Ärztepfusch ist ein ernstes Thema, auch wenn dieses Thema gern verschwiegen wird. Geschädigte haben oft ihr Leben lang unter den Folgen zu leiden oder überleben den Eingriff im schlimmsten Fall erst gar nicht. Im Durchschnitt werden jedes Jahr alleine in Deutschland rund 5.000 Fälle von Ärztepfusch offiziell nachgewiesen, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.
Was genau ist Ärztepfusch eigentlich?
Der Ärztepfusch liegt immer dann vor, wenn Ärzte gegen Vorschriften anerkannter medizinischer Standards verstoßen und dadurch der Gesundheit eines Patienten schadet. Diese Fehler können schon bei der Aufklärung des Patienten durch den Arzt erfolgen, während der eigentlichen Behandlung oder auch durch die Dokumentation ans Licht kommen. Wenn es allerdings zu unvorhersehbaren oder unvermeidbaren Komplikationen während einer Behandlung kommt, liegt dabei kein Ärztepfusch vor.
Weiterhin unterscheidet man zwischen einfachen Behandlungsfehlern und groben Behandlungsfehlern durch einen Arzt. Diese Unterscheidung ist vor allem im Rahmen von ggf. möglichen Entschädigungen relevant. Während ein Arzt bei einem einfachen Behandlungsfehler nicht dem Standard und den Regeln der ärztlichen Praxis entsprechend handelt, verstößt er zweifelsfrei gegen bewährte Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse, wenn er einen groben Behandlungsfehler begeht. Im Folgenden einige besonders krasse Fälle von Ärztepfusch:
– Fehlender Schlüssel zum Kreißsaal
Bei diesem Fall musste eine hoch-schwangere Frau sofort operiert werden, ihr Kind sollte schnellstmöglich per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Soweit nichts Ungewöhnliches doch der Schlüssel für den Kreißsaal war unauffindbar, erst mit 30 minütiger Verspätung konnte die Operation stattfinden. Durch die Verspätung kam das Kind mit einem Gehirnschaden zur Welt, welcher ohne die Verzögerung verhindert werden hätte können.
– Falsche Diagnose
Bei einem besonders schweren Verkehrsunfall, bei welchem mehrere Personen ums leben kamen, wurde auch bei einer 72-jährigen Frau noch am Unfallort der Tod diagnostiziert. Als ein Bestatter im Anschluss den Leichensack öffnete, musste dieser feststellen, dass die Dame noch atmete. Trotz sofort eingeleiteter Notfallmaßnahmen und der Verlegung auf eine Intensivstation verstarb die Frau noch am selben Abend infolge ihrer schweren Kopfverletzungen. Ohne die falsche Diagnose hätte ihr Leben vielleicht noch gerettet werden können.
– Der vergessene Tupfer
Auch Krankenhäuser sind kein Garant für einwandfreie Operationen. In einem deutschen Krankenhaus wurde ein 71-jähriger Mann am Herzen operiert. Am Ende der Operation fehlte ein Tupfer. Zwar zählten die Schwestern die Kompressen nach und der operierende Arzt fühlte den Patienten ab, doch der Tupfer ließ sich nicht finden. Anschließend nahm der Arzt an, dass im Vorfeld falsch gezählt wurde und nähte den Patienten zu. Dies blieb nicht ohne Folgen. Der Patient bekam hohes Fieber und wurde auf eine Intensivstation verlegt. Nach einer weiteren Untersuchung wurde ein anderer Arzt auf den vergessenen Tupfer woraufhin dieser in einer eingeleiteten Not-OP entfernt werden konnte. Der 71-Jährige überlebte den Behandlungsfehler schließlich, zog sich aber eine schwere Blutvergiftung zu.
– Falsche Beatmung
Im Jahr 2011 unterzog sich eine deutsche Erotikdarstellerin einer Brustvergrößerungs-OP und überlebte den Eingriff nicht. Todesursache war ein Herzstillstand aufgrund unzureichender Beatmung. Der entsprechende Warnton des Beatmungsgeräts sei ausgeschaltet gewesen, wodurch das Ärzteteam diesen fatalen Fehler nicht bemerkten. Der Fall sorgte lange für Aufsehen, die Narkoseärztin wurde schließlich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
– Verwechslung
Es ist leider gar nicht so selten, dass Ärzte Patienten ein falsches Körperteil entfernen. Ein weiterer Fall, der ohne Medienrummel kaum an die Öffentlichkeit gelangt wäre, ereignete sich 2010 in einer Klinik in Österreich. Dort amputierten Ärzte einer älteren Dame ein Bein – das falsche. Als sie den Fehler bemerkten amputierten sie das tatsächlich kranke Bein. Die Patientin überlebte.
Was tun bei Ärztepfusch?
Jedes Jahr reichen etwa 11.000 Personen Beschwerde gegen Ärztepfusch ein. Selbstverständlich besteht ein Schadensersatzanspruch für Geschädigte. Um diesen finanziellen Ausgleich aber auch zu erhalten, muss zunächst zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass das Verschulden tatsächlich beim behandelnden Arzt lag. Um bestmögliche Chancen zu haben, den Anspruch vor Gericht bewilligt zu bekommen, ist es ratsam sich an einen Anwalt zu wenden, im besten Fall an einen Fachanwalt für Medizinrecht wie etwa Herrn Björn Weil aus Gießen. Ein solcher Fachanwalt ist mit dem ganzen Thema sehr vertraut und daher in der Lage die Situation gut einzuschätzen. Gemeinsam mit dem Fachanwalt lässt sich erörtern, welche Ansprüche der geschädigte Patient geltend machen kann. Ein Gespräch mit den betreffenden Ärzten oder mit der eigenen Krankenkasse sollte keinesfalls erfolgen, bevor nicht die Einschätzung eines Fachanwalts vorliegt.
Da der geschädigte Patient in der Beweispflicht ist, muss er also beweisen, dass der entstandene gesundheitliche Schaden zweifelsfrei auf den Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Sobald sich dieser Verdacht erhärtet kann ein Anwalt weitere Schritte einleiten. Besonders empfehlenswert ist es, eine eigene, möglichst lückenlose Dokumentation über die Behandlung und alle weiteren Beschwerden und Anzeichen zu führen.