Von allen potentiellen Patientenkreisen der Ergotherapie sollte einer Gruppe von Betroffenen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden: Kindern. Immer häufiger werden Eltern wegen ihren kleinen Schützlingen beim Ergotherapeuten vorstellig und erkundigen sich nach geeigneten Maßnahmen zur Behandlung von Entwicklungsstörungen, Traumata oder anderen seelischen Belastungen ihres Kindes. Aus gutem Grund, denn wo der klassischen Schulmedizin diesbezüglich Grenzen gesetzt sind, eröffnet die Ergotherapie neue Wege, um psychische, aber auch physische Leiden der Kinder erfolgreich zu beheben. In diesem Ratgeber erhalten Erziehungsberechtigte einen kleinen Überblick.
Wann kann Ergotherapie für Kinder sinnvoll sein?
Ihre größten Fürsprecher findet die ergotherapeutische Behandlung bei Kindern logischerweise innerhalb der Pädagogik und Pädiatrie. So basieren beispielsweise zahlreiche Beschäftigungsangebote in Kindergärten auf den Zielsetzungen der Ergotherapie, die sich mit der Bewältigung von Belastungs- und Entwicklungsstörungen gleichermaßen beschäftigt. Zu den Haupteinsatzgebieten der Ergotherapie für Kinder gehören dabei:
- kognitive Störungen (z.B. Sprachprobleme)
- motorische Störungen (z.B. Defizite in der Grafomotorik)
- Störungen im Sozialverhalten (z.B. Kommunikationsverhalten)
- Stressbewältigung (z.B. Prüfungsangst)
- Traumabewältigung (z.B. Tod eines Elternteils oder familiäre Probleme)
Des Weiteren kann Ergotherapie bei bestimmten körperlichen Beschwerden der Kinder helfen. Hierzu zählen zum einen körperliche Behinderungen, die oft auch eine Reihe seelischer Belastungen für die Kleinen mit sich bringen. Zum anderen ist es möglich, den Genesungsprozess des Kindes nach einem Unfall, einer Operation oder Krankheit zu beschleunigen. Nicht zuletzt ist Ergotherapie durch ihre aktiven Betätigungsangebote auch gut geeignet, um einem etwaigen Bewegungsmangel der Kinder entgegen zu wirken.
Wie hilft Ergotherapie Ihren Kindern?
Wie wichtig Beschäftigungstherapie und deren positive Auswirkungen für Kinder tatsächlich sind, erkannten Mediziner und Pädagogen schon Mitte des 20. Jahrhunderts. Dass Kinder ohne geeignete Therapiemaßnahmen jedoch wesentlich anfälliger für Störungen innerhalb ihrer Entwicklung sind, drang nur langsam bis in die Öffentlichkeit vor. Erst heute, wo schulischer und familiärer Stress immer schlimmere Auswirkung auf die Jüngsten unserer Gesellschaft besitzen, werden auch Eltern und Politik allmählich hellhörig, wenn es um professionelle Strategien geht, die Kindern eine angemessene Möglichkeit zur Verarbeitung alltäglicher Belastungssituationen geben. Im Vergleich zu reinen Gesprächstherapien oder gar der Verabreichung von Medikamenten besitzt die Ergotherapie dabei viele Vorzüge, denn sie widmet sich der ganzheitlichen Förderung kindlichen Wohlbefindens. Hierzu zählen:
- Vermittlung positiver Lebensgefühle: Einer der häufigsten Gründe dafür, dass eine Ergotherapie bei Kindern notwendig wird, sind Wahrnehmungsstörungen. Unsere moderne Zeit überflutet Kinder buchstäblich mit Sinneseindrücken und macht es ihnen dadurch oftmals schwer, diese in angemessener Weise zu verarbeiten. Ängste, Unsicherheiten, ja sogar eine negative Lebenseinstellung können die Folgen dieser gestörten Wahrnehmung sein. Nicht selten enden sie mit tiefgreifenden Persönlichkeitsstörungen, die bis ins Erwachsenenalter der Kinder andauern können. Die Ergotherapie versucht deshalb, kindgerechte Möglichkeiten zur Verarbeitung von Sinneseindrücken aufzuzeigen.
