Unter einem Hohlkreuz versteht man gemeinhin eine auffällige Krümmung der Lendenwirbelsäule, bei der sich Becken und Bauch signifikant nach vorne verlagern. Allerdings ist nicht jede Form des Hohlkreuzes automatisch krankhaft. So weisen einige Völker Westafrikas zum Beispiel genetisch bedingt ein natürliches Hohlkreuz auf. Dieses ist als gewöhnliche Lordose klar von der krankheitsbedingten Hyperlordose abzugrenzen. Letztere stellt eine äußerst extreme Fehlhaltung der Wirbelsäule dar und geht neben starken Rückenschmerzen auch mit anderen Symptomen einher. Lesen Sie in diesem Ratgeber mehr zu den Ursachen einer Hyperlordose entsteht und welche Maßnahmen sich zur Behandlung eignen.
Wie entsteht ein krankhaftes Hohlkreuz?
Die Wirbelsäule (Columna vertebralis) ist das zentrale tragende Knochenkonstrukt des menschlichen Körpers. Sie besteht aus 24 freien Wirbeln, die über 23 Bandscheiben miteinander verbunden sind. Die Hauptfunktion der Wirbelsäule liegt darin, das Körpergewicht zu tragen, wobei ihre natürliche doppelte S-Form Stöße abfängt. Zusätzlich umschließen die Wirbel das im Wirbelkanal liegende Rückenmark und schützen es so vor Verletzungen. Dabei wird die Wirbelsäule von der umliegenden Bauch-, Rücken- und Gesäßmuskulatur gestützt. Bei einer Lordose oder Hyperlordose ist die untere S-Krümmung der Lendenwirbel jedoch sehr stark ausgeprägt. Während die natürliche Lordose hier aber noch innerhalb der gesunden Toleranz liegt, ist das Hyperlordoseleiden als krankhaftes Hohlkreuz äußerst gesundheitsschädlich. Sie entsteht meist durch eine geschwächte Lendenmuskulatur, die nicht mehr dazu in der Lage ist, die Wirbelsäule ausreichend zu stabilisieren.
Eine essenzielle Rolle bei der Entstehung des Hohlkreuzes spielt der große Lendenmuskel (Musculus psoas major). Er ist auch als großer Hüftbeuger bekannt und ein wichtiger Bestandteil der Rückenmuskulatur. Menschen, die ihren Hüftbeuger über längere Zeit hinweg verkümmern lassen oder ihn zu stark dehnen, riskieren damit enorme Instabilitäten im Bereich der Wirbelsäule. Die Folge ist dann eine dauerhafte Verlagerung des Beckens nach vorne. Diese versucht der Körper mit einer zeitgleichen Verlagerung des Brustkorbs nach hinten auszugleichen. Die so entstehende Fehlhaltung der Wirbelsäule ist der Beginn einer krankhaften Hyperlordose. Im späteren Verlauf verursacht sie nicht nur Rückenschmerzen, sondern auch Schäden an den rückeneigenen Wirbeln, Nerven und Muskeln.
Ursachen für ein Hohlkreuz
Im Gegensatz zur gewöhnlichen Lordose ist auffällige Krümmung einer Hyperlordose in den meisten Fällen nicht angeboren. Vielmehr wird sie heute vor allem durch Bewegungsmangel oder anhaltende Fehlhaltung der Wirbelsäule erworben. Ebenso können Verletzungen und Wirbelsäulenerkrankungen die Entstehung eines krankhaften Hohlkreuzes befördern. Einzelheiten zu möglichen Ursachen haben wir in der folgenden Übersicht für Sie zusammengefasst:
- Muskelschwäche und Fehlbelastung der Muskeln: Durch Bewegungsmangel kann ein Hohlkreuz ebenso zustande kommen wie durch chronische Fehlbelastung der Lendenmuskeln. Werden Hüftbeuger zum Beispiel kaum gefordert, so neigen sie vermehrt zu Verspannungen. Diese können eine Fehlhaltung der Wirbelsäule provozieren, welche eine Hyperlordose begünstigen. Gleiches gilt für eine Überstrapazierung der Hüftbeuger. Hier erschlafft die Lendenmuskulatur irgendwann (z.B. durch ungesundes Dehnen), sodass eine muskuläre Dysbalance entsteht. Die Stabilität der Wirbelsäule kann dann oft nicht mehr aufrechterhalten werden, sodass eine abnormale Wirbelsäulenkrümmung ihren Lauf nimmt.
