In jeder Lebensmittelpyramide stellen Milchprodukte einen essentiellen Anteil der empfohlenen Grundnahrungsmittel dar. Ebenso unterstreichen Ernährungswissenschaftler und Mediziner stets die Bedeutung der Milch für den Aufbau und die Festigung der Knochensubstanz. Nun gibt es aber auch zahlreiche kritische Stimmen, die den scheinbar unantastbaren, gesundheitlichen Stellenwert, der tierischen Milcherzeugnisse zugeschrieben wird, stark anzweifeln. Erstaunlicherweise scheinen jüngste Studien manche Argumente der Milchgegner sogar zu belegen. So nimmt ein Artikel des Online Portals “Zentrum der Gesundheit” beispielsweise Bezug auf zahlreiche Studien, denen zufolge tierische Milch unter anderem für Knochen- und Hautkrankheiten verantwortlich sein kann. Es stellt sich daher die Frage, welche der beiden Seiten denn nun im Recht ist. Um die Wahrheit zu ergründen, sollte man das für und wider jedoch zunächst etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Das Hauptargument der Milchbefürworter
Für Milchsympathisanten ist die Angelegenheit meist schon mit dem einfachen Argument geklärt, dass das erste Nahrungsmittel, mit dem Säugetiere nach ihrer Geburt in Kontakt kommen, die Muttermilch ist. Abzusprechen ist der Pro-Milchbewegung diese Wahrheit nicht, denn tatsächlich werden die wichtigsten Nährstoffe für die Frühentwicklung des Kindes im ersten Lebensjahr über die Muttermilch transportiert. Unbestritten ist hierbei vor allem die Wichtigkeit von Calcium und Magnesium für den Knochenaufbau des Säuglings.
Das Hauptargument der Milchgegner
Was hingegen viele Milchgegner immer wieder in ihrer Meinung bekräftigt, ist die bei erwachsenen Menschen weit verbreitete Laktoseintoleranz. Zwar sind in Europa gerade einmal 10 Prozent aller Einwohner von einer Milchunverträglichkeit betroffen, global gesehen haben jedoch gut zwei Drittel der Weltbevölkerung nach dem Verzehr von Milch mit körperlichen Problemen zu kämpfen. Blähungen, Bauchschmerzen, Gewichtszunahme oder eine signifikante Verschlechterung des Hautbildes werden hier oftmals als Folge eines zu exzessiven Milchkonsums angeführt und sind in vielen Fällen auch nicht von der Hand zu weisen. Auffällig ist hier vor allem, dass ein Großteil der laktoseintoleranten Menschen entweder in Nordamerika (50 bis 70 %), Afrika (ca. 90 %) und Asien (ganze 100 %) zu finden sind.
Die Wahrheiten dazwischen
Wer die Argumente der beiden widerstreitenden Seiten in einen Kontext setzt, dem wird auffallen, dass die Frage nach der Gesundheit von Milch nicht nur eine alters-, sondern ebenso eine milchsorten- und regionsbedingte Angelegenheit ist. Weshalb Aussagen über den gesundheitlichen Wert von Milch so schwierig sind, lässt sich an drei Gesichtspunkten erklären:
- Laktaseproduktion:
Das körpereigene Enzym Laktase ist bei Säuglingen für die Aufspaltung des Milchzuckers zuständig. Mit Ende der Stillzeit reduziert sich die Produktion von Laktase beim Menschen normalerweise um ca. 90 % bis 95 %. Milchunverträglichkeit ist daher an und für sich das Ergebnis eines natürlichen Entwicklungsprozesses des menschlichen Körpers.
- Laktasemutation:
Die eher unnatürliche Laktosetoleranz der meisten Europäer und Nordamerikaner im Erwachsenenalter lässt sich hingegen durch eine für die Nordhalbkugel signifikante, kulturelle Entwicklung erklären: die Milchwirtschaft. Ihre Entstehung ist auf besonders kalte Winter zurück zu führen, in denen die Ernte frischer Pflanzenkost meist gänzlich ausblieb. Die Menschen der nördlichen Hemisphäre waren daher über die Jahrhunderte hinweg stets dazu gezwungen, ihren pflanzlichen Nährstoffmangel anderweitig zu kompensieren. So griff man vermehrt auf Tier- und Milchprodukte zurück, um dem Körper die lebenswichtigen Nährstoffe zuzuführen. Das Resultat dieses Ernährungsmodells war eine ausgeprägte Mast- und Milchwirtschaft, aus der sich im Laufe der Zeit eine körperliche Mutation entwickelte, bei der sich die erhöhte Laktaseproduktion auch im Erwachsenenalter noch fortsetzte.
Milch ist nicht gleich Milch
Was viele bei der Diskussion über die mögliche Schädlichkeit von Milch außer Acht lassen, ist, dass es verschiedene Arten von Milch gibt. Prinzipiell sollte man zwischen pflanzlichen und tierischen Milcherzeugnissen unterscheiden. So ist Kuhmilch heutzutage beispielsweise tatsächlich in vielen Fällen als ungesund einzustufen, da
- sie in Molkereien derart künstlich nachbearbeitet wird, dass wichtige Nährstoffe fast völlig verloren gehen und stattdessen oft schädliche Zusatzstoffe enthalten sind.
- sie nicht selten von Kühen stammt, die nicht ordnungsgemäß mit frischen Kräutern oder pflanzlichem Futter ernährt, sondern mit Tiermehl und Antibiotika heran gezüchtet wurden.
Pflanzen- und Getreidemilch (z.B. Sojamilch) weist dagegen kaum Zusatzstoffe auf und liefert dennoch in Grundzügen dieselben Nährstoffe wie tierische Milchsorten.
Gesünder Milch trinken ohne Laktose
Abschließend lässt sich also sagen, dass der Gesundheitswert von Milch differenziert zu betrachten ist, denn er ist sowohl von regionalen, als auch von individuellen Faktoren abhängig. Im Allgemeinen lautet die Empfehlung aber wie folgt:
- Versuchen Sie, pflanzliche Milchprodukte den tierischen vorzuziehen und verzehren Sie Milch in moderaten Mengen.
- Achten Sie beim Kauf von tierischer Milch stets auf die Herkunft des Produkts und wählen Sie Milchsorten, die so wenig wie möglich nachbehandelt wurden.
- Sollten Sie eine natürliche Laktoseintoleranz aufweisen, verzichten Sie am besten komplett auf tierische Milcherzeugnisse.
- Biomärkte bieten mittlerweile ein umfangreiches Spektrum an Alternativen zur Kuhmilch an. Ein Stöbern lohnt sich hier nicht nur für Menschen mit Milchunverträglichkeit.