- Verarbeitung seelischer Traumata: Im Bereich der Sinneserfahrungen können auch soziale Aspekte entwicklungsverzögernde Auswirkungen auf die Persönlichkeit der Kinder haben. Von Mobbing durch Gleichaltrige über die Scheidung oder den Verlust der Eltern bis hin zu häuslicher Gewalt müssen Kinder sich bisweilen zahlreichen, traumatischen Erlebnissen stellen, was nur selten ohne psychische Konsequenzen bleibt. Aus diesem Grund zielen Betätigungsangebote der Ergotherapie auch darauf ab, Kindern die Option zur Aussprache, zur Mitteilung ihrer Sorgen und Bedürfnisse zu geben, um Entwicklungsstörungen durch verdrängte Traumata vorzubeugen. Darüber hinaus kann Ergotherapie Kindern Bewältigungsstrategien für künftige Belastungssituationen nahelegen.
- Förderung der motorischen Fähigkeiten: Die Entwicklung der Motorik hält für Kinder so manche Hürden bereit. Beispielsweise erfordert die Grafomotorik (Schreibfähigkeit) nicht nur das Erkennen und Wiedergeben einzelner Buchstaben. Komplexe Fingerbewegungen und Koordinationsgabe sind ebenfalls unerlässlich für die Schreibfähigkeit des Kindes. Ähnlich sieht es bei alltäglichen, motorischen Bewegungen, wie Essen, Anziehen und dem Zubinden der Schuhe aus. Was für Erwachsene reine Routine, ist für Kinder anstrengende Arbeit. Zur Festigung derartiger Handlungsabläufe und/oder zur Förderung der Grafomotorik nutzt die Ergotherapie spezielle Strategien, die Kindern durch spielerische Übungen die motorischen Fähigkeiten der Kinder stärken.
Ablauf einer Ergotherapie für Kinder
Damit Ergotherapeuten geeignete Behandlungsansätze zur Förderung Ihres Kindes vorschlagen können, ist zunächst ein intensives Gespräch zwischen Ärzten, Eltern und Kindern notwendig. Für Klärung sorgen dabei Angaben zur Krankengeschichte, zum familiären Hintergrund und zur aktuellen Schulsituation des Kindes. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, lässt sich entscheiden, welche der folgenden Maßnahmen zur Ergotherapie sinnvoll sind:
- Konzentrationstraining – Training zur Entspannung, Meditation und zum Finden der inneren Ausgeglichenheit vor Prüfungen, beim Lernen oder bei Hausaufgaben.
- Aufmerksamkeitstraining – Übungen für Kinder mit krankheitsbedingter Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen (z.B. ADHS), bestehend aus Basis- und Strategietraining.
- Lerntherapie – Therapie zur Entwicklung geeigneter Lernstrategien bei Rechen- oder Konzentrations- oder Merkschwäche.
- sensorische Integrationstherapie – Ganzheitliche Förderung der motorischen oder sprachlichen Entwicklung eines Kindes, sowie dessen Wahrnehmungs- und Persönlichkeitsentwicklung. Die Integrationstherapie kommt häufig bei tiefgreifenden psychischen Störungen zum Einsatz.
Statt finden kann eine ergotherapeutische Behandlung entweder im Einzel- oder Gruppenkurs. Ein Gruppenkurs besitzt hierbei den Vorteil aktiver Förderung des Sozialverhaltens Ihres Kindes.
Wann sollte eine Ergotherapie bei Kindern beginnen?
Ergotherapie für Kinder findet heutzutage frühestens im Alter von vier Jahren statt. Je eher möglichen Entwicklungsstörungen dabei vorgebeugt werden kann, desto besser ist es für die weitere Entwicklung des Kindes. Bei der Erkennung möglicher Anzeichen, die einen Besuch beim Ergotherapeuten erforderlich machen, wird Ihnen als Elternteil deshalb eine wichtige Aufgabe zuteil. Helfen kann in diesem Zusammenhang die Beantwortung folgender Fragen:
- Wie sieht der Alltag meines Kindes aus?
- Gibt es Probleme in der Schule oder Familie?
- Sind die Kinder besonderen Lebensumständen oder Stresssituationen ausgesetzt?
- Existiert womöglich eine krankheitsbedingte Entwicklungsstörung?
- Haben die Kinder auffallende Probleme mit der Grafomotorik?
All diese Kritikpunkte können Eltern helfen, die Situation ihres Kindes besser einzuschätzen und zu beurteilen, ob eine Ergotherapie sinnvoll ist oder nicht. Falls Ja, so sind wöchentliche Therapiebesuche die beste Wahl, um kontinuierliche Fortschritte zu erzielen.