‚Blau, blau, blau blüht der Enzian‘ – Das deutsche Schlagerlied, aus dem besagte Textpassage stammt, dürfte den meisten ein Begriff sein. Allerdings ist es nicht die von Heino besungene, Zierpflanze Alpin-Enzian (Gentiana alpina), deren Heilwirkungen in höchsten Tönen gelobt werden sollte. Tatsächlich handelt es sich bei der Heilpflanze Enzian nämlich um Gelben Enzian (Gentiana lutea), der zwar ebenfalls in den Alpen vorkommt, jedoch auch in anderen Gebirgsregionen anzutreffen ist. Gemeinsam ist beiden Arten des Enzians allerdings, dass sie aufgrund ihres Seltenheitswerts unter Naturschutz stehen.
Woher stammt der Gelbe Enzian? – Einzelheiten zu Ursprung und Geschichte der Gentiana lutea
Die Gattung der Enziane (Gentianaceae) umfasst insgesamt rund 400 verschiedene Arten, von denen die meisten in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel anzutreffen sind. Insbesondere kalkhaltige Gebirgszüge Zentralasiens und Mitteleuropas gelten als Ballungsraum der Gentiana, welche eine Wuchshöhe von bis zu 1,5 Metern erreichen kann. In Deutschland ist Enzian vorwiegend in den Alpen zu finden, wo seine Blütezeit von Anfang Juni bis Ende August reicht. Allerdings zeigen sich Blüten des Enzians erst ab dem 10. Wuchsjahr der Gebirgspflanze.
Bis ins späte 20. Jahrhundert wurden Enziane von Almbauern als lästiges Unkraut angesehen und deshalb fast systematisch ausgerottet. Kein Wunder also, dass so gut wie alle in Europa vorkommenden Gentianaceae auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten stehen. Wild wachsender Enzian darf demzufolge nicht gepflückt werden, weshalb sich für eine private Nutzung der Gentiana eine Kultivierung im eigenen Garten empfiehlt.
Eine Heilpflanze mit Seltenheitswert – über die Heilwirkung von Enzian
Laut Aussagen des altgriechischen Arztes Pedanios Dioskurides verdankt die Gentiana ihren Namen dem letzten illyrischen König Genthios. Als Sohn des Königs Pleuratos II. und seiner Frau Eurydike regierte er von 180 bis 168 v. Chr. in der nordalbanischen Stadt Shkodra und soll Gelben Enzian seiner Zeit als Heilkraut gegen die Pest empfohlen haben.
Auch in Europa fanden Enziane im Altertum häufig Anwendung, ehe sie vom Aussterben bedroht waren. So stellten einige Sorten der Gentiana beispielsweise eine gerne genutzte Zutat in der Schnapsbrennerei. Von Magenbittern bis hin zu Likören beinhaltete so manche Spirituose des Mittelalters Auszüge von Gentianaceae, wobei neben dem Gelben Enzian auch der violette Ungarische Enzian (Gentiana pannonica), dunkelrote Purpur-Enzian (Gentiana purpurea) und der rotgelbe Tüpfel-Enzian (Gentiana punctata) zur Herstellung von Branntweinen genutzt wurden. Heute sind Enzianschnäpse eine wahre Rarität. Die teuerste Spirituose aus Essenzen der Gentiana kostet bis zu 50 Euro, was verdeutlicht, wie gefährdet Bestände der Gattung Gentianaceae nach wie vor sind.
Eine intensivere, medizinische Nutzung könnte in diesem Zusammenhang nicht nur heilende sondern auch artschützende Wirkung zeigen. So würde eine bewusste Kultivierung der Gentiana lutea zu Heilzwecken beispielsweise für ein vermehrtes Vorkommen der Pflanze in Privatgärten sorgen. Lohnend wäre ein Anbau hierbei allemal, denn der Gelbe Enzian ist für seine blutfördernden, fiebersenkenden und verdauungsanregenden Eigenschaften bekannt. Aus diesem Grund wird die gelbe Gentiana in der Volksheilkunde auch gerne bei folgenden Gesundheitsbeschwerden genutzt:
- Gentiana lutea bei Beschwerden des Blutkreislaufs
z.B. Blutarmut, Blutdruck- bzw. Herzproblemen, Krampfadern und Menstruationsstörungen - Gentiana lutea bei Essstörungen
z.B. Anorexie, Magersucht und Untergewicht - Gentiana lutea bei Magenbeschwerden
z.B. Appetitlosigkeit, Darmparasiten, Verdauungsproblemen und Verstopfung - Gentiana lutea bei Stoffwechsel- und Kreislaufbeschwerden
z.B. Gicht, Nervenschwäche oder Ohnmacht - Gentiana lutea bei sonstigen Krankheiten
z.B. Fieberkrankheiten wie Malaria oder Gelbfieber
Inhaltsstoffe der Gentiana lutea
Verantwortlich für die Heilwirkung der Gentiana lutea sind maßgeblich Bitterstoffe wie das pflanzeneigene Gentiopikrin. Es kann sich zum einen anregend auf die Verdauung auswirken, zum anderen dürfte auch die blutzirkulierende Wirkung der Gentiana auf besagten Inhaltsstoff zurück zu führen sein. Ebenfalls wichtig für die heilenden Eigenschaften der Gentiana lutea sind:
- Alkaloide
- Amarogentin
- Gentianose
- Gerbstoffe
- Gerbsäure
- Inulin
- Pflanzenschleime
- Zink
Die Bitterstoffe der Enziane im Speziellen spielen dabei für eine Anwendung als Spirituose eine wichtige Rolle.
Anwendung und Nebenwirkungen – Gentiana lutea als leicht bekömmliches Heilkraut
Anwenden lässt sich Gentiana lutea sowohl als Tee, als auch in Form einer Tinktur. Gerade die Weiterverarbeitung zur Spirituose ist diesbezüglich für eine innere Anwendung gegen Magenprobleme empfehlenswert. Zur Herstellung entsprechender Präparate werden traditionell die Wurzeln des Gelben Enzians genutzt.
Was Nebenwirkungen anbelangt, so können nach der Einnahme von Gentiana lutea gelegentlich Kopfschmerzen auftreten. Weitere, negative Begleiterscheinungen sind jedoch nicht bekannt.
Fazit
Eigentlich würde der Gelbe Enzian einen Lobgesang nicht weniger verdienen als sein blauer Artgenosse. Auch mit Blick auf die Artgefährdung der heilsamen Gentiana lutea sollte dem Gewächs mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit eines der am leichtesten bekömmlichen Heilkräuter Europas nicht gänzlich verschwindet. Wenn Sie also etwas Gutes für den Naturschutz und Ihre eigene Gesundheit gleichermaßen tun möchten, sollten Sie über eine Kultivierung der gelben Gentiana im eigenen Garten nachdenken.