Nach dem Vorschlag der American Psychiatric Association (APA) erfährt die Krankheit Depression ein vollkommen überarbeitetes Erscheinungsbild. Inwieweit sind auch deutsche Patienten davon betroffen?
Was kennzeichnet Depression?
Laut der aktuellen ICD-10 — der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme — handelt es sich bei dem Krankheitsbild der Depression um eine affektive Störung, die als Hauptsymptom eine deutliche Veränderung der allgemeinen Stimmung eines Patienten aufweist. Die Stimmungsveränderung kann in Form von Niedergeschlagenheit auftreten, dann jedoch ohne für Außenstehende erkennbaren Anlass in eine Hochstimmung wechseln. Nicht selten werden Depressionen von Ängsten begleitet. Die Ursachen, die zur Entstehung einer Depression führen, sind noch nicht vollständig erforscht. Neben persönlichen Schicksalsschlägen sind genetische Ursachen denkbar, geraten neurobiologische Faktoren in den Fokus und stehen verschiedene weitere Modelle zur Diskussion.
Problematik bei der Diagnose
Anders als andere Erkrankungen lässt sich eine Depression nicht im Blutbild bestimmen oder durch laborgestützte Untersuchungen nachweisen. Die ICD-10 sieht zur Diagnose das Ausschlussverfahren vor: Zunächst muss der Behandelnde andere – auch organische – Ursachen ausschließen, die ebenfalls mit einem Stimmungswechsel assoziiert sind. Lassen sich keine solchen Auslöser feststellen und sind alternative Erklärmodelle nicht vorhanden, wird er eine Depression diagnostizieren, insofern dafür passende Verhaltensweisen am Patienten feststellbar sind. Hier hat nun die APA eine Reihe von Faktoren neu aufgenommen, die ebenfalls die Diagnose Depression erlauben.
Aktuelle Symtome laut ICD-10
Die Liste der Symptome, die die ICD-10 für Depressionen nennt, ist lang. Je nachdem, wie viele der genannten Erscheinungen der Patient zeigt, handelt es sich um eine leichte, mittelgradige oder schwere (depressive) Episode.
Insbesondere zeigen Patienten:
- gedrückte Stimmung – verminderter Antrieb – mangelnde Aktivität – Verlust der Fähigkeit zur Freude
- Interesse und Konzentration sind gemindert.
- ausgeprägte Müdigkeit kann auftreten
- oft ist der Schlaf gestört – verminderter Appetit
- Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl sind getrübt
- Schuldgefühle
- Fragen zum eigenen Wert treten auf
- die niedergeschlagene Stimmung verändert sich kaum
- der Patient reagiert nicht auf Lebensumstände
- Interessenverlust oder Verlust der Freude
Zusätzlich kann es zu weiteren Störungen kommen.
Die hier genannten Erscheinungsformen sind sicher allen Personen bekannt. Gehen sie einher mit einem vorübergehenden Stimmungstief, sind sie keinesfalls krankhaft. Werden sie jedoch zum anhaltenden Zustand, gilt das Krankheitsbild als entwickelt und der Patient muss Behandlung erfahren.
Die Neuerungen durch die APA
Um die ICD-10 zu entwickeln, wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zusammenarbeit der Ärzte aller Länder angestrebt. Insofern fließen womöglich bald auch die Erkenntnisse der APA mit in die ICD-10 ein. Die APA hat nun neue Kennzeichen für die Diagnose Depression erstellt, die eventuell die ICD-10 erweitern können. Die APA nennt in ihrem DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) unter anderem folgende Erscheinungsformen als zugehörig zu einer Depression:
- Trauer, länger als zwei Wochen selbst bei Todesfall – AD(H)S
- starke Wutausbrüche bei Kindern
- ständiges Kratzen an der Haut
- Kontrollverluste beim Essen
- starke Menstruationsbeschwerden
- Spielsucht
- Messie-Syndrom
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Lob und Kritik
Nicht jeder freut sich über die Erweiterung, die nach APA zumindest in den USA wohl Standard werden. Viele der Symptome werden nicht von allen Fachkräften dem Krankheitsbild der Depression zugerechnet. Insgesamt bleibt abzuwarten, wie und ob die WHO nun die Kriterien der ICD-10 verändern wird.