Der Begriff Amenorrhoe oder Amenorrhö setzt sich aus den altgriechischen Worten a für „ohne“, men für „Monat“ und rhoe für „Fluss“ zusammen. Amenorrhoe bedeutet folglich „ohne Monatsfluss“ und gibt somit das Beschwerdebild klar wieder. In der Kindheit, ebenso wie während der Schwangerschaft oder im Zuge der Menopause, ist Amenorrhö beim weiblichen Geschlecht auch völlig normal. Es gibt jedoch Situationen, in denen Zyklusstörungen zu einem unnatürlichen Ausbleiben der Menstruation führen können. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie es zu einer gesundheitlich bedingten Amenorrhoe kommen kann und welche Maßnahmen zur Behandlung sinnvoll sind.
Wie entsteht Amenorrhoe?
Die weibliche Monatsblutung erfolgt bekanntlich in regelmäßigen Zyklen. Für das Zyklusgeschehen sind dabei hauptsächlich zwei verschiedene Geschlechtshormone verantwortlich, nämlich Östrogen und Progesteron. Beide Hormone werden überwiegend im Gelbkörper (Corpus luteus) der weiblichen Eierstöcke (Ovarium) gebildet. Dabei bezeichnet man Östrogen auch gerne als „aktivierendes“ Geschlechtshormon der Frau. Es ist nämlich maßgeblich für die Reifung der Eizelle in den Eierstöcken verantwortlich. Nach dem Eisprung (Ovulation) sinkt der Östrogenwert im weiblichen Körper dann aber ab, wohingegen der Progesteronwert der Frau zu steigen beginnt. Als „beruhigender“ oder auch „stabilisierender“ Part der Geschlechtshormone kommt Progesteron unter anderem die Aufgabe zu, für eine Verdichtung der Schleimhäute innerhalb der Gebärmutter (Uterus) zu sorgen. Auf diese Weise kann sich in ihr eine theoretisch befruchtete Eizelle sicher einnisten. Bleibt die Befruchtung der Eizelle aus, so wird diese ausgeleitet. Es kommt zur Regelblutung und der Östrogen-Progesteron-Zyklus der Eierstöcke beginnt von Neuem.
Eine Amenorrhoe liegt nun vor, wenn Zyklusstörungen oder altersbedingte physiologische Gegebenheiten zu einem Ausbleiben des Eisprungs oder einer ausbleibenden Eiproduktion führen. Die Menstruation kann in Folge nicht mehr stattfinden, da keine Eizelle vorhanden ist, die ausgeleitet werden könnte. Je nachdem, in welcher Situation die Amenorrhö auftritt und wie lange sie besteht, muss dabei zwischen folgenden Formen unterschieden werden:
- physiologische Amenorrhoe – der weibliche Körper unterliegt einer natürlichen Amenorrhö ohne gesundheitlich bedingte Zyklusstörungen. Dies ist ausschließlich in der Kindheit, bei einer Schwangerhaft oder während der Menopause der Fall.
- primäre Amenorrhoe – diese Amenorrhö liegt vor, wenn eine junge Frau nach Vollendung ihres 16. Lebensjahres noch keine Regelblutung erlebt hat.
- sekundäre Amenorrhoe – die sekundäre Amenorrhö ist gegeben, wenn eine erwachsene Frau unabhängig von Schwangerschaft oder Menopause seit mehr als 3 Monaten ein Ausbleiben ihrer Regelblutung beklagt.
