Im Sommer leiden Millionen Deutsche unter allergischen Reaktionen. Birke, Pappel, Haselnuss und Gräser machen den Betroffenen das Leben schwer und sorgen dafür, dass ein unbeschwertes Genießen der ersten warmen Tage nicht mehr möglich ist. Am wohlsten fühlen Sie sich in solchen Momenten – wie so viele Allergiker – bei geschlossenen Fenstern und unter der Dusche.
Klassische Allergiesymptome, wie tränende Augen, ein Jucken der Nasenschleimhaut oder Ausschlag auf der Haut sind allerdings nur ein Bruchteil der Reaktionen, die Begleiterscheinungen einer Allergie sind. Welche Reaktionen können im Alltag eines Allergikers auftreten? Und wie kommt es zu dieser relativ breit gefächerten Reaktionskette?
Allergien – wenn das Immunsystem verrückt spielt
Wer die Reaktionsbreite einer allergischen Erkrankung verstehen will, muss sich zuerst mit den Grundlagen dieses speziellen Krankheitsbildes auseinandersetzen. Allergien entstehen, wenn unser Immunsystem eigentlich harmlose Substanzen als Eindringling erkennt und dagegen ins Feld zieht. Eine mögliche Ursache für diese „Fehlinterpretation“ ist nach Ansicht mancher Wissenschaftler die Unterforderung der hochgerüsteten Immunabwehr, da Hygiene und Sauberkeit für eine relativ keimfreie Umgebung sorgen.
Der Umstand, dass das Immunsystem die Triebfeder allergischer Erkrankungen ist, beantwortet auch die Frage, warum allergische Reaktionen so vielfältig sein können. Je nach Beteiligung einzelner Abwehrmechanismen entstehen unterschiedliche Reaktionen.
So sind an der Immunantwort – also der Reaktion auf ein Allergen – neben Mediatoren verschiedene Lymphozyten (gehören zu den weißen Blutkörperchen), Phagozyten und Plasmaproteine (das Komplementsystem) beteiligt. All diese Mechanismen führen zu unterschiedlichen allergischen Reaktionen.
Allergische Reaktion – erste Anzeichen einer Allergie?
Grundsätzlich werden Allergien in der Medizin speziellen Reaktionstypen zugeordnet, welche die immunologischen Prozesse beschreiben. Ihnen als Patient hilft diese Einteilung nicht wirklich weiter, da hier mitunter nur der Mechanismus, nicht aber die spürbare Reaktion beschrieben wird. Trotz allem kann die Kenntnis der Reaktionstypen auch im Alltag einen gewissen Nutzen haben.
Klassische allergische Reaktionen sind beispielsweise:
- der (saisonale) allergische Schnupfen (Rhinitis allergica, Pollinosis)
- die allergische Bindehautentzündung (Conjunctivitis allergica)
- das Asthma bronchiale
die in unterschiedlichen Facetten und begleitet von Erkrankungen wie der Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung), dem Schlafapnoesyndrom usw. auftreten können. Speziell die Rhinitis kann aufgrund teils sehr heftiger Niesanfälle und starker Sekretion zum Störfaktor werden. Den genannten Reaktionen liegt ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: Die Typ-I-Reaktion. Bei dieser – auch als Soforttyp bezeichnet – werden Mediatoren (z. B. Histamin) aus den Mastzellen beim Kontakt mit dem Allergen freigesetzt. Das Ergebnis ist:
- eine Schwellung der Schleimhäute
- die höhere Permeabilität der Blutgefäßwände und
- eine Kontraktion bestimmter Muskelfaserarten.
Durch die Arbeit der Mediatoren werden zudem weitere Zellen des Immunsystems angelockt und Entzündungsreaktionen ausgelöst. In der Summe entwickeln die sich Allergikern bekannten Symptome. Das Problem liegt allerdings darin, dass unbehandelte allergische Reaktionen nicht nur chronisch werden, es kommt zu Neusensibilisierungen auf weitere Allergene und den Etagenwechsel. Eine Rhinitis allergica kann im Verlauf der Jahre zu einem Asthma bronchiale führen, was den Einsatz verschreibungspflichtiger Arzneimittel erforderlich macht.
Auf die Wirkung der Mediatoren gehen aber noch ganz andere allergische Reaktionen zurück. Viele Pollenallergiker beklagen auch ein Jucken auf der Haut oder stellen die Bildung von Quaddeln und Nesseln fest. Letztere entstehen unter anderem durch das Einschießen von Flüssigkeit ins Gewebe – durch die höhere Permeabilität der Blutgefäßwände. Als Hautreaktionen relativ harmlos, kann diese Ödembildung in der Lunge zu schweren Komplikationen führen.
Hautreaktionen – auch hier kann eine Allergie vorliegen
Die bisher beschriebenen Reaktionen sind breiten Bevölkerungsschichten bekannt. Rötungen der Haut, Juckreiz und die Entstehung der Urtikaria (Nesselsucht) können aber noch bei einem anderen Typus allergischer Reaktionen auftreten – dem Spättyp. Hier tritt die Reaktion verzögert auf und wird ohne die Mitwirkung von Antikörpern gesteuert. Beim allergischen Kontaktekzem, das hier typisch wäre, tritt zudem häufig eine Bildung von Knötchen (sogenannten Papeln) sowie Schuppung der betreffenden Areale auf. Platzen die mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen auf, kann die Bildung eitrig-trockener Krusten eine Folge sein.
Eine weitere allergische Hautreaktion wäre das atopische Ekzem oder Neurodermitis. Hierbei handelt es sich aber um ein Krankheitsbild, dessen Steuerung nicht ausschließlich von Immunreaktionen ausgeht. Neurodermitis wird wesentlich durch genetische Faktoren beeinflusst, welche Einfluss auf die Hautgesundheit und Anfälligkeit gegenüber Allergien haben.
Durchfall, Blähungen, Erbrechen – eine Allergie als Ursache?
Themenwelt: Allergien
Neben dem Kontakt mit Pollen berichten viele Allergiker über sehr ähnliche Symptome beim Verzehr bestimmter Nahrungsmittel. Hierbei handelt es sich nicht zwingend um primäre Allergien. Sehr häufig treten in der Folge einer Sensibilisierung sogenannte Kreuzallergien in Erscheinung. Der Körper reagiert damit auf Proteine, die dem Allergen ähnlich sind. Die Breite der hier auftretenden allergischen Reaktionen ist relativ vielfältig und reicht von Blähungen, Durchfall, Völlegefühl bis hin zu Erbrechen.
Neben diesen „typischen“ Reaktionen können aber auch Hautreaktionen, Gelenkbeschwerden und Kopfschmerzen oder Atembeschwerden eine auftretende allergische Reaktion sein. Zudem steigt im Fall von Lebensmittelallergien das Risiko von Gedeihstörungen, da die Resorptionsfähigkeit für Nährstoffe durch die allergische Erkrankung gestört werden kann. Und Patienten mit entzündlich-chronischen Erkrankungen können bei einer endoskopischen Betrachtung der Verdauungsorgane auch anatomische Veränderungen erkennen lassen. Diese gehen unter anderem auf entzündliche Prozesse zurück.