Donnerstag, November 21, 2024

Bipolare Störung

Bipolare Störung – Tipps und Infos zur manischen Depression

Wer gerade eben noch glücklich und zufrieden war und im nächsten Augenblick tief betrübt und antriebslos, kann diesen Zustand selten nachvollziehen. Stimmungsschwankungen kennt jeder Mensch, doch gibt es eine Erkrankung, bei der diese Schwankungen so deutlich ausgeprägt sind, dass sie einen normalen Alltag fast vollständig behindern. Personen, die unter der bipolaren Störung, auch als manisch-depressive Erkrankung bekannt, leiden, erleben ihre Emotionen besonders extrem. Für jede Stunde am Tag, in der Woche und im Jahr befinden sich die Betroffenen unter Spannung und müssen damit rechnen, dass die Stimmung innerhalb von wenigen Sekunden ins genaue Gegenteil umschlägt. Unter den Folgen der starken psychischen Belastung zerbrechen viele Betroffene. In der Tat ist das Suizidrisiko bei Personen mit einer bipolaren Störung um das Zwanzigfache erhöht.

Die Ursachen für die manisch-depressive Erkrankung

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Wie bei zahlreichen anderen psychischen Erkrankungen, ist auch bei der bipolaren Störung nicht genau bekannt, welche Ursachen ihr zugrunde liegen. Überwiegend sind vier Faktoren als möglicher Hintergrund bekannt:

  • Psychosoziale Hintergründe
  • Körperliche, medikamentöse Ursachen
  • Biologische Ursachen
  • Genetische Ursachen.

 

  • Psychosoziale Ursachen

Wissenschaftlicher und Psychologen gehen davon aus, dass die bipolare Störung durchaus durch soziale Einschnitte im direkten Lebensumfeld entstehen kann. In diesem Fall kann sich die Störung als Steigerung oder Beisymptom der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Viele Betroffene gaben an, in ihrer Kindheit unter der Scheidung der Eltern oder anderweitigen belastenden Erlebnissen gelitten zu haben. Körperliche Misshandlungen, Missbrauch und Vernachlässigung während der prägenden Kindheit spielen eine tragende Rolle. Da die Erkrankung jedoch unter Umständen erst im Erwachsenenalter auftritt, gilt ebenso der tägliche Alltagsstress als Ursache. Dennoch erkennen Forscher Parallelen und Übereinstimmungen, wenn der Betroffene erst im späten Erwachsenenalter unter der manisch-depressiven Erkrankung leidet. Im Laufe der Therapie kommt häufig heraus, dass die ersten schädigenden Einflüsse bereits auf das Kinds- und Jugendalter zurückzuführen sind.

 

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  • Biologische Ursachen

Bei Tests der betroffenen Personen kam heraus, dass der Neurotransmitterhaushalt deutlich von der Norm abweicht. Neurotransmitter sind natürliche Botenstoffe im Körper des Menschen, die üblicherweise die Weiterleitung von Impulsen über die Nervenbahnen regeln. Stark depressive Personen leiden vermehrt an einem Mangel an Serotonin und Noradrenalin, sodass Forscher vermuten, dass sich die Störung überwiegend auf die Bildung dieser Transmitter bezieht. Hinzu kommt, dass die Rezeptoren, an denen die Botenstoffe andocken, deutlich verändert ist. Während einer manischen, also extrem stimmungserhöhten Phase konnte festgestellt werden, dass die Betroffenen eine erhöhte Konzentration von Noradrenalin und Dopamin aufweisen. Als Schlussfolgerung bleibt, dass

  • der Mangel an Serotonin und Noradrenalin die depressive Phase beschreibt und
  • die hohe Konzentration von Noradrenalin und Dopamin die manische Phase unterstreicht.

 

  • Körperliche oder medikamentöse Faktoren

Es ist nicht neu, dass körperliche Erkrankungen eine Depression auslösen können. Neben schweren, lebensbedrohlichen oder das Leben stark einschränkenden Krankheiten spielen jedoch auch Störungen eine Rolle, die, wenn sie behandelt werden, zu einem fast normalen Leben beitragen. So wird vermutet, dass eine Schilddrüsenerkrankung das Auftreten der bipolaren Störung mit verursachen kann. Ebenfalls wirken Medikamente negativ auf den Hormonhaushalt ein und führen nicht selten zu depressiven oder manischen Bewusstseinsveränderungen. Beta-Blocker rufen häufig eine depressive Stimmung hervor, während Drogen und auch spezielle Beruhigungsmittel eine manische Phase hervorrufen können.