Ursachen für Amenorrhoe
Da es Geschlechtshormone sind, welche die Eizellenreifung der Eierstöcke steuern, sind Zyklusstörungen wie das Ausbleiben der Regelblutung meist auf eine gestörte Hormonproduktion zurück zu führen. Vor allem ein dauerhaft zu hoher Progesteronwert kann hier die Eiproduktion nachhaltig stören. Hormonelle Fehlsteuerungen, wie sie durch erhöhte Werte der Sexualhormone Androgen, Cortisol und Prolaktin zustande kommen, sind ebenfalls nicht auszuschließen. Als Auslöser dieser Komplikationen kommen folgende Ursachen in Betracht:
- natürliche Hormonschwankungen: Der weibliche Körper beginnt erst ab dem 11. bis 12. Lebensjahr mit der gezielten Produktion von Geschlechtshormonen zur Produktion von Eizellen. Auch kann das Hormongeschehen individuell etwas früher oder später einsetzen. Deshalb gelten bis zum 16. Lebensjahr natürliche Hormonschwankungen als Ursache der Amenorrhoe. Ähnlich sieht es während sowie den ersten Monaten nach einer Schwangerschaft aus. Hier ist der Progesteron- und Prolaktinspiegel der Frau grundsätzlich erhöht, da beide Hormone an der Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt sind. Und auch die Menopause markiert einen natürlichen Hormonumschwung. Hier kommt es durch steten Abbau von Östrogen und Progesteron zu einem physiologischen Ausbleiben der Menstruation.
- krankheitsbedingte Organstörungen: Neben dem Gelbkörper der Eierstöcke sind auch die Nebennierenrinde, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse und Hirnanhangdrüse für die Produktion des Hormonhaushalts zuständig. Vor allem die Hirnanhangdrüse ist als zentrale Hormondrüse häufig an der Entstehung hormoneller Fehlfunktionen beteiligt. Mögliche Erkrankungen sind hier zum Beispiel Hypophyseninsuffizienz und Panhypopituitarismus. Außerhalb der Hirnanhangdrüse können ferner Nebennierenrindeninsuffizienz, Schilddrüsenfehlfunktionen und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse (z.B. Bauchspeicheldrüsenentzündung) für ein Ausbleiben der Regelblutung sorgen. Hierbei handelt es sich meist um eine sekundäre Amenorrhoe.
- Mangelernährung und Stoffwechselerkrankungen: Unter den Stoffwechselerkrankungen sind vor allem Hämochromatose und Diabetes mellitus als Auslöser für sekundäre Amenorrhoe bekannt. Hämochromatose beschreibt eine Krankheit, die den Körper zu viel Eisen speichern lässt und dadurch den Hormon- und Blutstoffwechsel ins Ungleichgewicht bringt. Auch Mangelerscheinungen können über Stoffwechselstörungen zu einer Amenorrhö führen. Hierbei geht es nicht nur Unterernährung durch Armut. Ebenso sind Essstörungen wie Anorexie dafür bekannt, langfristig zu einem Ausbleiben der Regelblutung zu führen. Und selbst extreme Formen von Vegetarismus bzw. Veganismus zeigten in Studien ein erhöhtes Risiko auf, Amenorrhö durch Mangelernährung zu provozieren.
- körperliche und psychische Belastung: Stress kann auf vielfältige Art und Weise zu einer Amenorrhoe beitragen. Neben Alltagsstress und unaufgearbeiteten seelischen Problemen kommen hier zum Beispiel auch Extremsport oder ein radikaler Klimawechsel (z.B. bei Klimawandel oder Auslandsaufenthalten) als Ursache in Betracht. Chemo- und Strahlentherapien stellen ebenfalls eine enorme Belastung für den weiblichen Körper dar, der daraufhin im Großteil aller Fälle die Eizellenproduktion einstellt. Eine besondere Neigung zu ausbleibender Regelblutung wurde zudem bei Frauen in Isolationshaft oder genereller Gefangenschaft beobachtet.
- Medikamente: Die Pille nimmt als künstliches Hormonpräparat wohl den größten Einfluss auf den weiblichen Hormonhaushalt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass nach Absetzen der Pille nicht selten Zyklusstörungen auftreten, die auch eine sekundäre Amenorrhoe nicht ausschließen. Außer Hormonpräparaten wie der Pille kommen darüber hinaus auch blutdrucksenkende Medikamente und Psychopharmaka als Grund für ein Ausbleiben der Monatsblutung in Frage.
