Galt es im Jahr 1907 als absolute Revolution, als Persil ein Waschmittel vorstellte, das selbstreinigend aktiv war und das lästige Scheuern und Schrubben auf dem Waschbrett überflüssig machte, war der – glückliche – Aufschrei groß. Mittlerweile ist es fast undenkbar, keine eigene Waschmaschine mehr zu besitzen oder zumindest in einen Waschsalon zu gehen, um dort die Wäsche zu waschen. Über Jahrzehnte erschien sie uns auch sauber genug. Sicherlich, hin und wieder störte der Grauschleier auf weißen Textilien, Deorückstände ruinieren geliebte T-Shirts, doch die generelle Reinlichkeit genügte. Plötzlich, ja, vollkommen unverhofft jedoch, war sauber nicht mehr rein genug. Mit einem Mal geht es nicht mehr darum, Schmutz, Schweiß oder sonstige Rückstände aus der Kleidung zu entfernen, nein, nun muss sie antibakteriell, im besten Fall sogar klinisch rein sein. Antibakterielle Waschmittel dominieren die Auslagen in Supermärkten und jeder, der sich weiterhin an gewöhnlichen Waschmitteln versucht, fühlt die Blicke besorgter Menschen auf sich ruhen.
Zugegeben, die Darstellung ist bewusst überspitzt, dennoch scheinen antibakterielle Waschmittel der, im Volksmund, »letzte Schrei« zu sein. Aber brauchen Sie wirklich ein Mittel, das Bakterien den Garaus macht? Oder schaden die Waschmittel sogar?
Mit Skepsis zu betrachten
Die als antibakteriell bezeichneten Waschmittel besitzen keimtötende Zusatzstoffe, die Bakterien während des Waschgangs abtöten. Umweltforscher und selbst Wissenschaftler der in Leverkusen ansässigen Bayer-Werke äußern jedoch Vermutungen, dass die keimtötende Wirkung nicht nur für den menschlichen Organismus schädlich wirkt. Denn
- Rückstände aus dem Waschmittel gelangen ins Grundwasser,
- das Allergierisiko wird erhöht,
- Resistenzen von Keimen und Bakterien gegen Antibiotika werden gefördert.
Das mag auf den ersten Blick unglaublich erscheinen, doch sind die Bedenken sicherlich berechtigt. Es gibt längst keine Langzeitstudien über die Auswirkung antibakterieller Waschmittel und dass Rückstände zumindest ins Abwasser und somit nach der Klärung ins Trinkwasser gelangen, ist mehr als wahrscheinlich. Immerhin befinden sich im typischen Trinkwasser selbst in Deutschland noch marginale Rückstände von Medikamenten und weiteren Zusätzen. Personen, die unter einem starken Allergierisiko leiden, könnten zudem durch die antibakteriellen Zusätze neue Allergieschübe bekommen. Der gravierende Punkt ist jedoch die Resistenz der Bakterien und Keime. Umso stärker umwelttypische Bakterien und Keime mit antibakteriellen und sonstigen, abtötenden Mitteln in Kontakt kommen, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich neue, unverwüstbare Stämme bilden. Schon heute helfen Antibiotika nicht mehr gegen die gesamte Bandbreite der schädlichen Keime, wird dieser Zustand in Zukunft selbst beim Waschen noch verstärkt, könnte sich die Behandlung schwerer Krankheiten drastisch verschlechtern.
Es gibt keine klinisch reine Wäsche
Nicht nur die Zeitschrift »Öko-Test« kam nach einem ausführlichen Testlauf zu dem Ergebnis, dass die mit antibakteriellen Reinigern gewaschene Wäsche nicht reiner sei, als Wäsche, die mit herkömmlichen Waschmitteln gewaschen wurde. Auch die Keimbelastung sank nicht durch den Einsatz der speziellen Waschmittel. Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass die gewaschene Kleidung bereits direkt nach der Waschmaschine wieder mit Bakterien in Kontakt kommt. Sofern Sie sich nicht vor dem Wäscheaufhängen und bei jeder Berührung mit Wäscheleinen, Türklinken oder Wäscheklammern die Hände desinfizieren, übertragen Sie automatisch neue Keime.
Wesentlich praktischer und für den Organismus gesünder ist es, wenn Sie Ihre Wäsche regelmäßig kochen. Die hohen Temperaturen in der Waschmaschine wirken als wahre Keimkiller und hinterlassen ein tatsächlich sauberes Gefühl.
Übrigens gilt die Skepsis gegenüber antibakteriellen Waschmitteln auch den Reinigungsmitteln gegenüber. Um überhaupt zu funktionieren, muss der menschliche – und tierische – Organismus mit Schadstoffen in Kontakt kommen, da auf diese Weise das Immunsystem aufgebaut wird. Gerade Kleinkinder, die von Geburt an in einer fast klinischen Umgebung aufwachsen, kämpfen später mit Immunkrankheiten und Infektionen, die andere, in einem im gesunden Maß schmutzigen Haushalt aufgewachsene Kinder, mühelos wegstecken.
Sinnvoll bei empfindlicher Wäsche – das Fazit
Die Sinnhaftigkeit der keimtötenden Produkte vollständig abzustreiten, ist dennoch falsch. So kann sich das Waschmittel eignen, wenn Wäsche gewaschen werden muss, die
- nur in Handwäsche/sehr niedrigen Temperaturen waschbar ist,
- mit Blut, menschlichen Ausscheidungen in Kontakt kam und keine hohen Waschtemperaturen verträgt,
- Schweiß- oder Miefgeruch nicht aus der Wäsche herauszubekommen sind.
In allen anderen Fällen können Sie beruhigt Ihr gewohntes Waschmittel nutzen. Waschen Sie Handtücher, Unterwäsche oder besonders dreckige Kleidung ruhig zwischendurch auf 90 Grad oder hängen Sie die Wäsche zum Trocknen nach Draußen in das Sonnenlicht. Durch die UV-Strahlen werden die schädlichen Keime zuverlässig abgetötet und Ihre Wäsche erhält den luftigen, sommerlichen Geruch.