Sie haben panische Angst, sich zu erbrechen? In diesem Fall leiden Sie unter Emetophobie. Es handelt sich hierbei um eine phobische Angststörung psychischer Natur, der ernste Ursachen zugrunde liegen können. Emetophobiker leiden sehr unter ihrer irrationalen Angst und erfahren durch sie nicht selten schwere Einschränkungen im alltäglichen Leben. Lesen Sie im Folgenden mehr zu Ursachen sowie Symptomen der Emetophobie und wie sie behandelt werden kann.
Wie äußert sich eine Emetophobie?
Erbrechen ist eine natürliche Reaktion des Körpers, um den Organismus vor Vergiftungen durch verdorbene Nahrungsmittel zu schützen. Auch Ekelgefühle oder bestimmte Erkrankungen (z.B. Magen-Darm-Infekte) können das Erbrechen auslösen. Dabei ziehen sich der Magen, das Zwerchfell und die Bauchmuskulatur zusammen, während sich der Magenmund öffnet. Die so entstehenden Kontraktionen befördern den Mageninhalt schwallartig über die Speiseröhre in den Mund. So kommt es schließlich zum Erbrechen.
Patienten mit Emetophobie entwickeln vor diesem körperlichen Reflexmechanismus eine unverhältnismäßig starke Angst, die sich zu einer Phobie festigt. Dabei fürchten sie sowohl ihr eigenes Erbrechen, als auch das Erbrechen anderer Personen oder eine Konfrontation mit der Thematik Übelkeit. Die Angst, sich übergeben zu müssen, ist bei Emetophobikern so stark ausgeprägt, dass es alleine durch ihre Erwartungsangst zu körperlichen Symptomen wie Übelkeit und Bauchschmerzen kommt. Phobische Angst vor dem Erbrechen kann also über die zwanghafte Fokussierung auf das Thema überhaupt erst zum Erbrechen führen. Außerdem entwickeln Betroffene durch ihre Phobie ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten. So gehen sie Situationen aus dem Weg, die rein theoretisch zu Übelkeit, Ekel oder Erbrechen führen könnten. Das Vermeidungsverhalten kann zu großen Problemen im Privat- und Berufsleben führen und sich bis zur sozialen Isolation steigern.
Ursachen für eine Erbrechensangst
Die genauen Ursachen, die zur Entstehung einer Emetophobie führen, sind derzeit noch nicht bekannt. Es gibt daher nur wenige Erklärungsansätze:
- traumatische Erfahrungen: Häufig scheinen Betroffene mit phobischer Angst, sich übergeben zu müssen, bereits in der Kindheit ein traumatisches Erlebnis erfahren zu haben. Wenn es dabei zu starker Übelkeit oder Erbrechen gekommen ist, stellt dies oft die Basis dar. Dies kann zum Beispiel schon beim bloßen Anblick von Erbrochenem oder einer mit vermehrtem Erbrechen verlaufenen Magen-Darm-Grippe der Fall gewesen sein. Die kindliche Wahrnehmung ist für gewöhnlich wesentlich sensibler als die von Erwachsenen. Deshalb werden solche Erfahrungen als sehr tragisch, wenn nicht sogar traumatisch empfunden. Im Erwachsenenalter bleibt der kindliche Erfahrungswert dann als Trauma gespeichert, wenn er nicht therapeutisch verarbeitet wird.
- emotionale Prädisposition: Personen, die eine verstärkte Neigung zu Ekelreaktionen aufweisen, sind prädisponiert für die Entwicklung einer Emetophobie. Abermals spielen hier besondere Sensibilitäten in der Gefühlswelt eine Rolle. Diese müssen bei emotionaler Prädisposition allerdings nicht zwingend im Kindesalter ihren Ursprung haben.
Symptome bei Emetophobie
Kommt es bei Phobikern mit Angst vor dem Übergeben zu einer Angstattacke, so geht diese meist auch mit körperlichen Symptomen einher. Sie werden durch die ausgeprägte Erwartungsangst der Betroffenen hervorgerufen. Dabei kommen vor allem Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und ein durch Panik beschleunigter Puls vor. Diese Angst besteht dabei nicht nur vor dem eigenen Erbrechen, sondern auch vor dem potentiellen Erbrechen anderer. Insgesamt können bei Erbrechensangst folgende Symptome aufkommen:
- panische Angst
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Durchfall
- Reizdarm
- Reizmagen
- Sodbrennen
- Erbrechen
- Herzrasen
- beschleunigter Puls
- Atemlosigkeit
- Schwindel
- Schweißausbrüche
Die genannten Symptome können bei betroffenen Emetophobikern bereits von harmlosen Körperreaktionen wie Verdauungsgeräuschen oder Hunger hervorgerufen werden. Außerdem fallen Betroffene durch ihr symptomatisches Vermeidungsverhalten auf. Dieses kann soweit führen, dass Emetophobiker selbst enorme soziale Einschränkungen in Kauf nehmen, um Kontakt zu Personen zu vermeiden, die verstärkt zum Erbrechen neigen (z.B. Schwangere, Kinder oder Senioren).
