Wer unter einer Eiweißallergie leidet, hat meist nicht nur Probleme damit, eiweißreiche Lebensmittel zu sich zu nehmen. Auch die Gesundheit kann im Zuge der Allergie stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Schließlich ist für den Körper eine ausreichende Eiweißzufuhr unerlässlich. Wie genau es zu Eiweißallergien kommt und welche Symptome sie hervorruft, erfahren Sie in diesem Ratgeber. Zusätzlich erklären wir, was Patienten mit Eiweißallergie tun können, um ihre Gesundheit zu erhalten.
Wie entstehen Eiweißallergien?
Eiweiß (Protein) ist der Grundbaustein zahlreicher Körperstoffe wie Muskeln oder Knochen. Von Haut-, Haar- und Gewebezellen bis hin zu roten Blutkörperchen, Antikörpern, Enzymen und Hormonen sind viele Bestandteile unseres Körpers aus Eiweiß aufgebaut. Um deren Funktionalität zu erhalten, müssen dem Körper über die Ernährung ausreichend Proteine zugeführt werden. Ansonsten kann es zu schweren Gesundheitsproblemen kommen.
Liegt nun eine Eiweißallergie vor, so erkennt das Immunsystem körperfremde Proteine irrtümlicherweise als feindliche Stoffe. Bestimmte Eiweißvarianten, die in der Nahrung vorkommen, können deshalb nicht mehr verzehrt werden. Sie lösen nämlich allergische Reaktionen und Symptome, wie zum Beispiel Verdauungsbeschwerden und Hautirritationen (z.B. Hautausschlag, Neurodermitis oder Nesselsucht) aus. Je nach Art der Allergie erregenden Proteine muss dabei zwischen verschiedenen Formen von Eiweißallergien unterschieden werden:
- Hühnereiweißallergie – Der Patient ist gegen Proteine allergisch, die sich im Hühnerei bzw. Eiklar befinden. Hierzu zählen vor allem Ovomukoid, Avalbumin, Ovotransferrin und Lysozym. Dabei sei erwähnt, dass Personen, die eine Hühnereiweißallergie aufweisen, nicht nur auf das Hühnerei selbst, sondern auch auf Hühnerfleisch und andere Geflügeleier allergisch reagieren. Besonders häufig tritt die Hühnereiweißallergie bei Säuglingen und Kleinkindern auf.
- Kuhmilchallergie – Die Allergie richtet sich gegen bestimmte Proteine in Kuhmilch, darunter Casein, Laktoglobulin, Laktoferrin und Lactalbulmin. Wie die Hühnereiweißallergie zeigt sich auch eine Milcheiweißallergie oft schon im Kindesalter. Verwechselt wird die Milcheiweißallergie häufig mit einer Milchzuckerallergie (Laktoseintoleranz).
- Fisch- und Meeresfrüchteallergie – Fisch und Meeresfrüchte gehören bekanntlich zu den eiweißreichsten Lebensmitteln überhaupt. Vor allem das in Meeresfrüchten enthaltene Protein Tropomyosin sorgt dabei sehr häufig für allergische Reaktionen. Symptome wie Übelkeit und Erbrechen nach dem Verzehr von Fisch oder Meeresfrüchten müssen also nicht zwingend ein Anzeichen für verdorbene Lebensmittel sein. Gelegentlich steht auch einfach eine Eiweißallergie hinter den Beschwerden.
- Pflanzen- und Getreideeiweißallergie – Die Allergie entsteht durch Proteine in verschiedenen Getreidesorten. Am bekanntesten ist hier die sogenannte Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), bei der Patienten allergisch auf die im Getreide vorkommenden Klebereiweiße reagieren. Sie sind auch als Gluten bekannt und führen heute vermehrt zu Eiweißallergien. Daneben können auch Proteine in anderen pflanzlichen Lebensmitteln, etwa in Bohnen, eine Pflanzeneiweißallergie auslösen.
Ursachen für eine Eiweißallergie
Die Ursachen für Eiweißallergien sind bislang noch nicht vollständig geklärt. Häufig werden bestehende Pollen- und Lebensmittelallergien für die Allergie verantwortlich gemacht, die beim Verzehr bestimmter Eiweiße zu Kreuzallergien führen. Allerdings kann eine Eiweißallergie auch gesondert auftreten. Somit muss sie nicht zwingend mit dem Verzehr eiweißhaltiger Lebensmittel in Verbindung stehen. Hier ein kleiner Überblick zu denkbaren Auslösern:
- genetische Disposition: Laut Studien ist Hühnereiweißallergie bei etwa 35 % aller betroffenen Kinder und 14 % aller erwachsenen Patienten die Ursache für weitere Allergien gegen Lebensmittel und Autoimmunerkrankungen. Dazu gehören zum Beispiel Neurodermitis oder Nesselsucht. Auch die Kuhmilchallergie ließ sich mit einer immunologischen Störung in der Ausschüttung sogenannter IgE-Antikörper in Verbindung bringen. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil der Eiweißallergien durch genetische Mutationen ausgelöst werden. Diese provozieren das Immunsystem zu allergischen Reaktionen gegen bestimmte Proteine.
