Unter einem Barotrauma versteht die Medizin Störungen der Gesundheit, die durch einen sich rasch verändernden Umgebungsdruck entstehen. Das Trauma tritt zumeist im Rahmen eines Fluges in großer Höhe oder bei Tauchgängen auf und kann zu schweren Schäden an luftgefüllten Hohlorganen führen. Besonders häufig von Barotraumata betroffen sind Abschnitte des Mittelohres, ggf. unter Beteiligung des Innenohrs. Doch auch andere luftführende Organe wie die Lunge oder der Verdauungstrakt und Gefäßhohlräume können durch einen sich rasch verändernden Umgebungsdruck Schaden nehmen. Erfahren Sie in diesem Ratgeber mehr zur Erkrankung, sowie zu geeigneten Maßnahmen der Behandlung und Prävention.
Wie entstehen Barotraumata?
Im Grunde ist Luft ein Gasgemisch, dessen Volumen nach physikalischen Gesetzten vom vorherrschenden Umgebungsdruck beeinflusst wird. Organe und Gefäße, die mit Luft gefüllt sind, unterliegen demnach einem gewissen Druck-Volumen-Verhältnis. Steigt der Umgebungsdruck (Überdruck), so verringert sich das Organvolumen proportional zum Druckanstieg. Sinkt der Umgebungsdruck hingegen (Unterdruck), nimmt das Organvolumen in Proportion zum Umgebungsdruck zu.
Solange die Druckveränderungen in einem moderaten Maß und nur sehr langsam erfolgen, bleibt den Hohlorganen genügend Zeit, um sich an die neuen Druckverhältnisse zu gewöhnen. Ein Druckausgleich ist dann kein Problem. Gehen die Druckveränderungen allerdings zu schnell und heftig von statten, kommt es durch mangelnden Druckausgleich zum sogenannten Barotrauma. Beschwerden machen sich hier zum Beispiel durch Atemnot, Ohrenschmerzen oder Schwindel bemerkbar. In schweren Fällen sind auch Organverletzungen durch Über- oder Unterdruck nicht auszuschließen. Je nachdem, welches Hohlorgan von einem Barotrauma betroffen ist, wird dabei zwischen verschiedenen Krankheitsformen unterschieden:
- Barotrauma des Auges
- Barotrauma der Haut
- Barotrauma der Lunge
- Barotrauma des Mittelohres
- Barotrauma des Verdauungstrakts
- Barotrauma der Zahnhohlräume
Eine weitere Einteilung lässt sich anhand der Druckart vornehmen:
- Überdruck-Barotrauma – Ein stark erhöhter Außendruck erzeugt einen physikalischen Sog, der ins Körperinnere gerichtet ist. Infolge ziehen sich Hohlorgane oder Gefäßhohlräume zusammen
- Unterdruck-Barotrauma – Ein stark verminderter Außendruck provoziert einen physikalischen Sog Richtung Umgebungsdruck. Hohlorgane oder Gefäßholräume dehnen sich deshalb vermehrt aus.
Ursachen für ein Barotrauma
Die Hauptursachen für ein Barotrauma sind alltägliche Situationen, die einen rasch steigenden oder sinkenden Umgebungsdruck bedeuten. Nicht immer sind die Auslöser dabei in extremen Höhenlagen oder Tiefgängen zu suchen. Hier ein kleiner Überblick:
Aktivitäten in großer Höhe oder Tiefe: Der natürliche Umgebungsdruck ist sehr stark von der Höhen- bzw. Tieflage jeweiliger Standorte abhängig. Am extremsten wirkt sich der Druck hier beim Tauchen, Fliegen oder Arbeiten im Weltraum aus. Zu schnelles Ab- bzw. Auftauchen, ebenso wie Weltraumausstiege und Abflug- oder Landemanöver eines Flugzeuges erschweren dem Körper folglich einen angemessenen Druckausgleich. Ein Barotrauma kann in entsprechenden Situationen deshalb sehr leicht entstehen. Üblich sind hier vor allem Barotraumen des Mittelohres (und des Innenohrs), der Lunge und des Verdauungstraktes.