- Fehlhaltungen: Wirbelsäulenfehlhaltungen sind heute keine Seltenheit mehr. Ob eingeschränkte Hüftstreckung durch sitzgebundene Berufstätigkeiten oder Haltungsverlagerungen durch Übergewicht. Die Risikofaktoren für ein Hohlkreuz durch falsche Körperhaltung sind mittlerweile sehr weit verbreitet. Je häufiger die Fehlhaltung dabei ausgeübt wird, desto höher ist das Risiko, an Hyperlordose zu erkranken.
- äußere Einwirkungen: Durch mechanische Einwirkungen wie dem Heben schwerer Lasten, dem Tragen hoher Schuhe oder durch Unfälle können Wirbelsäule und Hüftbeuger nachhaltig verletzt werden. Eine Fehlkrümmung durch Stabilitätseinbußen ist auch hier möglich. Die Behandlung eines Hohlkreuzes durch Verletzungen ist dabei oftmals deutlich schwieriger ist, als bei Muskelschwächen und falscher Haltung.
- Erkrankungen der Wirbelsäule: Neben Verletzungen und ungesunden Angewohnheiten in Sachen Körperhaltung kann ein Hohlkreuz auch durch Wirbelsäulenerkrankungen hervorgerufen werden. Hierzu zählt unter anderem das sogenannte Wirbelgleiten (Spondylolisthesis), bei dem die Wirbelsäule durch das Verrutschen der Lendenwirbel destabilisiert wird. Darüber hinaus kann auch eine genetisch bedingte Fehlstellung des Atlaswirbels oder ein Morbus-Pomarino-Leiden zu einem Hohlkreuz führen. Letzteres beschreibt eine Ganganomalie, bei der die Füße ungleichmäßig belastet werden.
Symptome bei Hohlkreuz
Ein Hohlkreuz entwickelt sich zunächst unbemerkt und führt in frühen Stadien meist keinerlei Beschwerden herbei. Erst wenn die Fehlstellung der Lendenwirbel über einen längeren Zeitraum fortbesteht, können sich Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen einstellen. Ein durch Atlasfehlstellung herbeigeführtes Hohlkreuz macht sich dabei zusätzlich durch Kopfschmerzen und Schwindel bemerkbar. Insgesamt zeichnet sich die krankhafte Wirbelsäulenkrümmung durch folgende Symptome aus:
- Rückenschmerzen
- ausstrahlende Schmerzen (Oberschenkel)
- vorgewölbte Bauchpartie
- Verspannungen
- eingeschränkte Beweglichkeit
- Haltungsprobleme
- Empfindungsstörungen
Diagnose und Therapie bei Hohlkreuz
Feststellen lässt sich ein Hohlkreuz häufig durch bloße Blickdiagnose, da sich die übermäßige Krümmung der Lendenwirbel in der Seitenansicht deutlich zu erkennen ist. Bestehende Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Einschränkungen der Bewegung werden in einem Gespräch erfragt. Dies gilt ebenso für bestehende Haltungsgewohnheiten, aus denen der Arzt Ursachen für ein Hohlkreuz erkennt. Um den Schweregrad des Hohlkreuzes zu ermitteln, müssen anschließend bildgebende Verfahren wie Röntgen und Computertomographie erfolgen. Hier lassen sich dann auch eventuelle Schäden im Bereich der Hüftbeuger, Nerven und anderen Wirbelsäulenelementen erkennen.
Die Therapie eines Hohlkreuzes setzt zunächst bei den Beschwerden des Patienten an. Dies bedeutet, dass zu aller erst Rückenschmerzen und weitere Symptome behandelt werden. Im zweiten Schritt folgt dann eine Bekämpfung der Ursachen. Insgesamt kann sich die Behandlung bei vorliegendem Hohlkreuz so gestalten:
- Wärme und Entspannungstechniken: Um die Rücken- und Bauchmuskulatur wieder zu kräftigen, muss die Muskulatur durch den Einsatz von Wärme (z.B. spezielle Wärmepflaster) und gezielte Entspannungstechniken (z.B. Atemübungen) gelockert werden. Das Vorgehen kann ggf. auch Rückenschmerzen lindern und Muskelverspannungen lösen. Im Anschluss bieten sich dann gezielte physiotherapeutische Maßnahmen an.
- Physiotherapie: Physiotherapeuten konzentrieren sich bei der Behandlung eines Hohlkreuzes auf die sogenannte Detonisierung verkürzter Muskelpartien. Zuvor falsch ausgeführtes Dehnen der Hüftbeuger wird hierbei durch gesunde Übungen zur Dehnung korrigiert. Eine mangelnde Hüftstreckung lässt sich durch Haltungstraining beheben. Des Weiteren ist Krafttraining für die Lendenmuskulatur ein guter Tipp, um dem Hohlkreuz durch verbesserte Stabilisierung der Wirbelsäule entgegen zu wirken.
