Was der Hodenbruch für den Mann, ist die Gebärmuttersenkung für die Frau. In beiden Fällen spielen nach unten wandernde Genitalien eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Krankheit. Von einer Gebärmuttersenkung (Descensus uteri) ist immer dann die Rede, wenn sich der Gebärmutterapparat von seiner ursprünglichen Position im Bereich des Beckens nach unten absenkt. Häufig von einer Gebärmuttersenkung betroffen sind Frauen, die eben eine Schwangerschaft hinter sich haben. Doch auch in der Menopause oder bei bestimmten Vorerkrankungen kann es unabhängig von einer Schwangerschaft zu einer Absenkung der Genitalien kommen. Wie genau diese zustande kommt und welche Maßnahmen in solch einem Fall zu ergreifen sind, erfahren Sie hier.
Wie entsteht eine Gebärmuttersenkung?
Die weibliche Gebärmutter (Uterus) wird durch verschiedene Haltestrukturen in ihrer Position gehalten. Besonders wichtig hierfür sind die Beckenbodenmuskulatur, das Bauchfell, sowie Bindegewebs- und Bänderstrukturen im Unterleib. Werden diese Haltestrukturen allerdings durch bestimmte Einflussfaktoren geschwächt, so können sie die Gebärmutter nicht mehr länger fixieren. Dadurch sinkt diese in den Beckenboden ab. Eng in Verbindung steht die Gebärmuttersenkung mit der Scheidensenkung (Descensus vaginae). Denn auch die Scheide kann sich zum Beispiel bei einer Schwangerschaft nach unten verlagern.
Im Extremfall kann der Gebärmutterapparat bei einer Gebärmuttersenkung ganz oder in Teilen durch die Öffnung der Scheide nach außen treten. Ein solcher Gebärmuttervorfall (Prolaps uteri) erfordert unbedingt ärztliche Behandlung. Darüber hinaus ist auch ein Scheidenvorfall (Prolaps vaginae) möglich, sofern die Gebärmuttersenkung mit einer Scheidensenkung einhergeht. Dies ist häufig nach einer Schwangerschaft der Fall, wenn extremes Pressen während der Geburt das Absinken der Genitalien stark vorantreibt. Seien Sie aber beruhigt, denn zu solch extremen Fällen von Gebärmutter- bzw. Scheidensenkung kommt es eher selten. Auch bedarf eine vorübergehende Absenkung nach einer Schwangerschaft selten einer OP, da sich die weiblichen Genitalien oft von selbst wieder stabilisieren.
Ursachen für eine Gebärmuttersenkung
Wie bereits erwähnt sind die Ursache für eine Scheiden- oder Gebärmuttersenkung geschwächte Haltestrukturen des weiblichen Unterleibs. Dazu können neben einer Schwangerschaft noch andere Faktoren führen. Einzelheiten hierzu haben wir für Sie in folgender Übersicht aufgelistet:
- Überbelastung: Durch Fehlbelastung des Beckenbodens können die Haltestrukturen rund um die Gebärmutter stark geschwächt werden. Hierzu zählt der enorme Kraftakt, der durch Pressen während einer Geburt entsteht. Frauen in der Schwangerschaft stellen in Sachen Scheiden- und Gebärmuttersenkung deshalb eine besondere Risikogruppe dar. Doch auch schwere körperliche Arbeit und Heben schwerer Gegenstände sowie Übergewicht bedeuten für den weiblichen Unterleib eine starke Belastung, unabhängig von einer Schwangerschaft. Betroffen sind vor allem Muskeln und Bänder.
- Vorerkrankungen im Bereich des Unterleibs: Ein enormer Druck durch extremes Pressen kann außer beim Geburtsvorgang während einer Schwangerschaft durch chronische Verstopfung entstehen. Viele Personen machen den Fehler und versuchen, den Stuhlgang gewaltsam hinaus zu pressen. Dabei können neben Blutgefäßen im Bereich des Afters auch Muskeln und Bänder im Unterleib beschädigt werden. Ähnlich sieht es bei krankhaften Organveränderungen im Bauchraum (z.B. in Folge eines Leisten- oder Beckenbruchs) aus. Und selbst chronischer Husten kann durch ständige reflexartige Beanspruchung der Muskulatur die Haltestrukturen des Unterleibs beeinträchtigen.
