Herzinfarkt, Diabetes mellitus, Gelenkbeschwerden, Stoffwechselstörungen – die Liste möglicher Erkrankungen, die auf eine falsche und ungesunde Ernährung zurückgehen, lässt sich beliebig erweitern. Dabei ist es nicht nur Fett oder einfach ein hoher Zuckergehalt, der unsere Lebensmittel und Ernährung ungesund macht. Mitunter sind es bestimmte Inhaltsstoffe, die beispielsweise eine Allergie oder Unverträglichkeit auslösen können. Fakt ist: Unser moderner Ernäherungsstil und Speiseplan ist für diverse Krankheiten mitverantwortlich.
Eine zunehmende Zahl von Verbrauchern erkennt dieses Defizit – und will etwas dagegen tun. Schließlich wird seit Jahren ein gesunder Lebenswandel, mehr Bewegung und der Verzicht auf Fleisch usw. öffentlich propagiert. Allerdings kann das gesunde Essen selbst zum Problem werden.
Unter dem Begriff Orthorexia nervosa wurde dieses Phänomen zum ersten Mal durch einen US-amerikanischen Arzt beschrieben, der sich selbst als Patient sah. Ende der 1990er bzw. zu Beginn des neuen Jahrtausends wurden anschließend immer mehr Experten auf dieses Phänomen aufmerksam.
Gesundes Essen als einziger Lebensinhalt
Das eigentliche Problem ist aber auch hier – ähnlich wie bei vielen Essstörungen – nicht das eigentliche Essen, sondern der innere Bezug und die Einstellung dazu. Gegen ein gewisses Minimum an Gesundheit beim Essen hat niemand etwas einzuwenden. Problematisch bzw. krankhaft wird die Entwicklung allerdings dann, wenn gesundes Essen zum einzigen Lebensinhalt wird, den Tagesablauf bestimmt und auch Einfluss auf die sozialen Kontakte und das Umfeld hat.
Woran erkennen Sie Orthorexia nervosa? Generell ist eine klar definierte Abgrenzung schwierig. Einerseits beginnen Essstörungen – gleich welcher Art – im Normalfall langsam und schleichend. Auf der anderen Seite ist gerade der übertriebene Hang zu gesundem Essen nicht zwingend sofort offensichtlich. Es braucht einfach Zeit, die eigene „Fehlsteuerung“ in der Wahrnehmung zu erkennen.
Welche grundlegenden Alarmzeichen sollte besondere Beachtung geschenkt werden? Eine Essstörung kann vorliegen bzw. entstehen, wenn:
- die Gedanken täglich mehrfach und wiederholt um die Frage kreisen, welche Lebensmittel gesund, unbelastet und keimfrei sind
- es zunehmend schwerfällt, hohe persönliche Ansprüche an eine gesunde Ernährung zufriedenzustellen
- Ihnen auffällt, dass andere Lebensweisen als geringwertig angesehen bzw. von oben herab betrachtet werden und
- damit einher das Gefühl geht, Betroffene „auf den richtigen Weg“ bringen zu müssen oder
- die Zubereitung gesunden Essens zum einzigen Lebensinhalt wird und Sie sich auch aus dem sozialen Umfeld deswegen zunehmen zurückziehen.
Haben Sie eine oder mehrere Eigenschaften erkannt, die Ihnen vielleicht an der eigenen Person oder im Bekanntenkreis seit geraumer Zeit auffallen? Dann könnte die Grenze zwischen gesundem Essen und Essstörung bereits überschritten sein. Ein wesentliches Merkmal ist die Tatsache, dass es bei der Nahrungsaufnahme nur noch um den Gesundheitsaspekt, aber schon lange nicht mehr um den Genuss geht.
Ein wichtiges Alarmzeichen sollte ebenfalls ernst genommen werden: Weicht man vom erstellten Ernährungsplan oder Essensgewohnheiten ab, tauchen automatisch Schuldgefühle auf. Befürworter, die in Orthorexia nervosa ein echtes Krankheitsbild sehen, halten die genannten Merkmale als Kriterien für einen Zustand, in dem das gesunde Essen seine eigentliche Funktion verloren hat.
Wann wird Orthorexia nervosa gefährlich?
Gesundes Essen kann nicht gefährlich sein. Auf den ersten Blick mag diese Aussage vielleicht zutreffen. Handelt es sich aber um eine Essstörung, ist auch eine offensichtlich sehr gesunde Ernährung unter Umständen ein Gesundheitsrisiko. Der Grund: Ab einem gewissen Punkt verzichten Betroffene auf viele Lebensmittel, die eigentlich ohne Weiteres gegessen werden können bzw. deren Inhaltsstoffe eigentlich zu einer ausgewogenen Ernährung gehören. Der Speiseplan wird zunehmend einseitiger und es treten in der Folge mitunter sogar Erscheinungen einer Mangelernährung auf. Spätestens an dieser Stelle ist professionelle Hilfe gefragt, um aus dem „Teufelskreis“ gesunder Ernährung auszubrechen und die Ernährung auf normale, gesunde Pfade zurückzuführen.