- bestehende Sensibilitäten im Kindesalter: Eiweißallergien entstehen häufig schon im frühen Kindesalter. Dabei scheint die Zeit nach dem Abstillen des Kindes von besonderer Bedeutung zu sein. In vielen Fällen manifestiert sich eine Allergie gegen Hühnerei- oder Milcheiweiß nämlich dann, wenn Kinder von Muttermilch auf kuhmilchhaltige Beikost oder mit Hühnereiklar versetzte Pulvernahrung umgestellt werden. Das kindliche Immunsystem scheint also besonders sensibel auf diese Umstellung zu reagieren.
- eiweißhaltige Substanzen: Eiweißallergene können sich nicht nur in Lebensmitteln verstecken. Auch Impfstoffe (z.B. Grippeimpfstoffe) und Medikamente bestehen nicht selten aus Proteinverbindungen, die unter anderem aus Hühnerembryonen gewonnen werden. Als Auslöser einer Hühnereiweißallergie sind demnach auch Behandlungen mit Arzneimitteln und Schutzimpfungen denkbar. Ebenso kommen eiweißhaltige Pflegeprodukte und Kosmetika als Auslöser einer Allergie in Frage.
- weitere Risikofaktoren: Im Erwachsenenalter kann Alkoholkonsum, aber auch Stress zu einer Eiweißallergie führen. Auch Mangeldiäten, radikale Ernährungsumstellungen sowie ein erhöhter Dauerkonsum eiweißhaltiger Lebensmittel ist als Ursache für die Allergie nicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass vor allem Fertigprodukte häufig große Mengen an Gluten, Hühnerei- und Milchproteinen enthalten.
Symptome bei Eiweißallergien
Die Symptome einer Eiweißallergie basieren oft auf allergischen Hautreaktionen und Verdauungsproblemen. Vor allem Magenschmerzen, Durchfall, Nesselsucht und das als Neurodermitis bekannte Atopische Ekzem lassen sich im Zuge der Allergie häufig beobachten. Die Hühnereiweißallergie provoziert daneben immer wieder einen anaphylaktischen Schock. Bei Kuhmilchallergie treten neben Nesselsuch und Magen-Darm-Beschwerden auch häufig Atembeschwerden ein. Bei Getreideeiweißunverträglichkeit sind sogar Symptome wie Glossitis, Zahnschmelzabbau, Gelenkentzündungen und Blutarmut denkbar. Insgesamt müssen Sie bei Eiweißallergien mit folgenden Symptomen rechnen:
- allergische Hautreaktionen
z.B. Juckreiz, Hauttrockenheit, Rötungen, Nesselsucht oder Neurodermitis - Magen-Darm-Beschwerden
z.B. Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und kolikartige Bauchschmerzen - Atembeschwerden
z.B. allergische Rhinitis, Asthma bronchiale, Atemnot oder Atemwegsinfekte - Knochen- und Gelenkbeschwerden
z.B. Gelenkentzündungen, Knochenschmerzen oder Osteopenie - Herz- und Kreislaufbeschwerden
z.B. Blutarmut, Unruhe oder Müdigkeit - Veränderungen im Mundraum
z.B. Glossitis, Zahnschäden oder Veränderungen der Mundschleimhaut
Diagnose und Behandlung bei Eiweißallergie
Die Diagnose einer Eiweißallergie erfordert zunächst eine ausführliche Anamnese durch einen Allergologen. In dieser werden vor allem erbliche Faktoren ermittelt. Liegen innerhalb der Familie zum Beispiel bereits Fälle von Neurodermitis, Pollen- oder Lebensmittelallergien vor, so erhöht sich das Allergierisiko vor allem bei Kindern drastisch. Auch die Ernährung wird im Zuge des Gesprächs abgeklärt. Bei Milcheiweißallergie hilft zusätzlich eine Provokationsdiät, bei der sich gezielt milchfrei ernährt wird, um zu sehen, ob bestehende Symptome abklingen. Der Betroffene bzw. die Eltern des betroffenen Kindes müssen während der Provokationsdiät natürlich sorgfältig Tagebuch über sämtliche Körperreaktionen führen.