- Bindegewebsschwächen: Bei bestehenden Bindegewebsschwächen ist das Risiko hinsichtlich der Funktionalität der Haltestrukturen im Unterleib ebenfalls hoch. Neben Erkrankungen des Bindegewebes spielen Gewebeveränderungen während der Wechseljahre eine entscheidende Rolle. Der hier entstehende Östrogenmangel wirkt sich oft stark auf das Bindegewebe aus. Das beeinträchtigt die stabile Lage von Gebärmutter und Scheide. Weitere mögliche Ursachen für eine Bindegewebsschwäche können Hämorrhoiden, Krampfadern oder die für eine Schwangerschaft bzw. Übergewicht typischen Schwangerschaftsstreifen sein.
Symptome bei Gebärmuttersenkung
Eine leichte Scheiden- oder Gebärmuttersenkung führt häufig nicht zu Beschwerden. Bei einer starken Absenkung treten deutliche Rücken- und Unterleibsschmerzen und ein nach unten gerichtetes Zuggefühl auf. Dazu kommt ein Fremdkörpergefühl in der Scheide. Manchmal kommen durch die Absenkung der Gebärmutter nahe Organe wie Blase oder Enddarm unter Druck. Das kann zu Inkontinenz oder Verstopfung führen. Insgesamt sind folgende Symptome typisch:
- Ausstülpung von Scheiden- oder Gebärmutteranteilen
- blutiger Ausfluss
- Druckgeschwüre
- Fremdkörpergefühl
- Inkontinenz durch bestehende Druckbelastung
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
- Schmerzen beim Wasserlassen und Stuhlgang
- Unterbauch- und Rückenschmerzen
- Verstopfungen
Diagnose und Therapie bei Gebärmuttersenkung
Scheiden- und Gebärmuttersenkung werden durch eine Untersuchung beim Frauenarzt diagnostiziert. Dieser geht zunächst in einer Anamnese auf Symptome, Schmerzen und die Krankheitsgeschichte der Patientin ein. Anschließend folgt eine gynäkologische Untersuchung des Unterleibs. Dabei werden Absenkungen des Gebärmutterapparats bzw. der Scheide mit einem Spekulum festgestellt. Durch eine Tastuntersuchung des Rektums wird geprüft, inwiefern der Enddarm durch die Gebärmuttersenkung betroffen ist. Der Ultraschall klärt schließlich, ob die Blase von der Absenkung bedrängt wird.
Die Therapie erfolgt je nach Befund. Auch Alter und körperliche Verfassung der Patientin spielen eine Rolle. Eine Behandlung ist nötig, wenn körperliche Beschwerden auftreten und sich Scheide oder Gebärmutterapparat nicht mehr von selbst in den Unterleib zurückziehen, wie nach einer Schwangerschaft. Dabei können folgende Methoden zum Einsatz kommen:
- Schonung des Unterleibs: Damit sich die Genitalien nicht weiter nach unten absenken, ist es sehr wichtig, jede Druckbelastung zu vermeiden. Verzichten Sie während der Behandlung auf schweres Heben und pressen Sie beim Stuhlgang auf keinen Fall gewaltsam den Stuhl nach draußen. Liegen Sie viel, denn auch häufige Fortbewegung kann den Sitz des Gebärmutterapparats und der Scheide beeinflussen.
- Gewebestärkung durch Östrogen: Bei Gewebeschwächen wegen Östrogenmangel in der Menopause helfen östrogenhaltige Salben und Zäpfchen. Sie können Schwächen in der unterleibseigenen Haltestruktur oft neutralisieren und so bei der Behandlung von Gebärmuttersenkungen helfen. Auch Pflanzenöstrogene, wie sie in Sojaprodukten vorkommen, sind dabei eine Hilfe.
- Beckenbodentraining: Um ein weiteres Absinken der Gebärmutter zu verhindern und die Muskulatur des Beckenbodens zu stärken, sollten Patientinnen professionelle Beckenbodengymnastik betreiben. Entsprechende Angebote kann Ihnen Ihr behandelnder Frauenarzt vermitteln. Durch das gezielte Training, ggf. unter Mithilfe eines Pessars, lässt sich so manche Gebärmutter wieder in die ursprüngliche Lage versetzen. Beckenbodentraining ist auch während der Schwangerschaft zu empfehlen.