- druckbasierte Behandlungen: Auch bei einigen Therapien können sich die Druckverhältnisse in Hohlorganen und Gefäßen rapide ändern. Dies ist zum Beispiel bei künstlicher Beatmung durch ein Beatmungsgerät oder hyperbarer Sauerstofftherapie der Fall. Logischerweise tritt in solchen Situationen vorrangig ein Barotrauma der Lunge auf, wobei auch ein mangelnder Druckausgleich im Bereich des Innenohrs oder Mittelohres möglich ist. Beim Einbringen von Zahnfüllungen kann es darüber hinaus zu Lufteinschlüssen in Zahnhohlräume kommen, was ein Barotrauma der Zähne sehr wahrscheinlich macht.
- Gewalteinwirkung: Bestimmte Einwirkungen von Gewalt stehen zumeist mit einem Barotrauma des Mittelohres in Verbindung. Zu nennen wären hier hauptsächlich Ohrfeigen und Explosionen, die eine unvorhergesehene Druckwelle ins Mittel- oder Innenohr entsenden. Die Verletzungsgefahr ist hier äußerst hoch und kann mitunter bleibende Hörschäden zur Folge haben.
- Vorerkrankungen: Einige Krankheiten zeichnen sich durch drucklastige Lufteinschlüsse aus. So führen Erkältungen, Polypen und entzündungsbedingte Schwellungen des Mittelohres, Innenohrs, der Nasennebenhöhlen oder der Lunge sehr häufig zu leichten Barotraumata. Ohne ausreichende Behandlung können die Druckverhältnisse in entsprechenden Körperabschnitten weiter zunehmen und dann auch ein schweres Barotrauma nach sich ziehen.
Symptome bei Barotrauma
Die Beschwerden eines Barotraumas sind abhängig davon, welches Organ betroffen ist und wie stark die Druckeinwirkung sich gestaltet. Leichte Barotraumen beschränken sich häufig auf „harmlose“ Symptome wie Schwindel, Hörprobleme und Empfindungsstörungen. Schwere Fälle von Barotrauma sind dagegen äußerst ernst zu nehmen, da sie bleibende Organschäden hervorrufen können. Insgesamt ist mit folgenden Symptomen zu rechnen:
- bei Barotrauma der Augen: Augenstechen, Sehprobleme, Einblutungen ins Auge durch geplatzte Gefäße
- bei Barotrauma der Haut: Spannungsgefühle auf der Haut, Schwellungen und Blasenbildung im Gewebe der Unterhaut (Anzeichen der Druckluftkrankheit)
- bei Barotrauma der Lunge: erschwerte Atmung, Atemnot, Lungenrisse, Zyanose, Embolien, Spannungspneumothorax (Anzeichen der Druckluftkrankheit), Herzinfarkt oder Schlaganfall
- bei Barotrauma des Mittelohres oder des Innenohrs: Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, Ohr- und Kopfschmerzen, Schwerhörigkeit, vollständiger Hörverlust, Tinnitus, Trommelfellverletzungen, Nasenbluten und Entzündungen des Mittelohres
- bei Barotrauma des Verdauungstrakts: Bauchschmerzen, Magen- oder Darmblutungen, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Durchfall, allgemeine Verdauungsbeschwerden
- bei Barotrauma der Zähne: heftige Zahnschmerzen, Kieferschmerzen, Kopfschmerzen, Druckempfindlichkeit der Zähne, Wegbrechen von Füllungen
Diagnose und Therapie bei Barotrauma
Das Ausmaß, wie auch eventuelle Schäden eines Barotraumas, müssen meist durch bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT oder Sonographie untersucht werden. Auch spezielle Diagnosen (z.B. durch Otoskopien bei Barotrauma des Mittelohres) sind denkbar. Ergänzend ist es wichtig, den Patienten zum Unfallhergang und bestehenden Erkrankungen zu befragen.
