Der Begriff Sanfte Geburt wurde durch den französischen Geburtshelfer und Gynäkologen Frederick Leboyer Anfang der 1980er Jahre bekannt. Dieser Gynäkologe wurde im Jahr 1918 geboren und wird als der Schöpfer der sanften Geburt angesehen. Die Würde der Frau war für ihn ein sehr bedeutendes Thema und er forderte dazu auf, die Technik und auch das medizinische Personal in der Zeit der Entbindung zurückzurufen.
In Österreich waren es die Gynäkologen Michael Adam, Wolf Jaskulski und Volker Korbei, die den Umdenkprozess in der Geburtshilfe antrieben. Alle genannten Gynäkologen stehen für eine Selbstbestimmung der Frau während der Entbindung ein und sind die bekanntesten Namen im Zusammenhang mit der sanften Geburt.
Welchen Sinn hat die sanfte Geburt?
Bei einer sanften Geburt ist es ausschlaggebend, dass die Kinder in einer liebevollen Atmosphäre, ganz stressfrei, zur Welt kommen. Der Wechsel zwischen dem Leib der Mutter und der äußeren Welt soll möglichst sanft erfolgen. Das heißt nicht, dass der Geburtsvorgang schmerzfrei erfolgt, denn bei nichts anderem werden solche Kräfte und auch Schmerzen abverlangt. Jedoch sollten alle Personen, die bei der Geburt dabei sind, ihr Bestes versuchen, um in der Umgebung von der werdenden Mutter und dem noch ungeborenen Baby eine ruhige, entspannte Stimmung zu schaffen, damit beide sich geschützt und geborgen fühlen. Ein weiterer, wichtiger Punkt ist, dass dem Baby viel Zeit eingeräumt wird, sich von der anstrengenden Geburt zu fangen. Diese Zeit ist sehr wichtig, damit sich das Neugeborene an das neue Dasein gewöhnen kann. Auch die Schwangere trägt oft von Schmerzen in der Geburt ein großes Trauma mit sich herum, das es erst einmal aufzulösen gilt. Auf dieses Thema verweist auch dieser Artikel.
Zahlreiche Frauen klagen nach der Schwangerschaft über eine schlechte Haut, da sich das Gewebe stark gedehnt hat. Doch die normale Gewebestruktur kann der Körper normalerweise innerhalb von wenigen Wochen wiederherstellen.
Wichtige Maßnahmen bei einer sanften Geburt:
- Das Entbindungszimmer (Kreißsaal) ist gemütlich und warm eingerichtet. Es gibt keine Neonröhren an der Decke und das Licht ist gedimmt.
- Der Kreißsaal ist herzlich eingerichtet, denn die Schwangere soll sich geborgen fühlen.
- Es wird nur dann zu medizinischen Maßnahmen gegriffen, wenn es nicht anders gehen sollte. Im besten Fall kann die Schwangere ihr Baby ohne medizinische oder ärztliche Hilfe zur Welt bringen.
- Vertraute Personen, wie zum Beispiel nahe Verwandte oder der Lebenspartner, dürfen während der Entbindung die werdende Mutter unterstützen und ihr Kraft geben.
- Nach der Entbindung wird das Baby direkt auf den Bauch der Mutter gelegt. Wenn die Geburt ohne Zwischenfälle verlaufen ist und das Baby gesund ist, darf die Nabelschnur auspulsiert werden. Dadurch wird dem Baby die Umstellung auf eine eigenständige Atmung erleichtert.
- Die frischgebackene Mutter und ihr Kind haben sehr viel Zeit, sich langsam und genau kennenzulernen. Aus diesem Grund wird das Neugeborene schon nach kurzer Zeit auf die Brust der Mutter gelegt. Gewogen, gebadet und gemessen wird das Kind erst später.
- Ein sanfter Umgang mit dem neugeborenen Kind ist der wichtigste Punkt. Frederic Leboyer ist es zu verdanken, dass dieser Stil des Gebärens in deutschen Gebieten angewandt wird. In den meisten Krankenhäusern wird es sogar als selbstverständlich betrachtet. Sehr lange Zeit wurde die Geburt als unnatürlich angesehen und sollte unter strenger, medizinischer Überwachung sein. Des Weiteren war es den Frauen lange Zeit nicht erlaubt, eine andere Stellung als die liegende einzunehmen. Ein neugeborenes Kind wurde sofort nach der Geburt abgenabelt und die Mutter konnte ihr Kind erst dann in den Armen halten, wenn es gewogen, gemessen und gewaschen war.
Tipps und Tricks für eine sanfte Geburt:
Die richtige Geburtsposition ist der Beginn einer sanften Geburt. Der Großteil der werdenden Mütter bringen ihr Kind immer noch in der Rückenlage zur Welt. Doch es gibt Positionen, die natürlicher und einfacher für die Schwangere sind:
- Knien
- Stehen
- Hocken
- Sitzen
Durch den natürlichen Druck des Babykopfes und die Erdanziehungskraft öffnet sich in diesen Positionen der Muttermund etwas mehr als in der Rückenlage. Bei einer Geburt im Stehen zieht sich die Gebärmutter stark zusammen, dadurch hat die Schwangere mehr Kraft zum Pressen und die Geburt verkürzt sich.
Sehr populär ist das Gebären unter Wasser. Die sanfte Geburt unterstützt eine Geburt unter Wasser, denn durch die angenehmen Temperaturen des Wassers, können sich die Gebärenden gut entspannen. Statistiken haben gezeigt, dass bei Geburten unter Wasser weniger Komplikationen auftreten.
Gott sei Dank haben die meisten Kliniken in den vergangenen Jahrzehnten, beziehungsweise Jahren, ihre Abteilungen für die Geburten umgestaltet. Frische und freundliche Farben und gedimmtes, warmes Licht sorgen dafür, dass der Kreißsaal zu einem Ort wird, an dem sich die Gebärende, aber auch das Neugeborene, wohlfühlen können.
Der Respekt gegenüber der Mutter und dem Kind ist sehr eng mit der sanften Geburt verbunden. Diese Geburtsart schätzt die Menschenliebe und die Hoffnung.
Trotz allem ist die medizinische Technik und die medizinischen Fachkräfte nicht strikt abzulehnen oder als geburtenfeindlich zu betrachten. Wenn es Komplikationen bei der Geburt gibt oder es dem Kind schlecht geht, sind die Saugglocke, die Zange und auch der Kaiserschnitt fixer Bestandteil der sanften Geburt. Das Wichtigste bei einem Geburtsvorgang sind die Mutter und ihr Kind. Sie sind der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.