankheit vor, muss die Behandlung sehr zügig erfolgen, um Komplikationen und bleibende Schäden am Kiefer zu vermeiden. Noch besser ist es allerdings, Kiefergelenkentzündungen durch sorgsame Mundhygiene und Schonung des Kiefers vorzubeugen.