
Gemeinsam mit der Gebärmutter- und Scheidensenkung gehört die Blasensenkung (Descensus vesicae) zu jenen Organverlagerungen, die vor allem Frauen betreffen. Dabei können Blasensenkungen verschiedene Ursachen haben und ggf. eine Blasenentzündung oder gar Inkontinenz nach sich ziehen. Betroffene klagen außerdem über Druck- und Fremdkörpergefühle im Bereich der Blase. Lesen Sie in diesem Ratgeber mehr über die Erkrankung, ihre Ursachen sowie über geeignete Methoden zur Behandlung.
Entstehung von Blasensenkungen
Die menschliche Harnblase (Vesica urinaria oder Cystis) ist ein Hohlorgan zur Aufnahme und Ausscheidung von Urin. Gelagert ist sie im kleinen Becken und wird hier von Bauchfell umgeben. Am Grund der Blase liegt die Harnröhre (Urethra), welche durch das Blasenzäpfchen zur Blase hin abgedichtet ist. Die Harnblase selbst wiederum wird durch den Beckenboden geschützt. Dieser besteht aus Muskeln und Bindegewebe und sichert den stabilen Sitz der Blase. Bei Frauen liegen im Becken noch weitere Organe, darunter Gebärmutter und Eierstöcke. Beim Mann befindet sich die Prostata unterhalb der Harnblase.
Wird die Muskulatur des Beckenbodens durch das Alter oder durch andere Ursachen geschwächt, kann es zu einer Blasensenkung kommen. Die Blase verschiebt sich in solch einem Fall leicht nach unten oder nach hinten. Die Organverlagerung führt oft zu zahlreichen Komplikationen. Vor allem das Wasserlassen wird durch die Blasensenkung enorm gestört. Betroffen ist von einer Blasensenkung vor allem das weibliche Geschlecht. Etwa jede vierte Frau leidet an der Erkrankung, wobei sich ein Großteil (etwa 85 % der Patientinnen) aus Scham nicht traut, mit dem Problem zum Arzt zu gehen.
Ursache für eine Blasensenkung
Eine Blasensenkung beruht fast immer auf einer Vorschwächung der Beckenbodenmuskulatur. Diese Schwächung kann neben einer Senkung der Blase auch eine Darmsenkung, Gebärmuttersenkung oder Scheidensenkung hervorrufen. Oftmals begünstigen sich die vier Formen der Organsenkung auch gegenseitig. Entsprechende Einflussfaktoren können sein:
- Altersfaktoren: Eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur tritt sehr häufig im Alter auf. Wie jedes Gewebe verliert auch das Becken altersbedingt gerne an Straffheit. Dabei kann es durch eine Erschlaffung der Muskulatur dazu kommen, dass die Blase nicht mehr ausreichend vom Beckenboden gestützt wird. Die Folge ist eine Senkung der hinter dem Becken gelagerten Organe. Es kann also sowohl zu einer Blasensenkung, als auch zu einer Scheidenwand-, Gebärmutter- oder Darmsenkung kommen.
- Geburten: Während einer Geburt ist der Unterleib einer Frau enormem Druck ausgesetzt. Das Pressen stellt hier eine besondere Strapaze für die Beckenmuskeln dar und kann sie vorübergehend erschlaffen lassen. Die Blasensenkung geht hier meist mit einer Gebärmutter-, Scheidenwand- oder Scheidenstumpfsenkung einher. Auch eine Darmsenkung ist nach einer Schwangerschaft möglich.
- Veränderungen im Hormonhaushalt: Gerade in den Wechseljahren klagen viele Frauen über Organsenkungen im Beckenbereich. Grund hierfür sind hormonelle Veränderungen, die Bindegewebe und Muskulatur im Beckenbereich erschlaffen lassen. Auch hier sind verschiedene Formen der Organsenkung denkbar.
- Risikofaktoren: Zu den weiteren Risikofaktoren bei Blasen-, Scheidenwand- oder Gebärmuttersenkung gehören unter anderem Übergewicht, chronischer Husten (z.B. durch Lungenerkrankungen). Anhaltende Verstopfungen begünstigen ebenfalls eine Blasensenkung, wobei diese hier gerne in Kombination mit einer Darmsenkung auftritt.
