Ein rätselhafter Blauton der Finger oder Fingerkuppen sorgt bei Betroffenen schnell für Beunruhigung. In einigen Fällen sollte er das auch, denn neben einer leichten Durchblutungsstörung kommen für blaue Finger auch ernste Lungen-, Herz- und Gefäßerkrankungen wie Asthma, Morbus Raynaud oder ein Herzklappenfehler in Frage. Lesen Sie hier mehr zu den Gründen für die Blaufärbung der Fingerglieder sowie zu geeigneten Möglichkeiten der Behandlung.
Wie entstehen blaue Finger?
Im Gegensatz zur zentralen Zyanose, welche die Blaufärbung herznaher Organe und Körperteile (z.B. Lunge, Lippen oder Zunge) beschreibt, sind blaue Finger oder Fingerkuppen das Symptom einer peripheren Zyanose. Man spricht in diesem Fall auch oft von Akrozyanose, da neben den Fingern noch weitere Körperanhänge (Akren), etwa die Zehen, Nase oder Ohren betroffen sein können. Unabhängig davon, ob es sich um eine zentrale oder periphere Form der Zyanose handelt, geht die blaue Färbung der Körperteile dabei auf einen Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxie) zurück. Dieser sorgt dafür, dass sich der eigentlich rote Blutfarbstoff Hämoglobin bläulich verfärbt. Grund für die veränderte Blutfärbung ist eine vermehrte Freisetzung von Sauerstoffmolekülen in den Eisenverbindungen des Hämoglobins (Desoxygenierung).
Von außen sichtbar wird eine Zyanose, wenn sich 5 g oder mehr desoxygeniertes Hämoglobin in 100 ml Blut befinden. Dabei setzt zunächst meist eine primäre Zyanose ein. Sobald das sauerstoffarme und bläulich verfärbte Blut jedoch die feinen Kapillargefäße erreicht, welche sich vor allem in den Körperanhängen sehr zahlreich befinden, ist die Akrozyanose der nächste Schritt. In manchen Fällen können auch nur die Kapillargefäße bestimmter Akren betroffen sein. Als Ursachen für blaue Finger gelten dabei folgende Auslöser:
- Durchblutungsstörungen: Eine Durchblutungsstörung betrifft nicht allein die großen Blutgefäße des Körpers. Kommt es im Zuge verengter Gefäße zum Beispiel zu einem verringerten Sauerstofftransport im Blut, so beeinträchtigt dies auch die Sauerstoffversorgung kleinerer Kapillargefäße. Ein gutes Beispiel ist hier die als Raynaud-Syndrom bekannte Gefäßerkrankung Morbus Raynaud. Das Syndrom ist durch krampfartige Verengungen der Blutgefäße gekennzeichnet, wobei sich während einem Krampfanfall vor allem die Kapillaren der Zehen und Finger durch einen Mangel an Sauerstoff verfärben. Üblicher Weise entstehen bei Morbus Raynaud zuerst die sogenannten Leichenfinger. Sie bezeichnen stark weiß verfärbte Finger oder Fingerkuppen aufgrund von Minderdurchblutung. In der zweiten Phase macht sich das Syndrom dann durch eine Zyanose bemerkbar, weil die krampfartige Gefäßverengung die Sauerstoffversorgung des Blutes vorübergehend stark reduziert. Weitere Erkrankungen, die über Durchblutungsstörungen zu Zyanose im Bereich der Finger führen können, sind Dyshidrosis, Kryoglobulinämie, Arteriosklerose und ein zu hoher Blutdruck.
- Herz- und Lungenerkrankungen: Neben einer gefäßbedingten Durchblutungsstörung kommen für eine periphere Zyanose auch Herzkrankheiten wie Herzinsuffizienz oder Herzklappenfehler in Frage. Des Weiteren sind Lungenerkrankungen wie Asthma oder Bronchitis nicht als Ursache für blaue Finger bzw. Fingerkuppen auszuschließen. Hier kommt es in der Regel zunächst zu einer primären Zyanose, die sich in blauen Lippen oder einer bläulich verfärbten Zunge äußert. Besteht der krankheitsbedingte Sauerstoffmangel im Blut aber über längere Zeit hinweg und wird nicht behandelt, so ist auch eine Akrozyanose denkbar.
- Temperaturreize: Akrozyanose entsteht vor allem bei Morbus Raynaud vermehrt unter Temperatureinflüssen zwischen 10 und 15 °C. Frisch-kühle Temperaturen begünstigen demnach die für das Syndrom typischen krampfartigen Gefäßverengungen. Darüber hinaus kommen auch extreme Minusgrade für eine Zyanose in Betracht. Kälte im Minusbereich sorgt dabei auch ohne Vorerkrankung für eine Verengung der Blutgefäße, was zwar den Blutdruck erhöht, den Blutfluss jedoch verlangsamt. Durch die verlangsamten Fließeigenschaften des Blutes wird in Folge auch der Sauerstofftransport im Blut beeinträchtigt. Dazu ist zu sagen, dass blaue Finger bei Personen ohne Raynaud-Syndrom nur durch extrem lange Einwirkung von Minusgraden entstehen. Erfrierungen und Unterkühlungen gehen hier oft mit der Blaufärbung von Fingern einher.