 

  • Genetische Ursachen

Mittlerweile wurde festgestellt, dass die bipolare Störung vererbbar ist. Leidet ein Elternteil an der psychischen Störung, besteht eine zehnprozentige Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ebenfalls die Erkrankung aufzeigen wird. Allerdings darf die Erkrankung nicht mit anderen Erbschäden in Verbindung gebracht werden. Wahrscheinlicher ist, dass einzig eine Veränderung der Chromosomen 21 , 4 und 18 für die Erkrankung sprechen. Diese Chromosomen regeln unter anderem den Hormonhaushalt um das Serotonin und Noradrenalin herum, Hormone, die untrennbar mit der seelischen Verfassung zusammenhängen.

Die Symptome der Erkrankung

Nachdem sich die bipolare Störung durch den Wechsel in Stimmungsschwankungen auszeichnet, gibt es keine klare Symptomatik, die stets zutrifft. Ein Merkmal ist jedoch, dass sich die Phasen der einzelnen Stimmungen häufig abwechseln und immens stark ausgeprägt sind. Generell wird zwischen drei Symptombildern unterschieden:

 

  • Die manischen Symptome:
  • Ruhelosigkeit
  • Rededrang
  • Gedankenrasen
  • Hohe Aktivität/Unruhe
  • Hemmungsverlust
  • Vermindertes Schlafbedürfnis
  • Tollkühnheit
  • Rücksichtslosigkeit

Umso länger die Symptome andauern, desto ausgeprägter ist die manische Phase. Generell müssen nicht alle Symptome auftreten; können drei Ausprägungen festgestellt werden, ist bei erkrankten Personen bereits von einem manischen Zustand die Rede.

 

  • Hypomanie:
  • Unruhe
  • Gesprächigkeit
  • Vermindertes Schlafbedürfnis
  • Konzentrationsschwäche
  • Hohes Aktivitätslevel
  • Leichtsinnigkeit
  • Gesteigerte Geselligkeit
  • Libidosteigerung

Auch hier gilt, dass nicht jedes Symptom ausgeprägt sein muss. Die hypomanische Stimmung beeinträchtigt die Lebensweise nicht unbedingt und hält häufig über mehrere Tage hinweg an. Erst, wenn die Symptome verstärkt auftreten und die Stimmung in Richtung Manie umschlägt, entsteht das tatsächliche Krankheitsbild.

 

  • Depression:
  • Niedergeschlagenheit
  • Antriebslosigkeit
  • Interessenverlust
  • Depressive Stimmungen
  • Gemindertes Selbstwertgefühl
  • Selbstvorwürfe
  • Suizidgedanken
  • Konzentrationsschwäche
  • Unentschlossenheit
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit

In der depressiven Phase müssen wiederum nicht alle Symptome auftreten. Jeder Betroffene empfindet die depressive Phase anders, doch Antriebslosigkeit, das Gefühl innerer Leere und dauerhafte Müdigkeit treten häufig in Verbindung mit der Depression auf.

Erschwerend bei den Symptomen kommt hinzu, dass sich die Zustände vermischen können. Betroffene leiden insbesondere unter dem Mischzustand, der sich anfühlt, als werden sämtliche möglichen Gefühle in einer Sekunde erlebt.

Die mögliche Behandlung

Es ist nicht möglich, die bipolare Störung komplett zu behandeln. Wie bei vielen weiteren psychischen Erkrankungen beschränkt sich die Therapie überwiegend auf die Dämmung der Symptome. Zudem ist es möglich, über Verhaltenstherapien bestimmte Handlungsmuster zu unterbinden oder Wege zu finden, die in der jeweiligen Gemütsfassung Linderung verschaffen. Die gesamte Therapie umfasst diverse Bereiche, die sich in

  • Akutbehandlung
  • Erhaltungstherapie
  • Prävention

unterteilt.