- Fehlbildungen und genetische Disposition: Manchmal sind Ungleichgewichte im Hormonhaushalt auch erblich bedingt. Dies ist vor allem bei angeborenem Komplettverschluss der Vagina durch das Jungfernhäutchen (Hymenalatresie) sowie bei Menschen zu beobachten, die unter Androgenresistenz leiden. Sie bezeichnet einen genetisch bedingten Rezeptorendefekt, bei dem sich die zunächst männlich ausgeprägte Genetik eines ungeborenen Kindes durch gestörte Testosteronaufnahme in eine weibliche Genetik abwandelt. Besagte Kinder erscheinen nach der Geburt, auch im Intimbereich, wie ganz normale Mädchen. Allerdings besitzen sie anstatt Eierstöcken männliche Hoden, die aufgrund der erblichen Hormonstörung nicht nach außen gewandert sind. Während der Pubertät fallen Mädchen mit Androgenresistenz darum durch eine primäre Amenorrhoe auf.
- sonstige gynäkologische Erkrankungen: Ebenfalls als Ursache für Amenorrhoe bekannt sind Endometriose, Eierstockzysten, Eierstockkrebs und Eierstockinsuffizienz. Hier liegt eine direkte Störung der Eierstockfunktionalität vor, die äußerst gefährlich sein kann. Bleibt hier eine geeignete Behandlung aus, kann dies neben Amenorrhö auch lebensgefährliche Beschwerden wie innere Blutungen oder Organversagen nach sich ziehen.
Symptome bei Ausbleiben der Regelblutung
Das wohl auffälligste Symptom bei Amenorrhoe ist freilich die ausbleibende Monatsblutung selbst. In Abhängigkeit von der Ursache können aber auch weitere Symptome auftreten, die dann meist einem nicht ausgeglichenen Hormonhaushalt geschuldet sind. Denkbar sind in diesem Zusammenhang:
- extreme Gemütsschwankungen
- Antriebslosigkeit
- Hitzewallungen
- Unterleibsschmerzen (v.a. bei Erkrankung der Eierstöcke)
- Haarausfall
- Gewichtsprobleme
- Kreislaufprobleme
- Brustschmerzen
- sichtliche Vermännlichung (z.B. starke Körperbehaarung oder tiefe Stimme)
Diagnose und Behandlung bei Amenorrhoe
Die Feststellung einer Amenorrhoe kann verschiedene Maßnahmen der Diagnose enthalten. Allen voran steht natürlich ein ausführliches Gespräch, in dem mögliche Ursachen (z.B. Zyklusstörungen durch Stress oder Einnahme der Pille) erörtert werden. Im Anschluss folgen gynäkologische Untersuchungen wie etwa Ultraschall, Scheidenabstriche, Hormon- und Schwangerschaftstests. Auch Funktionstests der Organe sind nicht unüblich. Die Diagnose der Amenorrhoe erfolgt demnach über das Ausschlussverfahren. Wurde die Ursache ausfindig gemacht, sind folgende Schritte der Behandlung denkbar:
- Ernährungsumstellung: Eine ausgewogene Ernährung kann bei Amenorrhoe viel bewirken. Zum einen versorgt eine gesunde Lebensmittelwahl den Körper mit wichtigen Nährstoffen, die Stoffwechsel und Hormonhaushalt bei der Regulierung helfen. Zum anderen signalisiert eine gesunde Ernährung dem Körper vielleicht auch, dass er die Eizellenproduktion nicht länger einzustellen braucht.
- Heilkräuter: Es gibt eine ganze Reihe an Kräutern, die pflanzliche Hormone besitzen und damit wunderbar zur sanften Hormontherapie bei Amenorrhoe geeignet sind. Ein zu niedriger Progesteronspiegel kann hier zum Beispiel mit Engelwurz, Himbeerblättern oder Mönchspfeffer behoben werden. Nach Hildegard von Bingen sollen zudem Rainfarnkräuter gute Wirkung bei Ausbleiben der Regelblutung zeigen.