- Sonderfall – Verletzungen: Die Kapillargefäße der Finger sind sehr empfindlich und reißen oft schon bei geringster Gewalteinwirkung. Insbesondere Prellungen und Quetschungen am Finger sorgen hier schnell für innere Blutungen. In diesem Fall ist allerdings keine Zyanose für die blauen Stellen am Finger verantwortlich, sondern ein ganz gewöhnlicher Bluterguss.
Behandlung bei blauen Fingern
Bei einer privaten oder ärztlichen Blickdiagnose lassen sich blaue Finger und andere Anzeichen einer Zyanose meist zuverlässig feststellen. Ergänzend sollte aber auch eine Patientenbefragung erfolgen, um die Beschwerdedauer, Begleitsymptome wie Schmerzen und mögliche Vorerkrankungen abzuklären. Bei Verdacht auf Morbus Raynaud können zudem verschiedene Reaktionstests erfolgen. Oftmals wird das Syndrom hier erkannt, wenn die Hände probeweise für etwa 3 Minuten in 10 bis 12 °C kaltes Wasser getaucht werden. Andere Ursachen für blaue Finger (z.B. Durchblutungsstörungen, Herz- und Gefäßerkrankungen) lassen sich durch Bluttests, eine Durchleuchtung der Finger und bildgebende Verfahren wie Ultraschall diagnostizieren. Den Blutdruck zu messen, ist im Zuge der Untersuchung ebenfalls wichtig. Zur Behandlung blauer Finger und Fingerkuppen sind dann folgende Maßnahmen sinnvoll:
- Vermeidung von Risikofaktoren – Gerade Morbus Raynaud ist für eine ganze Reihe an Trigger-Faktoren bekannt, zu denen neben Kältereizen auch Druckbelastungen der Finger gehören. Es reicht also nicht aus, die Finger im Herbst und Winter mit wärmenden Handschuhen vor Kälte zu schützen. Auch im Frühling und Sommer, zu Zeiten der Großen Sportsaison, ist etwas zu beachten. Fingerlastige Sportarten wie Badminton, Basketball oder Tennis sind bei Raynaud-Syndrom hier nämlich zu vermeiden, um nicht unnötig Gefäßverkrampfungen durch übermäßige Druckbelastung zu provozieren.
- Medikamente – Sowohl das Raynaud-Syndrom, als auch andere Gefäßkrankheiten müssen meist durch entsprechende Medikamente therapiert werden. Auch Herz- und Lungenkrankheiten bedürfen einer sorgfältigen medikamentösen Behandlung. Welche Arzneimittel hier im Detail zum Einsatz kommen, ist natürlich von der jeweiligen Ursache abhängig. Die Gabe von Präparaten gegen hohen Blutdruck ist jedoch in vielen Fällen notwendig.
- Wärmebehandlung – Eine intensive Wärmebehandlung sollte bei blauen Fingern aufgrund von Kälteeinwirkung stattfinden. Diese kann im Übrigen äußerst schmerzhaft werden, weil die erneute Zufuhr von sauerstoffreichem und warmem Blut in kalte und blau verfärbte Finger auch die Fingernerven auf den Plan ruft. Betroffene müssen also vielleicht die Zähne zusammenbeißen, während ihre unterkühlten Finger in warmem Wasser baden oder sich an der Wärmflasche bzw. einer Tasse heißem Tee wiederbeleben.
- Sauerstofftherapie – Um die Sauerstoffsättigung im Blut zu verbessern, wird bei blauen Fingern und anderen Anzeichen von Zyanose gezielt Sauerstoff verabreicht. Dies geschieht meist über eine Sauerstoffmaske oder Nasensonde. Sauerstoff führende Katheter sind ebenfalls denkbar. Sobald das Blut wieder ausreichend mit CO² angereichert wurde, sollte sich die Blaufärbung der Finger wieder normalisieren.
Blaue Finger – Wann zum Arzt?
Blaue Akren sind immer ein Hinweis auf eine fortgeschrittene Zyanose und somit grundsätzlich ein Fall für den Arzt. Ebenso sollten aufgrund von Verletzungen blau angelaufene Finger und Fingerkuppen ärztlich untersucht werden, um größere Gewebeverletzungen sicher ausschließen zu können. Eine Ausnahme bilden Patienten mit Morbus Raynaud, die bereits gut medikamentös eingestellt sind.
Fazit
Blaue Finger bzw. Fingerkuppen sehen nicht nur ungewöhnlich aus, sie sind es auch. Denn damit sich die feinen Blutgefäße der Fingerglieder blau Färben, muss schon eine besondere Form von Sauerstoffmangel im Blut vorliegen. Diese kann zum Beispiel durch heftige Gefäßkrämpfe entstehen, wie sie für Morbus Raynaud üblich sind. Zudem rufen schwere Lungen- und Herzerkrankungen manchmal eine Durchblutungsstörung hervor, die einen Mangel an Sauerstoff im Blut bewirkt. Eine ärztliche Behandlung ist bei blauen Fingern deshalb in den meisten Fällen angezeigt, bevor die Durchblutungsstörungen ein gefährliches Ausmaß annehmen.