Symptome einer Blasensenkung
Anfänglich verläuft diese Erkrankung meistens vollständig ohne Symptome. Frauen bemerken die Senkung also nicht, solange sie sich in kleinerem Ausmaße hält. Im Frühstadium wird eine Senkung der Blase deshalb meist nur durch Zufall bei einer gynäkologischen Untersuchung entdeckt. Im fortgeschrittenen Stadium weisen hingegen deutliche Beschwerden auf eine mögliche Organsenkung hin:
- Druckgefühl und Schmerzen im Unterbauch
- bisweilen starken Schmerzen
- unkontrollierter Harnverlust (Inkontinenz)
- vermehrter Harndrang
- vermehrtes Auftreten von Harnwegsinfekten (v.a. Blasenentzündung)
Diagnose und Therapie bei Blasensenkung
Um eine vollständige Diagnose treffen zu können, bedarf es bei Senkungen der Blase zunächst einer Anamnese durch einen Facharzt. Hierfür ist ein Urologe die beste Anlaufstelle. Nach der Patientenbefragung zu Beschwerden und möglichen Ursachen erfolgt eine Abtastung des Bauchraums. Durch die sogenannte Uroflowmetrie, einem Verfahren zur Messung des Harnstrahlvolumens, kann nun festgestellt werden, ob beim Patienten Entleerungsstörungen der Blase vorliegen. Die Blasensenkung selbst, ebenso wie eventuell damit einhergehende Darm-, Scheidenwand- oder Scheidenstumpfsenkung lassen sich ergänzend durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder eine Blasenspiegelung erkennen. Ein positiver Befund macht dann eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen zur Behandlung erforderlich:
- Beckenbodengymnastik: Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur sind vor allem für temporäre Gewebeschwächen sinnvoll, die im Zuge einer Geburt entstanden sind. Und auch bei altersbedingten und hormonellen Ursachen kann Beckenbodengymnastik so manche Muskel- und Bindegewebsschwächung kompensieren. Im günstigsten Fall bringen die gymnastischen Übungen Blase, Scheidenwand und andere abgesenkte Organe zurück in ihre Ausgangsposition. Nehmen Sie hier am besten die Hilfe fachkundiger Physiotherapeuten in Anspruch und lassen Sie sich bei der Wahl entsprechender Kursangebote von ihrem Urologen beraten.
- Medikamente: Liegt die Senkung der Blase im Hormonhaushalt begründet, verschreiben viele Ärzte geeignete Medikamente. In Frage kommt zum Beispiel eine Hormoncreme, die den Mangel an Östrogen in der Menopause ausgleicht. Ferner sind östrogenhaltige Vaginalzäpfchen erhältlich.
- operative Eingriffe: Zu den wichtigsten operativen Maßnahmen bei extremen Blasensenkungen zählt die Pessartherapie. Hierbei werden temporäre Stützelemente (sog. Pessare) in die Vagina oder Gebärmutter eingeführt, um stark gesenkte Organwände wie die Blasen- und Scheidenwand vorübergehend abstützen. Ist die Senkung der Harnblase bereits zu weit fortgeschritten, müssen Mediziner eventuell eine Gewebestraffung vornehmen oder synthetische Stütznetze in den Beckenboden einbringen. Das Verfahren ähnelt sehr dem OP-Verfahren nach Liechtenstein bei Leistenbrüchen.
- Hausmittel gegen Symptome: Gegen die Symptome einer Blasensenkung wie Blasenentzündung oder Inkontinenz haben sich Hausmittel als wirksam erwiesen. Bei Inkontinenz können zum Beispiel grünschalige Kürbiskerne, Bäder mit Heublumen sowie Tee aus Frauenmantel und Fenchelsamen helfen. Beliebte Hausmittel bei Blasenentzündung sind:
- Hagebuttentee
- Wärmflasche im Bereich des Unterleibs
- Salbeitee
Blasensenkung – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Blasensenkungen entwickeln sich oftmals schleichend und werden von Patienten deshalb häufig nicht sofort bemerkt. Achten Sie deshalb schon auf geringste Anzeichen, denn um die Blase wieder in ihre Ausgangsposition versetzen zu können, darf die Erkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten sein. Charakteristisch ist in vielen Fällen ein kombiniertes Auftreten von Blasen-, Darm- und Scheidensenkung. Lassen Sie bei der Symptombeurteilung deshalb auch Verdauungs- und vermeintliche Zyklusbeschwerden nicht außer Acht.
- Komplikation entstehen bei einer Blasensenkung hauptsächlich durch Folgeerkrankungen wie Inkontinenz, Blasenentzündung oder Probleme beim Wasserlassen. Zudem können auch weitere Organsenkungen für Komplikationen sorgen. Ein weiterer Grund, weshalb Descensus vesicae so rasch wie möglich behandelt werden muss.
- Vorbeugen kann man einer Blasensenkung nur durch Stärkung der Beckenbodenmuskulatur. Zu den wichtigsten Übungen gehört hier beispielsweise das An- und Entspannen der Dammmuskulatur. Ferner kann die Reduzierung von Übergewicht und das Vermeiden von Verstopfungen dabei helfen, Organsenkungen vorzubeugen.
Fazit
Die Blasensenkung kommt fast ausschließlich bei Frauen vor, da die Blase bei Männern durch die Prostata meist ausreichend gestützt wird. Zudem befinden sich im weiblichen Unterleib auch Scheide und Gebärmutter über dem Beckenboden, sodass auch diese im Zuge einer Blasensenkung häufig ihre stabile Position verlieren. Besonders häufig tritt die Blasensenkung nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause auf, wenn die Beckenbodenmuskulatur durch Druckeinwirkung bzw. hormonelle Veränderungen geschwächt wird. Da die Erkrankung im Anfangsstadium kaum Beschwerden verursacht, müssen gerade frisch gebackene Mütter und Frauen in den Wechseljahren sehr sorgsam auf Ungereimtheiten im Beckenbereich achten. Zwar sind Blasensenkungen nicht lebensgefährlich, sie können aber durch Komplikationen wie Blasenentzündung oder Inkontinenz zu einer unangenehmen Einschränkung im Alltag werden.