- medikamentöse Behandlung: Künstliche Hormone sind zwar häufig sehr aggressiv, ihre Einnahme lässt sich in manchen Fällen von Amenorrhoe aber nicht vermeiden. Welche Hormonpräparate hier in Frage kommen, muss von Fall zu Fall individuell mit dem Frauenarzt besprochen werden. Ist das Ausbleiben der Regelblutung einer Strahlen- oder Chemotherapie geschuldet, kann übrigens Entwarnung gegeben werden. Die Monatsblutung stellt sich hier meist von selbst wieder ein, sobald die Therapie vorüber ist.
- Gesprächstherapie: Eine psychotherapeutische Betreuung ist nicht nur bei stressbedingter Amenorrhoe von Nöten. auch genetisch bedingte Hormonstörungen, wie sie bei Androgenresistenz vorliegen, wecken bei Patientinnen eventuell den Wunsch nach therapeutischer Aussprache. Dabei können ggf. Wege gefunden werden, um mit der Komplikation umzugehen. Auch lassen sich Hemmnisse abbauen, die eine erfolgreiche Behandlung erschweren.
- Operation: Nachhaltige Organfunktionsstörungen bedürfen unter Umständen einer OP. Dies betrifft sowohl Fehlentwicklungen und Erkrankungen der Geschlechtsorgane als auch gestörte Funktionen der Hirnanhangdrüse oder anderer hormonbildender Organe. Je nachdem, welche Ursache vorliegt, kann hier entweder eine Modifikation, Teilresektion oder Komplettentfernung von betroffenen Organen notwendig werden.
Amenorrhoe – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Nach Behebung etwaiger Ursachen ist eine Amenorrhoe meist schnell überstanden und die Regel stellt sich binnen weniger Wochen oder Monate wieder ein. Unbehandelt kann das Ausbleiben der Regelblutung hingegen zu einem dauerhaften Problem führen und zu anhaltender Unfruchtbarkeit bei betroffenen Frauen führen.
- Komplikationen entstehen bei Amenorrhö meist durch das hormonelle Ungleichgewicht, das zahlreiche Begleitsymptome mit sich bringen kann. Auch empfinden Frauen das Ausbleiben der Monatsblutung oftmals wie einen Verlust ihrer Weiblichkeit, was selbst handfeste Identitätskrisen nicht ausschließt. Gerade Frauen, die mit starker Ausprägung männlicher Körpermerkmale konfrontiert sind, empfinden Amenorrhoe hier als sehr belastend. Darüber hinaus können Ursachen wie Mangelernährung auch ernste Gesundheitsbeschwerden provozieren.
- Vorbeugen lässt sich Amenorrhoe nur bedingt. Durch eine gesunde Ernährung und einen ausgeglichenen Tagesablauf ist hier aber schon viel gewonnen. krankheitsbedingte Stoffwechsel- und Hormonstörungen sollten ergänzend frühzeitig vom behandelnden Gynäkologen in Augenschein genommen werden.
Fazit
Amenorrhoe kann genetische Gründe haben, ist im Großteil aller Fälle jedoch auf behandelbare Ursachen zurück zu führen. Sehr häufig steht das Ausbleiben der Regel mit Stress, ungesunder Ernährung oder einer gestörten Stoffwechsel- bzw. Organfunktion in Verbindung. Wie auch immer die Entstehungsursachen geartet sind, ein Gang zum Frauenarzt ist bei Amenorrhö immer der erste Schritt, denn nur gynäkologische Untersuchungen können durch Ausschlussdiagnose den Übeltäter der meist hormonell bedingten Zyklusstörungen ausfindig machen. Für die meisten Frauen kann eine individuelle Behandlungsstrategie dann aber bald Besserung herbeiführen und das Ausbleiben der Regelblutung binnen kürzester Zeit beheben.