Diagnose und Therapie bei Angst vorm Erbrechen
Aufgrund der bei Emetophobie auftretenden Symptomatik wird die Angststörung häufig verkannt. Stattdessen werden meist Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes als Auslöser von Bauchkrämpfen und Übelkeit vermutet. Dies erschwert die Diagnose der Erbrechensangst zusätzlich. Von Psychologen wurde deshalb ein umfassender Fragebogen (Emetophobia Questionnaire) entwickelt, der eine phobische Angst vorm Erbrechen erkennbar machen soll. Neben der positiven Beantwortung von Schlüsselfragen müssen bei Betroffenen außerdem auffälliges Verhalten wie Panik und ein ausgeprägter Vermeidungswunsch diagnostiziert werden.
Konnte die Phobie durch einen Psychologen festgestellt werden, erfolgt die Behandlung anschließend in Form einer individuell mit dem Patienten aufgestellten Psychotherapie. Diese soll dem Patienten einen positiven Umgang mit seiner Angst ermöglichen und ihn Schritt für Schritt zurück in ein normales Leben überführen. Meist wird dabei eine Kombination aus folgenden Therapien angewandt:
- Gesprächstherapie: Um die Ursachen für die phobische Angst zu ergründen, ist häufig ein ausführliches Gespräch notwendig, das sich nicht nur auf eine anfängliche Anamnese beschränkt. Die Diagnose einer Erbrechensangst kann also deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als manch andere Erkrankungen. Dabei geht es neben der Ursachenforschung auch darum, dem Patienten die Gründe für seine Angst aufzuzeigen. Das Patientengespräch ist hier also Untersuchung und Therapie zugleich.
- Konfrontationstherapie: Innerhalb einer kognitiven Verhaltenstherapie wird eine Strategie zum Umgang mit der Angst erarbeitet. Sie soll es dem Patienten ermöglichen, beim Auftreten von Angstgedanken diese zu bewältigen. Dabei werden Betroffene unter Beistand eines Psychologen auch gezielt mit Situationen konfrontiert, die bei ihm zum Ausbruch von Angst- und Panikattacken führen.
- Eigenwahrnehmung: Um die Konfrontationstherapie zu unterstützen, empfiehlt es sich, die eigene Körperwahrnehmung des Patienten zu verbessern. Durch Atemtechniken und progressive Muskelentspannung kann der Patient erlenen, tatsächliche Übelkeit von einer psychisch motivierten Übelkeit aus Angst zu unterscheiden. Zusätzlich wird es dadurch möglich, erneut eine positive Selbstwahrnehmung zu erlernen.
Emetophobie – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Eine zur Phobie verfestigte Angst vorm Erbrechen kann bei Betroffenen ernste Essstörungen und starkes Untergewicht provozieren. Sie verzichten aus Angst vor Übelkeitsgefühlen auf eine ausgewogene und ausreichende Ernährung. Das ausgeprägte Vermeidungsverhalten der Phobiker begünstigt außerdem soziale Isolation. Hierdurch entwickeln sich gerne Depressionen und weitere Probleme.
- Um auftretende Übelkeit bereits im Voraus zu verhindern, kann es bei Menschen mit Angst vor dem Erbrechen auch zu Medikamentenmissbrauch kommen. Vor allem zu Säureblockern, Antiemetika oder Beruhigungsmitteln greifen Emetophobiker auffallend oft.
- Um derartige Folgen zu vermeiden und einen kritischen Verlauf der Emetophobie zu verhindern, sollte die Angststörung frühzeitig therapeutisch behandelt werden. Hilfsmittel wie angenehm duftende Öle (z.B. Pfefferminzöl oder Mandarinenöl) schaffen zusätzlich in kritischen Situationen ein positives Gefühl. Dies kann das Aufkommen von Angst- und Panikattacken unterbinden. Auch scharf schmeckende Kaugummis können präventiv gegen neue phobische Schübe wirken.
Fazit
Bei einer Emetophobie leiden Betroffene unter panischer Angst vor dem eigenen Erbrechen, dem Erbrechen anderer Personen oder auch einer Konfrontation mit der Thematik Übelkeit im Allgemeinen. Vermutlich ist für diese Phobie ein traumatisches Kindheitserlebnis im Zusammenhang mit Übelkeit und Erbrechen verantwortlich. Auch bestimmte Sensibilitäten in Sachen Ekelgefühl begünstigen eine phobische Angst davor, sich übergeben zu müssen. Behandelt wird die Angststörung in einer gezielten Psychotherapie, die neben Gesprächstherapien zur Verarbeitung auch Konfrontations- und Selbstwahrnehmungstraining vorsieht. Die Behandlung der Phobie ist äußerst wichtig, denn ohne geeignete Therapie können Emetophobien zu sozialen und gesundheitlichen Problemen, wie etwa Isolationsverhalten und Essstörungen führen.