 

  • Die Akutbehandlung

In dieser Phase geht es überwiegend darum, den Patienten aus der Manie oder der Depression herauszuholen. Mit Medikamenten wird er Leidensdruck gemildert und die ausgeprägten Symptome abgeschwächt. Depressive Phasen können mittels stimmungsstabilisierenden Medikamenten behoben werden, zudem wird häufig versucht, eine dauerhafte Linderung mittels Antidepressiva zu erzielen. Die häufigsten Medikamente, die während der Akutbehandlung und zum Teil nachfolgend eingesetzt werden, sind:

  • Lithium
  • Valproat/Carbamazepin (Antiepileptika)
  • Quetiapin/Olanzapin (Neuoleptika)
  • Typische Antidepressiva (Citalopram, Citramil)
  • Sedative (Tavor, Lorazepam)

Die Antidepressiva und Sedativa werden mitunter in der Interventionsmedikation, also der dauerhaften Medikation übernommen und der Patient dauerhaft auf die Hilfsmittel eingestellt.

 

  • Erhaltungstherapie

Die Psychotherapie ist mit der wichtigste Bestandteil in der Behandlung der manisch-depressiven Störung. Welche Therapieform letztendlich gewählt wird, liegt im Ermessen des behandelnden Psychologen. Zumeist beginnt die Therapie jedoch mit der Verhaltenstherapie, die, sofern der Zustand keine stationäre Aufnahme erfordert, ambulant einmal wöchentlich stattfindet. Im Rahmen der Therapie wird versucht, die stimmungsauslösenden Situationen zu erforschen und Wege zu finden, mit dem Gefühlschaos und den Schwankungen umzugehen. Zudem versucht der Patient gemeinsam mit dem Therapeuten Lösungen zu finden, die kritischen Gefühle oder Verhaltensweisen umzulenken.

Gerade, wenn vermutet wird, dass die Auslöser für die Erkrankung in der Vergangenheit liegen und Anzeichen auf die posttraumatische Belastungsstörung vorliegen, kommt die tiefenpsychologische oder psychoanalytische Therapie zum Einsatz. In diesen Formen setzen sich die Erkrankten bewusst mit der Vergangenheit auseinander und suchen nach Erklärungen für ihr jetziges Zustandsbild. Die Therapie kann ambulant und stationär erfolgen, jedoch wird gerade bei der psychoanalytischen Therapie die stationäre Aufnahme bevorzugt, da durch die Analyse viele Symptome verstärkt auftreten.

 

  • Die Prävention eines Rückfalls

Die Prävention der Behandlung umfasst überwiegend Möglichkeiten, die dem Patienten im Notfall helfen können. Jeder Betroffene kann spezielle Erlebnisse benennen, die sogenannten Trigger. Diese Erlebnisse können aus Bildern, Musikstücken, Situationen oder auch einfach nur aus bestimmten Orten bestehen, die direkt eine ungewünschte Verhaltensweise hinaufbeschwören. Da den Betroffenen zu einem fast gewöhnlichen Alltagsleben verholfen werden soll, wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, die im Notfall helfen können. Jeder Betroffene reagiert anders, sodass es einigen Patienten schon hilft, in heiklen Situationen einen hölzernen Igelball fest in die Hand zu nehmen, einen Schlüssel mit der Hand zu pressen oder auch nur ein scharfes Bonbon zu lutschen.

Die Notfalltricks, auch als DBT-Skills bezeichnet, helfen unmittelbar beim Druckabbau und verhindern, dass sich der Gefühlszustand manifestiert.

In den letzten Jahren kommt vermehrt die DBT-Therapie zur Behandlung hinzu. Diese Therapieform, die überwiegend stationär stattfindet, stammt eigentlich aus der Borderline-Behandlung, lässt isch aber mitunter auf die bipolare Störung ableiten, da dieses Störungsbild Borderlinern nicht unbekannt ist.

Die Prävention der bipolaren Störung

An dieser Stelle bleibt wieder einmal zu sagen, dass es keine Lösung gibt, um die bipolare Störung zu verhindern. Da die Ursachen vielseitig und nicht vollständig geklärt sind, kann beinahe jeder Mensch unter der Störung leiden. Sicher ist jedoch, dass ein gesichertes, angenehmes Umfeld, die Vermeidung von Stress und eine behütete Kindheit ohne negative Vorkommnisse zu einem gesunden Leben beitragen.