Probleme mit der Hygiene in Krankenhäusern gibt es nicht nur in Ländern der Dritten Welt. Auch in Deutschland kommt es diesbezüglich immer wieder zu aufsehenerregenden Skandalen. So kam es, wie der Spiegel berichtet, in der Uni-Klinik Mannheim dieses Jahr erneut zu einem OP-Stopp wegen Hygienemängeln – gerade einmal ein halbes Jahr nachdem eine eigene Kommission eingesetzt worden war, um die teils erschreckenden Zustände in dem Krankenhaus zu untersuchen. Die taz bemängelte währenddessen eine unzureichende Keimprophylaxe in Krankenhäusern in Bremen.
Auch andere Kliniken stehen unter Beschuss, weil Patienten während ihres Aufenthalts mit gefährlichen Keimen infiziert werden oder Behandlungswerkzeug nicht ausreichend sterilisiert ist. Doch was sagen solche Meldungen über die allgemeine aktuelle Lage in deutschen Krankenhäusern aus und was wird dort eigentlich unternommen, um eine möglichst hohe Hygiene aufrechtzuerhalten?
Keime im Krankenhaus – ein ganz normaler Zustand
Krankenhäuser sind spezielle Orte. Allein aufgrund der Tatsache, dass sich hier auf vergleichsweise engem Raum beinahe ausschließlich kranke und verletzte Menschen befinden, lässt es ganz natürlich erscheinen, dass in einem Klinikum viele Keime vorkommen. Weitergegeben werden diese vor allem über natürlichen Kontakt – zum Beispiel durch Ärzte, Pfleger oder Schwestern, die von Zimmer zu Zimmer gehen. Eine zweite wichtige Gefahrenquelle sind kontaminierte Gegenstände.
Für gesunde Menschen sind die betreffenden Keime nicht unbedingt gefährlich. Vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem können sie aber zu einer tödlichen Gefahr werden. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um Bakterien handelt, die gegen Antibiotika resistent sind.
Zu den häufigsten Vertretern gefährlicher Krankenhauskeime gehören die folgenden:
Name | Eigenschaften |
---|---|
Staphylococcus aureus (MRSA) | Resistent gegen gängige Antibiotika; kann u.a. zu lebensbedrohlichen Wundinfektionen, Atemwegserkrankungen und Blutvergiftungen führen |
Enterobakterien | Gehören eigentlich zur menschlichen Darmflora; bei schwachem Immunsystem u.a. Gefahr von Entzündungen des Lungengewebes und Blutvergiftung |
Enterokokken | Gefahr von gefährlichen Harnwegs- und Darminfektionen und Blutvergiftungen; oft resistent gegen Antbiotikum Vancomycin (VRE = Vancomycin-resistente Enterokokken) |
Pseudomonas aeruginosa | Führt u.a. zu Lungenentzündungen, Wundinfektionen, Blutvergiftungen und Hirnnhautentzündungen |
Acinetobacter | Zunehmende Resistenz gegen Antibiotika; kommt vor allem bei Beatmungspatienten vor; mögliche Folgen sind Hirnhautentzündungen, Lungenentzündungen und Blutvergiftungen |
Warum häufen sich in Krankenhäusern multiresistente Keime?
Multiresistente Keime, also Keime, gegen die ein Großteil der Antibiotika nichts mehr ausrichtet, sind eine große Gefahr für Menschen mit geschwächtem Immunsystem – und solche gibt es in Krankenhäusern bekanntlich viele.
Doch wie entstehen multiresistente Keime überhaupt beziehungsweise wie passiert es, dass man sich damit infiziert? Hier nehmen verschiedene Szenarien eine prominente Rolle ein:
- Der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast, vor allem in der Massentierhaltung
- Urlaubsreisen in Risikoländern wie Indien (vor allem, wenn man dort ein Krankenhaus besucht)
- Zu häufige und ungezielte Verschreibung von Antibiotika bei Menschen sowie die falsche Einnahme
Hieraus wird schon deutlich, dass durchaus auch für Normalsterbliche eine Chance besteht, etwas zum eigenen Schutz beizutragen – zum Beispiel indem man Fleisch aus der Massentierhaltung (oder sogar generell) meidet und sich beim eigenen Arzt genau erkundigt, ob eine Behandlung mit Antibiotika wirklich angebracht ist.
Doch warum sammeln sich nun in Krankenhäusern multiresistente Keime? Dies liegt zum einen daran, dass diese von Menschen mitgebracht werden (die sich damit zum Beispiel in ihrem Urlaub infiziert haben). Zum anderen werden in Kliniken naturgemäß besonders viele Antibiotika und auch Desinfektionsmittel eingesetzt. Dies hat zur Folge, dass Keime eine Art „Überlebenstraining“ absolvieren und vermehrt resistente Bakterien entstehen, die ihre Resistenz teilweise sogar an andere Bakterien weitergeben.
Welche Hygienevorschriften sollen die Keimausbreitung verhindern?
Eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung der Verbreitung und Infektion mit multiresistenten Keimen spielen Hygienevorschriften in deutschen Krankenhäusern. So lässt es sich im Idealfall verhindern, dass gefährliche Bakterien von einem Patienten auf den anderen übertragen werden. Eine Basis dafür ist das Infektionsschutzgesetz. Dieses fordert unter anderem die Einhaltung strikter Hygienevorschriften.