- Rückenschule: Bei einem leicht ausgeprägten Hohlkreuz kann der regelmäßige Besuch einer Rückenschule die Fehlhaltung der Wirbelsäule korrigieren. Ähnlich wie in der Physiotherapie werden hier einfache und alltagstaugliche Übungen für den Rücken vermittelt, welche die Rückenmuskulatur stärken und die Körperhaltung verbessern. Bewegungs-, Haltungs- und Krafttraining gehören dabei auch in der Rückenschule zur Therapie.
- Behandlung durch Medikamente: Um dem Patienten eine Bewegungstherapie überhaupt erst zu ermöglichen, ist vor den Trainingseinheiten häufig die Gabe von Schmerzmitteln notwendig. Ansonsten lassen sich zahlreiche Übungen zur Dehnung kaum ohne Rückenschmerzen durchführen. Ebenso erfordern diverse Krankheitsursachen eine medikamentöse Schmerzbehandlung. Gerade im Zuge operativer Eingriffe ist eine entsprechende Medikation zur Nachbehandlung häufig notwendig.
- operative Eingriffe: Ist ein Hohlkreuzleiden so weit fortgeschritten, dass konservative Therapieformen nicht mehr greifen, bleibt Betroffenen eine OP oftmals nicht erspart. So bedürfen zum Beispiel bereits entstandene Schädigungen wie eine Spinalstenose oder Bandscheibenvorfälle einer Operation. Auch Verletzungen oder Krankheitsursachen wie Wirbelgleiten sind ohne chirurgische Eingriffe kaum zu heilen. Ob eine OP angebracht ist oder nicht, muss durch die ärztliche Voruntersuchung abgeklärt werden.
Hohlkreuz – Infos zu Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Die Entstehung eines Hohlkreuzes ist ein schleichender Prozess. Rechtzeitig erkannt, lässt sich der Krankheitsverlauf durch bewusste Haltungsänderungen und professionelles Rückentraining noch gut in den Griff bekommen. Ein fortgeschrittenes oder durch Vorerkrankung entstandenes Hohlkreuz ist dagegen deutlich schwerer zu kurieren und bringt mitunter auch zahlreiche Komplikationen mit sich.
- Auch wenn ein Hohlkreuz zunächst keine Beschwerden verursacht, kann die Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule zu einer chronischen Wirbelschädigung führen. So werden durch die Verlagerung des Beckens und des Bauches unter anderem die Bandscheiben stark belastet, was im schlimmsten Fall zu einem Bandscheibenvorfall führt. Ebenso kann ein unbehandeltes Hohlkreuz eine Verengung des Wirbelkanals nach sich ziehen, was für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Nervenbahnen sorgt. Nerven- bzw. Nervenwurzelreizungen und damit verbundene Nervenentzündungen lassen sich in solch einem Fall nicht mehr ausschließen.
- Vorbeugen lässt sich einem krankhaften Hohlkreuz am einfachsten durch eine aufrechte Körperhaltung und ausreichendes Muskeltraining. Achten Sie also stets auf eine richtige Sitzhaltung und betreiben sie Sport, der Ihrer Lendenmuskulatur zu Gute kommt. Empfehlenswert sind diesbezüglich Sportarten wie Schwimmen und moderates Krafttraining. Wenn Sie beruflich viel sitzen müssen, verwenden Sie am besten ergonomische Sitzmöbel (z.B. Gymnastikbälle oder spezielle Bürostühle). Ergänzend sollten Sie regelmäßige Bewegungsübungen in Ihren Büroalltag einbauen, die eine Verkürzung der Rückenmuskulatur durch zu langes Sitzen verhindern.
Fazit
Ein Hohlkreuz entsteht meist durch chronischen Bewegungsmangel oder antrainierte Fehlhaltungen, in deren Folge die Muskelpartien im Lendenbereich erschlaffen und sich verkürzen. Dies zieht eine starke, nach vorne gerichtete Krümmung der Lendenwirbelsäule nach sich, die ohne geeignete Gegenmaßnahmen zur Haltungskorrektur bleibende Haltungsschäden nach sich zieht. Zur Behandlung des Hohlkreuzes sind deshalb vor allem physiotherapeutische Maßnahmen und Sport sehr wichtig. Besser noch ist es, einem Hohlkreuz präventiv durch richtige Sitzhaltung und regelmäßige Bewegungseinheiten vorzubeugen. Gerade in einer Zeit, in der Büroarbeit und Bewegungsmangel für unzählige Volkskrankheiten sorgen, scheint das Hohlkreuz nämlich überwiegend ungesunden Alltagsgewohnheiten geschuldet zu sein.