Für den Großteil der Allergiker beginnt mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr wieder die Leidenszeit. Auch in Deutschland zählt – wie in vielen anderen Ländern rund um den Globus – der allergische Schnupfen zu den am weitesten verbreiteten Allergien. Aber nicht nur Pollen können die Immunabwehr in Stellung bringen. Millionen Deutsche leiden unter Neurodermitis, werden von einer Hausstaubmilbenallergie geplant – oder reagieren auf gewisse Nahrungsmittel empfindlich. Wie entsteht diese breite Palette unterschiedlicher allergischer Erkrankungen?
Ursache ist die Antwort unseres Immunsystems auf eine Bedrohung. Angenommen, Sie schneiden sich in der Küche mit einem Messer. Als Folge spielen sich in Ihrem Körper verschiedene Prozesse ab. Einerseits setzt der Organismus unspezifische Abwehrmechanismen ein, um gegen „Fremdkörper“ vorzugehen. Phagozyten (Fresszellen) vernichten Eindringlinge und produzieren Botenstoffe, um die Abwehr zu verstärken. In der zweiten Reihe der Immunantwort stehen spezifische Abwehrprozesse, die sich ganz gezielt gegen ausgesuchte Erreger richten.
Was von diesen Mechanismen als potenzielle gefährlich erkannt wird, lernt Ihr Immunsystem erst im Lauf der Zeit. Und an dieser Stelle wird eines bereits klar: Die Flexibilität, mit der unserer innere Abwehr agiert, ist eine Ursache für die unterschiedlichen Ausprägungen, die Allergien annehmen können.
Allergietypen – so reagiert Ihr Immunsystem
Grundsätzlich werden in der Medizin vier wesentliche Grundtypen unterschieden, und zwar:
- Reaktionen Typ I | Sofortreaktionen
- Reaktionen Typ II | zytotoxische Reaktionen
- Reaktionen Typ III | Immunkomplexreaktionen
- Reaktionen Typ IV | zellulärer Typ/Spätreaktionen
Alle vier Grundtypen unterscheiden sich nicht nur durch die Mechanismen, die allergischen Reaktionen zugrunde liegen. Auch der Umfang und die Art beteiligter Zellen sind erheblichen Variationen ausgesetzt. Zugrunde liegt allen Reaktionen aber ein „Memory“-Effekt. Ihr Immunsystem nimmt eigentlich harmlose Stoffe plötzliche als gefährlich wahr und merkt sich diesen „Eindringling“.
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- Typ I: Sofortreaktionen
Eine allergische Reaktion nach dem Typ ist dadurch gekennzeichnet, dass sich Symptome bereits innerhalb kürzester Zeit entwickeln können. Verantwortlich für diesen Reaktionstyp ist ein Zusammenspiel aus Lymphozyten und Mastzellen. Über spezielle Lymphozyten wird das Allergen in der Sensibilisierungsphase als Antigen erkannt, es beginnt die Produktion der IgE-Antikörper. Letztere heften sich an die Mastzellen im Organismus an und lösen beim Zweitkontakt die allergische Reaktion aus – indem es zur Freisetzung von Botenstoffen (sogenannten Mediatoren) wie Histamin kommt. Dieser Botenstoff führt unter anderem zu Juckreiz, Kontraktionen der Bronchien und einer erhöhten Gefäßwandpermeabilität von Blutgefäßen. Das Einsetzen dieser Entzündungsreaktion kann vom allergischen Schnupfen über Asthma und Nesselsucht bis zum anaphylaktischen Schock reichen. Dieser Reaktionstyp ist für einen hohen Prozentsatz allergischer Erkrankungen verantwortlich.
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- Typ II: Zytotoxische Reaktionen
Der zweite Allergietyp besteht in einem Zusammenspiel spezifischer und unspezifischer Abwehrreaktionen. Namensgebend ist die Tatsache, dass es hier zu einer Zerstörung körpereigener Zellen kommt. Das Antigen (Allergen) lagert sich dabei an deren Oberfläche an und wird dort von den IgG- und IgM-Antikörpern markiert. Dieser Teil der spezifischen Immunantwort löst das Hinzutreten von Proteinen aus dem Bereich der unspezifischen Abwehrmechanismen aus – die letztlich zum Zelltod führen. Eigentlich Teil der Abwehr gegen Viren, die sich in körpereigenen Zellen einnisten, ist dieser Reaktionstyp Grundlage von Erkrankungen wie:
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- Morbus Basedow
- Hashimoto
- dem Goodpasture-Syndrom.
- Typ III: Immunkomplexreaktionen
Im Fall einer allergischen Typ-III-Reaktion spielen wieder Antikörper und Proteine der unspezifischen Abwehr eine Rolle. Allerdings heften sich die Antikörper hier nicht an körpereigene Zellen an, sondern meist an lösliche Antigene. Durch Verbindungen zwischen den einzelnen Antigen-Antikörperstrukturen entstehen größere Komplexe. Diese „Immunkomplexe“ locken zwar Lymphozyten an und können von diesen deaktiviert werden. Allerdings besteht die Gefahr, dass es zu Ablagerungen von Komplexresten im Gewebe kommt. Die dann darauf konzentrierte Immunantwort zielt nicht nur auf den Immunkomplex ab – sie schädigt auch das umliegende Gewebe. Unter anderem kann eine:
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- Vaskulitis
- Alveolitis
- Nieren- oder Gelenkentzündungen
die Folge sein.
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- Typ IV: zellulärer Typ/Spätreaktionen
Bei den Reaktionstypen I bis III haben immer Antikörper eine wesentliche Rolle gespielt. Der Allergietyp IV kommt aber ohne deren Beteiligung aus. Angestoßen wird diese Reaktion durch T-Zellen (darüber hinaus sind Antigene beteiligt, welche sich an Körperzellen anlagern), die sich den Erstkontakt mit dem Allergen einprägen. Kommt es anschließend zu einem wiederholten Kontakt, werden als Botenstoffe Zytokine ausgestoßen, die wiederum Fresszellen aktivieren. Durch Letztere kommt es im Anschluss zur Gewebsschädigung. Beispiele für diese Art Allergie sind Kontaktekzeme (wie sie beispielsweise bei Metallallergien auftreten) oder das oft medikamentös bedingte Stevens-Johnson-Syndrom. Ein Merkmal dieses Reaktionstyps ist das verzögerte Einsetzen der Symptome – meist erst Stunden nach dem Kontakt.
Themenwelt: Allergien