- Einsatz von Pessaren: Pessare sind unterschiedlich geformte Silikonobjekte, die zur Stützung der Gebärmutter in die Scheide eingesetzt werden. Das Pessar verhindert ein weiteres Absinken der Gebärmutter. Es muss alle zwei Monate von einem Arzt entfernt, gereinigt und neu eingesetzt werden. Im Glückfall lässt sich der Gebärmutterapparat so schrittweise wieder an seiner Ausgangsposition fixieren. Ein begleitendes Beckenbodentraining erhöht die Erfolgschancen stark.
- Operation: Bei schweren Genitalabsenkungen werden die Haltestrukturen innerhalb einer OP gerafft. Dieser Eingriff ist vor allem bei einem Scheiden- und Gebärmuttervorfall unausweichlich, da dieser ein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringt. Neben einer Raffung kann auch ein Transvaginal-Mesh zum Einsatz kommen. Dabei wird ein Netz zwischen Blase und Beckenboden eingesetzt, um die inneren Geschlechtsorgane wieder zu stabilisieren. In sehr schweren Fällen kann eine Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) in Betracht kommen, wenn die Patientin keinen Kinderwunsch mehr hat.
Gebärmuttersenkung – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Bei sofortiger stationärer Behandlung können die meisten Frauen mit Gebärmuttersenkung das Krankenhaus nach etwa 3 bis 5 Tagen wieder verlassen. Wie schnell sich eine Senkung beheben lässt, hängt stark von den Ursachen ab. Vorübergehende Schwächungen der Haltestruktur im Unterleib, zum Beispiel während der Schwangerschaft oder Menopause, sind einfacher zu behandeln als krankhafte Gewebeschwächen. Ist letzteres der Fall, könnte ein langwieriger Heilungsprozess bevorstehen.
- Eine Gebärmuttersenkung kann je nach Schweregrad Druck auf die umliegenden Organe ausüben. Dies kann unbehandelt zu dauerhaften Problemen beim Stuhlgang oder Wasserlassen, sowie zu Harnwegsinfektionen und Verstopfungen führen. Ebenso kann stetig auftretender Druck auf den Beckenboden zu weiteren Gewebeschäden auslösen. Als Folge sinkt die Gebärmutter weiter ab und tritt aus der Scheide hervor. Damit ist ein hohes Infektionsrisiko verbunden, da die Gebärmutter nicht mehr vor äußeren Einflüssen geschützt ist. Im Notfall muss die Gebärmutter vollständig entfernt werden. Das führt zur Unfruchtbarkeit der Patientin.
- Einer Gebärmuttersenkung kann durch einen gestärkten Beckenboden vorgebeugt werden. Vor allem bei einer Schwangerschaft bzw. mit fortschreitendem Alter ist Beckenbodentraining sehr zu empfehlen. Sinnvoll ist es auch, belastende Druckzustände durch starkes Übergewicht, schwere körperliche Arbeit oder Verstopfungen zu vermeiden. Krankhafte Gewebeschwächen müssen früh behandelt werden.
Fazit
Scheiden- und Gebärmuttersenkungen entstehen beide durch geschwächte Muskel-, Bänder- und Bindegewebsstrukturen im Unterleib. Dies passiert oft bei einer Schwangerschaft. Auch treten beide Genitalabsenkungen meist gemeinsam auf und können durch Ausstülpungen von Teilen der Geschlechtsorgane durch die Scheide ein hohes Infektionsrisiko bergen. Es ist daher wichtig, die Absenkung so schnell wie möglich ärztlich behandeln zu lassen oder durch gezieltes Beckenbodentraining zu neutralisieren. Letzteres ist gemeinsam mit der Vermeidung von starkem Druck auf den Unterleib auch eine gute Präventivmaßnahme. Daher sollte es gerade nach einer Schwangerschaft, sowie mit voranschreitendem Alter ein fester Bestandteil zum Erhalt der Unterleibsstabilität sein.