Zu den Standardmaßnahmen in diesem Zusammenhang gehören:
Tragen von Schutzkleidung: Das schließt je nach Situation neben einem Kittel, Haarschutz und Handschuhen auch einenen Mund-Nasen-Schutz beziehungsweise sogar partikelfilternde Masken ein. Dass solche Schutzkleidung selbst hohe Standards erfüllen muss, ist selbstverständlich. Ein Beispiel für die Standrads bei Einmalhandschuhen zeigt die Firma Medic Star sehr eindrucksvoll auf.
Desinfizieren der Hände: Nach jedem Kontakt mit Patienten und allgemein in regelmäßigen Abständen sollen Pfleger, Schwestern und Ärzte ihre Hände desinfizieren.
Desinfizieren von Gegenständen: Dazu gehören auch Oberflächen.
Neue Systeme der Raumluftdesinfektion erleichtern es, die Zahl von Keimen in einzelnen Räumen zu reduzieren.
Allerdings empfehlen Experten weitere Maßnahmen, um einer Infektion vorzubeugen. Dazu gehört das Screening von Risikopatienten bei ihrer Einlieferung, eine Methode, die in den Niederlanden konsequent und erfolgreich praktiziert wird. Dabei werden Neuzugänge auf Infektionen hin untersucht und bei Notwendigkeit umgehend isoliert. Als Risikopatienten werden in den Niederlande übrigens auch solche aus deutschen Kliniken eingeordnet.
Schließlich spielt der richtige Umgang mit Antibiotika eine wesentliche Rolle. Denn gerade der maßlose Einsatz dieser einstmals als „Wundermittel“ angesehenen Wirkstoffe hat in den letzten Jahren zu einer deutlichen Zunahme resistenter Keime geführt. Natürlich betrifft dies nicht nur Krankenhäuser, sondern auch ambulante Arztpraxen. Auch hier ist eine zielgenaue und zurückhaltende Verschreibung angesagt. Damit in Zukunft wieder neue wirkungsvolle Medikamente auf den Markt kommen, gilt es außerdem, die Pharmaindustrie zur Entwicklung neuer Antibiotika zu ermuntern.
Zusammengefasst nehmen folgende Maßnahmen bei der Vorbeugung der Infektion und Entstehung von multiresistenten Keimen und ihrer Bekämpfung einen hohen Stellenwert ein:
- Strikte Hygienemaßnahmen
- Screening von Risikopatienten
- Zurückhaltender und gezielter Einsatz von Antibiotika
- Entwicklung neuer Medikamente durch die Pharmaindustrie.
Wird ein Krankenhausaufenthalt ein immer größeres Risiko?
Wie hoch das Risiko ist, sich bei einem Krankenhausaufenthalt mit einem gefährlichen Bakterium zu infizieren, darüber gehen die Aussagen auseinander. Dasselbe gilt für die Zahlen von Todesfällen in diesem Zusammenhang. Dem Spiegel zufolge geht das Nationale Referenzzentrum (NRZ) an der Berliner Charité von maximal 6000 jährlich aus, andere Schätzungen liegen allerdings deutlich höher. Gleichzeitig wird betont, dass der Großteil tödlicher Infektionen auf Erreger zurückgeht, die nicht resistent sind.
Zugleich sieht auch die Politik eine wachsende Gefahr durch multiresistente Keime gegeben, wie auf tagesschau.de nachzulesen.
Verantwortlich gemacht werden dafür häufig die folgenden Gründe:
- Ein nachlässiger Umgang mit Antibiotika.
- Mangelhafte Einhaltung von Sicherheitsstandards
- Ungenügendes Personal
- Zu hohe Arbeitsbelastung für das Personal
Die Behebung solcher Missstände hat nicht zuletzt etwas mit finanziellen Ausgaben zu tun. Schließlich ist es in diesem Zusammenhang für viele Experten maßgeblich, mehr Krankenhauspersonal einzustellen und dieses besser zu bezahlen. Auch andere Vorsorgemaßnahmen kosten Geld – ein Grund dafür, dass viele Verantwortliche diese vermeiden und dabei ein hohes Risiko eingehen.
Allen Prognosen nach hat die Gefahr, sich in einem Krankenhaus mit gefährlichen multiresistenten Keimen zu identifizieren, also tatsächlich zugenommen. Für manch einen besteht darin sogar eines der drängendsten Probleme der Zukunft – nicht nur innerhalb von Kliniken. Denn je mehr Keime zunehmen, gegen die kein bekanntes Antibiotikum mehr hilft, desto machtloser werden Ärzte im Kampf gegen Infektionen.
Sich informieren hilft
Wer selbst das Risiko einer gefährlichen Infektion bei einem Klinikaufenthalt reduzieren möchte, sollte sich vorab eingehend über das Krankenhaus informieren. In diesem Zusammenhang macht es nicht nur Sinn, Patientenberichte und Artikel in den Medien zu lesen und zu vergleichen. Auch ein persönlicher Anruf kann Aufschluss darüber geben, wie ernst es die jeweilige Krankenhausleitung mit Hygienevorschriften und ihrer Einhaltung nimmt.
Übrigens müssen Krankenhäuser inzwischen regelmäßig Qualitätsberichte mit Hygieneergebnissen veröffentlichen. Nachfragen lohnt sich. Schließlich ist es empfehlenswert, sich vor der OP beim Hausarzt auf multiresistente Keime untersuchen zu lassen. Denn in der Regel bekommt man davon selbst nichts mit.