Gerade Sportler kennen es: Eine falsche Bewegung, und schon schießt heftiger Schmerz in den Leistenbereich. Der Mediziner spricht hier von einer Adduktorenzerrung. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff Leistenzerrung jedoch eher üblich. Die klassische Sportverletzung, die aus einer Überdehnung der Sehnen resultiert, kann sich sowohl ruckartig als auch schleichend entwickeln. In jedem Fall bringt die Adduktoren- bzw. Leistenzerrung aber unangenehme Schmerzen mit sich und sollte medizinisch untersucht werden. Erfahren Sie in diesem Ratgeber mehr zum Krankheitsbild der Adduktorenzerrung, sowie über ihre Symptome und die Möglichkeiten der Behandlung.
Wie entsteht eine Adduktorenzerrung?
Der aus dem Lateinischen stammende Begriff Adduktor bedeutet so viel wie „Hinführer“ und bezeichnet Muskeln, die beim Heranziehen eines Körperteils zum Einsatz kommen. Muskeln, die zum Ausstrecken eines Körperteils dienen, werden hingegen als Abduktoren, also „Fortführer“ bezeichnet. Sie bilden gemeinsam mit den Adduktoren die wichtigsten Muskelgruppen zur Fortbewegung und Motorik. Die aus sechs Muskeln bestehende Adduktorengruppe an der Innenseite der Oberschenkel wird dabei am häufigsten von einer Zerrung ereilt. Der Grund liegt darin, dass die Beine durch die tägliche Fortbewegung die meisten Muskelbewegungen verursachen. Erfahrungsgemäß tritt die Adduktorenzerrung hier gerne nach plötzlicher Bewegung auf, die entgegen der Muskelrichtung verläuft (z.B. bei einer Grätsche). Insbesondere Laufsportler sind deshalb sehr häufig von einer Adduktorenzerrung betroffen.
- Adduktoren = Muskeln zum Heranziehen eines Körperteils
- Abduktoren = Muskeln zum Ausstrecken eines Körperteils
Durch die auslösende Bewegung, die einer Adduktoren- bzw. Leistenzerrung voraus geht, wird die Adduktorengruppe überbeansprucht und somit unter Umständen geschädigt. Eine Muskelverletzung, beispielsweise in Form von Muskelfaserrissen, ist im Zuge der Zerrung also nicht ausgeschlossen. Zudem verleihen gesunde Adduktoren und Abduktoren der Leiste die nötige Stabilität beim Gehen, Stehen und Sitzen. Bei einer Leistenzerrung könnte es daher zu Stabilitätseinbußen im Leistenbereich kommen. Da sich die Beschwerden maßgeblich nach dem Ausmaß der Leistenzerrungen richten, unterscheiden Sportmediziner und Orthopäden die Zerrung in drei Schweregrade:
- Schweregrad – nur wenige Prozent der Muskelfasern in der Adduktorengruppe sind überdehnt, was zu leichten Beschwerden beim Seitwärtsdrehen des betroffenen Beines führt. Es handelt sich also um eine leichte Muskelverletzung.
- Schweregrad – durch die Zerrung sind mehr als fünf Prozent der Muskelfasern gerissen, was zu starken Schmerzen und Einschränkungen im Bewegungsablauf führt. Die Muskelverletzung ist hier bereits sehr umfangreich.
- Schweregrad – das Reißen der Muskelfasern verursacht sehr starke Schmerzen, die auch ohne Bewegung anhalten und möglicherweise Blutergüsse provozieren. Eine Drehung des Beines ist bei Leistenzerrungen dieser Art kaum noch möglich, was auf eine besonders große Muskelverletzung schließen lässt.
Ursachen für Adduktorenzerrungen
Obwohl gerade im Sport die Gefahr sehr groß ist, sich eine Leistenzerrung zuzuziehen, können durchaus auch Nichtsportler betroffen sein. Denn: Im Alltag gibt es ebenfalls einige Faktoren, die eine Adduktorenzerrung begünstigen. Hier ein kleiner Überblick zu den wichtigsten Auslösern:
- Schnelle Sportarten: Etliche Sportarten, wie zum Beispiel Fußball, Skifahren oder Hürdenlauf, verlangen den Akteuren schnelle ruckartige Beinbewegungen ab. Die Adduktoren werden hierdurch ohnehin schon hochgradig beansprucht. Kommt es nun noch zu einem Sturz oder einem ungünstigen Bewegungsreflex, ist eine Adduktorenzerrung fast vorprogrammiert. Erhöht wird das Zerrungsrisiko durch ungenügendes Aufwärmtraining. Nicht aufgelockerte und damit steife Muskeln ziehen sich nämlich viel leichter eine Zerrung zu.
- Körperhaltung und Bewegung: Die ungeliebten Mahnungen zum geraden Sitzen oder bewussten Gehen haben durchaus ihre Berechtigung. Allzu schnell schleichen sich Fehlhaltungen oder ungünstige Bewegungsweisen in die eigene Körperhaltung ein. Diese belasten die Adduktoren und begünstigen Zerrungen. Eine falsche Sitzmöglichkeit und unpassendes Schuhwerk wirken hier als zusätzliche Ursachen.
- Erkrankungen des Bewegungs- und Haltungsapparats: Eine Fehlstellung des Beckens oder der Hüfte, unterschiedliche Beinlängen oder Beeinträchtigungen der Wirbelsäule sind immer eine zusätzliche Belastung für die Muskeln. Die Beeinträchtigen belasten Muskulatur und Sehnen häufig automatisch falsch, was Muskelzerrungen im Bereich der Adduktoren natürlich befördert. Schmerzen, die vielleicht schon aufgrund der Erkrankung bestehen, werden durch die Zerrungen meist intensiviert.