Harmlose Barotraumen lösen sich meist von selbst in Wohlgefallen auf, sobald der Umgebungsdruck sich wieder normalisiert hat. Eine Behandlung ist demzufolge nur bei Traumata notwendig, die Verletzungen oder lebensbedrohliche Symptome auslösen. Gestalten kann sich die Therapie hier wie folgt gestalten:
- Medikamente: Zur Behandlung von Schwellungen, Entzündungen und Organschäden stehen bei einem Barotrauma verschiedene Arzneimittel zur Verfügung. Denkbar ist zum Beispiel die Gabe von Analgetika, Antibiotika oder Kortison. Auch abschwellende und schmerzstillende Präparate kommen in Frage.
- Operation: Operative Eingriffe sind bei Barotrauma immer dann notwendig, wenn lebenswichtige Vital- oder Organfunktionen in Gefahr sind. So lässt sich ein geschädigtes Trommelfell zum Beispiel durch eine Operation am Innenohr schienen. Taucher müssen sich dabei oft einer Verdichtung der Rundfenstermembran des Innenohrs unterziehen. Ein mit Verletzungen verbundenes Barotrauma der Lunge erfordert ggf. eine künstliche Beatmung sowie die Eröffnung des Thorax. Geht dem Trauma eine Erkrankung wie Polypen voraus, ist eventuell eine Begradigung der Nasenscheidewand sinnvoll. Welche OP im Einzelnen ergriffen werden muss, ist natürlich von Fall zu Fall verschieden. Genaueres zum richtigen Vorgehen kann hier nur ein behandelnder Arzt beurteilen.
Barotrauma – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Leichte Barotraumata, wie sie zum Beispiel durch eine Flugzeugreise oder Lufteinschlüsse im Zahn entstehen, sorgen nur selten für schwere Symptome. Sie sind in der Regel umgehend ausgeheilt, sobald die Druckbelastung aufgehoben wurde. Anders sieht es aus, wenn durch das Trauma lebenswichtige Organe in Mitleidenschaft gezogen wurden. Eine vollständige Heilung ist hier nicht immer gewährleistet, lassen sich Organschäden doch nur bedingt rückgängig machen.
- Die größte Komplikation bei einem Barotrauma sind die bereits angesprochenen Organschäden. Je nach Schwere bedeuten sie für Patienten lebenslange Einbußen, die zum Beispiel aus einem bleibenden Hörverlust, eingeschränkter Lungenfunktion oder Hirnschäden bestehen können. Vor allem das Lungen-Barotrauma ist hier sehr tückisch. Glücklicherweise verlaufen die meisten Barotraumen aber harmlos und beschränken sich auf unbedenkliche Symptome.
- Vorbeugen lässt sich einem Barotrauma nur durch Vermeidung extremer Druckverhältnisse. Taucher sollten in diesem Zusammenhang ein ausreichendes Training absolvieren, um die Druckänderungen im Wasser durch ausreichend langsames Ab- und Auftauchen kompensieren zu können. Alle anderen Situationen, die theoretisch zu einem Barotrauma führen, sind hingegen nur schwer zu umgehen, da sie sich meist unvorhergesehen ereignen.
Fazit
Das Barotrauma macht deutlich, wie sehr unser Körper von konstanten Druckverhältnissen abhängig ist. Das Luftvolumen in unseren Organen kann sich bei extremem Unter- oder Überdruck physikalisch stark verändern. So kommt es mitunter zu schweren Organ- und Gefäßschäden durch sich ausdehnende oder zusammenziehende Hohlräume. Allerdings sind solch schwere Formen des Barotraumas relativ selten, sodass sich die Beschwerden meist auf Schwindel, Übelkeit oder Druckschmerzen beschränkt. Im Notfall ist jedoch umgehend ein Arzt aufzusuchen, um Konsequenzen wie bleibenden Hörverlust oder Lungenschäden zu vermeiden.