Ergänzend zu Anamnese und Provokationsdiät können Haut- und Bluttests Aufschluss über bestehende Allergien geben. Als Hauttest wird hier häufig der sogenannte Pricktest angewandt. Dabei bringt der Arzt geringe Mengen eines bestimmten Allergens in die Haut ein und beobachtet anschließend die Hautreaktion. Im Rahmen eines Bluttests lassen sich die IgE-Werte bestimmter Antikörper ermitteln, die bei einer Allergie gegen Hühnerei-, Milch- oder Pflanzeneiweiß entstehen. Ließ sich ein verlässlicher Befund stellen, sind folgende Maßnahmen zur Behandlung möglich:
- Meidung von Eiweißallergenen: Die wichtigste Gegenmaßnahme bei bestehenden Eiweißallergien ist natürlich das Weglassen der entsprechenden Lebensmittel. Welche Nahrungsmittel hier im Einzelnen zu meiden sind, müssen Allergietests vorab zutage fördern. Des Weiteren sollte auch bei Getränken, Medikamenten, Impfstoffen, Pflegeprodukten und Kosmetika darauf geachtet werden, dass die Produkte keine Eiweißallergene beinhalten.
- alternative Ernährung: Vollständig auf Proteine zu verzichten, ist natürlich keine Option für eine gesunde Ernährung. Trotz Allergie ist Eiweiß für den Körper unverzichtbar. Deshalb müssen bei bestehenden Eiweißallergien gesunde Alternativen gefunden werden. Wer an einer Hühnereiweißallergie leidet, kann hier womöglich auf Fisch und Meeresfrüchte umsteigen. Bei Glutenunverträglichkeit helfen glutenfreie Produkte aus Getreide wie Amarant, Johannisbrotkernmehl, Quinoa, Hirse oder Buchweizen. Im Falle einer Kuhmilchallergie sind Ersatzprodukte wie Mandelmilch, Ziegenmilch oder Stutenmilch zu empfehlen. Sojamilch und Sojaprodukte dagegen sind gerade für Kinder mit Eiweißallergie nicht zu empfehlen. Da die Inhaltsstoffe der Sojabohne eine hormonähnliche Wirkung besitzen, könnte dies eine zusätzliche Belastung für den kindlichen Stoffwechsel bedeuten.
- Hyposensibilisierung: Die Desensibilisierung ist bei einer Allergie gegen tierische oder pflanzliche Proteine nicht immer erfolgreich. Nur Kuhmilchallergien sprechen gut auf die Hyposensibilisierung an. Dabei wird Betroffenen über einen längeren Zeitraum Milch in steigender Dosis bis zu einer Endmenge von 250 ml verabreicht. So lässt sich die Toleranz des Patienten erhöhen. Wichtig ist hierbei, dass Betroffene auch nach einer erfolgreichen Desensibilisierung weiterhin täglich Kuhmilch zu sich nehmen, um den Gewöhnungseffekt zu erhalten.
Eiweißallergie – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Eiweißallergien, die im Kindesalter aufgrund erhöhter Sensibilität des kindlichen Immunsystems entstehen, verschwinden oftmals bis zum 10. Lebensjahr von selbst. Anders sieht es bei Eiweißallergien im Erwachsenenalter aus. Diese bleiben oft ein Leben lang bestehen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie durch bestimmte Risikofaktoren (z.B. Alkoholkonsum oder übertriebene Eiweißzufuhr) selbst herbeigeführt wurden.
- Komplikationen entstehen bei einer Eiweißallergie maßgeblich durch die eingeschränkte Lebensmittelauswahl. Ferner können Symptome wie Nesselsucht oder Neurodermitis zu einer starken Belastung für Patienten werden. Unter Umständen muss deshalb auch eine intensive Behandlung der Symptome stattfinden, um die Lebensqualität des Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
- Vorbeugen lässt sich einer Eiweißallergie nur bedingt. So können Erwachsene zum Beispiel Risikofaktoren meiden, die eine Allergie künstlich herbeiführen. Müttern von zu stillenden Kleinkindern ist zu empfehlen, die Nahrung ihres Kindes nur schrittweise und in langsam steigenden Dosen mit eiweißhaltigen Abstill- und Beikostprodukten zu ersetzen.
Fazit
Eiweißallergien können für die Gesundheit des Patienten ein herber Schlag sein. Nicht nur, dass Symptome wie Verdauungs-, Atem-, Haut- und Herz-Kreislauf-Beschwerden sehr bedenklich sind, kann auch die eingeschränkte Auswahl an eiweißhaltigen Lebensmitteln für den Körper zur Belastungsprobe werden. Dieser braucht das Eiweiß nämlich dringend, um seine Organ-, Stoffwechsel- und Gewebefunktionen aufrecht zu erhalten. Ebenso kommen Blut, Knochen und Haare nicht ohne Eiweiß aus. Wichtig ist darum, frühzeitig zu klären, gegen welche Proteine ein Patient im Detail allergisch ist. So lässt sich die Ernährung mit geeigneten Alternativen ergänzen. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Allergie- und Bluttests sowie gezielte Provokationsdiäten. Diese können den Unruhestifter unter den Proteinen zuverlässig ausfindig machen.