- Zunehmendes Alter: Die Gesamtbelastbarkeit des Körpers nimmt mit zunehmendem Alter ab. Dies betrifft auch die Muskulatur, sodass altersbedingte Muskelzerrungen nichts Ungewöhnliches sind. Je höher das Alter eines Menschen also ist, desto größer ist auch die Gefahreiner Adduktorenzerrung.
Symptome einer Leistenzerrung
Die akute Leistenzerrung, die nach einer schnellen Bewegung auftritt, macht sich durch unterschiedliche Symptome bemerkbar. Diese lassen sich nach der Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens einteilen. Relativ häufig sind:
- stechende Schmerzen an der Innenseite des betroffenen Oberschenkels
- Schmerzen im Bereich der Leiste, die bis in den Bauchraum ausstrahlen
- Blutergüsse im Bereich der Leiste und an der Innenseite des Oberschenkels
Nicht ganz so häufig entsteht eine Leistenzerrung durch anhaltende Überbeanspruchung der Adduktoren. Bei dieser Form der Adduktorenzerrung tritt der Schmerz nicht plötzlich auf, sondern verschlimmert sich mit der Zeit. Hier geben folgende Symptome Hinweis auf eine schleichend verlaufende Zerrung:
- Druck auf die Adduktorengruppe
- Druck auf das Schambein
- Seitwärts- oder Aufwärtsbewegungen des betroffenen Beins
Diagnose und Therapie bei einer Adduktorenzerrung
Der erfahrene Arzt erhält durch die Beschreibung des Unfallablaufs, sowie Informationen zu vorliegenden Schmerzen und Bewegungseinbußen deutliche Hinweise auf die Zerrung und ihren Schweregrad. Im Falle einer Adduktorenzerrung sollte übrigens ein Sportmediziner oder Orthopäde aufgesucht werden. Bei konkretem Verdacht überprüft der Mediziner dann zunächst die Druckschmerzhaftigkeit und Bewegungsfähigkeit des Beines. Details zum Ausmaß der Leistenzerrung liefern bildgebende Verfahren wie Ultraschall-, Röntgen- oder Kernspidiagnose. Bei positivem Befund gestaltet sich die Behandlung der gezerrten Muskelabschnitte dann wie folgt:
- Kühlung: Unmittelbar nach Auftreten der Adduktorenzerrung sollte der betroffene Bereich gut gekühlt werden. Kälte lindert die Schmerzen, wirkt beruhigend auf die Muskeln und kann womöglich einen Bluterguss verhindern. Darüber hinaus wirkt sich die Kühlung positiv auf mögliche Einblutungen in das verletzte Gewebe aus.
- Schonung: Die Therapie einer Adduktorenzerrung ist zeitaufwendig, eine Operation ist in der Regel jedoch nicht erforderlich. Schonung sowie Verzicht auf belastende Bewegungen stehen während des Heilungsprozesses im Vordergrund. Während der gesamten Therapie von Leistenzerrungen ist Sport tabu.
- Medikamente: Bei den Schweregraden zwei und drei werden im Anfangsstadium aufgrund der starken Beeinträchtigung durch Schmerzen auch entsprechende Medikamente verordnet. Mittel der Wahl im Abheilungsprozess sind Wundheilsalben oder Salbenverbände sowie Lymphdrainagen, Wärme- oder Reizstromtherapien. Auch Muskelschmeichler wie Chilibalsam sind gute Hilfsmittel, um Adduktorenzerrungen beizukommen.
- professionelle Bewegungstherapie: Physiotherapie und Krankengymnastik sorgen nach der Ausheilung der Muskelzerrung dafür, dass die überbeanspruchten Adduktoren wieder belastbar werden. Gehen Sie es aber ausdrücklich langsam an, damit eine noch nicht ganz verheilte Muskelverletzung keine Komplikationen verursacht.
Adduktorenzerrung – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Auch wenn sich die Ausheilung einer Adduktorenzerrung über Wochen erstrecken kann, lässt sie sich gut behandeln. Für den Erfolg ist es ausschlaggebend, die Therapie wirklich bis zum Ausheilen durchzuhalten. Nur so können Sie eine chronische Muskelentzündung verhindern. Ansonsten gibt es bei rechtzeitiger Therapie aber kaum Komplikationen, die bei einer Leistenzerrung auftreten können.
- Anders sieht es aus, wenn der Verletzte Muskelabschnitt während der Heilung weiter belastet wird. Hier können neben Muskelentzündungen auch bleibende Muskelschäden und Funktionseinbußen entstehen. Schonen Sie Ihre Adduktoren deshalb unbedingt bis zum vollständigen Abschluss der Therapie.
- In gewissem Maße tragen Achtsamkeit, sowie Dehn- und Aufwärmübungen vor dem Sport zur Prävention von Adduktorenzerrungen bei. Gönnen Sie ihren Muskeln auch ausreichende Abkühlphasen nach dem Sport und tragen sie gutes Schuhwerk. In Sachen Haltung und Fortbewegung ist immer auf den richtigen Sitz-, Stand- und Laufstil zu achten.
Fazit
Gerade Sportler laufen Gefahr, sich durch eine falsche Bewegung oder Dehnung eine Adduktorenzerrung zuzuziehen. Doch auch anhaltend falsche Körperhaltung oder Bewegungsfehler im Alltag können eine solche Zerrung durch Überbeanspruchung der Adduktoren bewirken. Obwohl eine Leistenzerrung keine gefährliche Erkrankung ist, sollte sie medizinisch behandelt werden, um Komplikationen zu vermeiden. Die von leicht bis heftig reichenden Schmerzen, sowie die Leistenzerrung selbst sind gemeinhin gut behandelbar. Dennoch erfordern sie allerdings hinsichtlich der Dauer oft etwas Geduld.